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Südafrika: Wenn der Strom immer länger wegbleibt

Südafrika: Wenn der Strom immer länger wegbleibt | Bild: REUTERS/Siphiwe Sibeko

Der Hühner-Züchter Herman du Preez hat innerhalb einer Nacht über 40.000 Hühner verloren. Sie sind erstickt, weil das Stromnetz nicht die nötige Energie für die Sauerstoff-Versorgung der Ställe lieferte. Der Arbeiter Hannes van Biljon, hat die Tragödie entdeckt. Er wird den Anblick nie vergessen. "Wir sehen und wir füttern die Tiere doch jeden Tag", erzählt der 69jährige. "Es ist verheerend, solch eine Massensterben miterleben zu müssen." Sie wollen jetzt den staatlichen Stromversorger Eskom verklagen, denn der staatliche Strom-Monopolist schafft es schon lange nicht mehr, das Land mit genügend Strom zu versorgen. Mittlerweile fällt er bis zu zehn Stunden am Tag aus. Korruption, Sabotage und Misswirtschaft sind die Ursachen.

Stromausfall sorgt für 40.000 tote Hühner

Sie beseitigen die letzten Spuren. 40.000 Hühner sind in dieser Halle gestorben, in einer Nacht. Sie sind erstickt. In einer der vielen Hallen der Hühnerfarm hatte die Sauerstoff-Versorgung nicht mehr funktioniert, weil es nicht genug Strom gab. Der Farmer Herman du Preez sagt, er werde es nie vergessen, was er da erleben musste. Die Belüftung der Halle war ausgefallen, die Hühner hatten nicht ausreichend Sauerstoff bekommen. Auch das Alarmsystem hatte nicht mehr funktioniert. Du Preez, sagt, sie hätten in dieser Nacht eine Viertelmillion Euro verloren. Seit 20 Jahren betreibt er diese Farm. Für ihn sei das nicht nur ein Business. "Der Anblick war herzzerreißend. Da lagen sie alle, tot. Es geht ja nicht nur um den finanziellen Schaden, sondern auch darum, wie sie gestorben sind. Qualvoll erstickt! Dabei hatten wir uns solche Mühe gegeben, sie anständig aufwachsen zu lassen."

Leere Halle wird mit Besen gereinigt
Hier starben 40.000 Hühner | Bild: SWR

Egal ob auf dem Land, oder in den Städten, die Stromversorgung in Südafrika funktioniert nicht mehr. Sie haben den staatlichen Energiekonzern Eskom verklagt. Der aber kümmere sich nicht um die Angelegenheit. Auf jeden Fall sei es immer schwerer, in Südafrika ein Unternehmen am Laufen zu halten. "Wenn man Pessimist ist, dann sollte man in diesem Land mit der Arbeit als Landwirt aufhören", meint Hannes van Biljon von der Hühnerfarm Frangipani Boerdery. "Also bin ich Optimist, aber jeder Tag ist eben eine Herausforderung!"

Misswirtschaft und Korruption haben die Kraftwerke ruiniert

Nicht nur landwirtschaftliche Betriebe trifft es. In allen Branchen machen Firmen Pleite. Hier, bei der Versorgung mit Lebensmitteln, wird es besonders sichtbar, wie die ständigen Stromabschaltungen jede einzelne Südafrikanerin, jeden einzelnen Südafrikaner treffen. Vor allem Misswirtschaft und Korruption haben Südafrikas Kraftwerke ruiniert. Sie werden noch lange nicht genug Strom produzieren können, so die Prognose. Derzeit fällt der Strom bis zu 10 Stunden täglich aus, landesweit. Auch Sabotage gibt es. Kriminelle Banden zerstören Strommasten. Derzeit gibt es bei den Stromabschaltungen 8 Stufen, die niedrigste ist 1. Im Juli, dem kältesten Monat in Südafrika, befürchten sie Stufe 8. "Das würde bedeuten, dass wir innerhalb von 32 Stunden, 16 Stunden Stromausfall hätten", so Cassim Calib, Kommissarischer Geschäftsführer von Eskom. "Die Hälfte des Tages. Wir hoffen, dass es nicht dazu kommen wird und wir tun unser Möglichstes, die Folgen für den Verbraucher erträglich zu halten."

Umgestürzter Strommast
Durch Sabotage kommt es zu Stromausfällen | Bild: SWR

Wie gehen kleine Betriebe damit um, wie der Kühleis-Hersteller Mito & Ice in Johannesburg? Große Supermärkte können für die Einhaltung der Kühlkette garantieren – noch. Sie haben eigene, riesige Diesel-Generatoren. Aber Mito & Ice? Sie stellen Kühl-Eis her, mit dem zum Beispiel frisch geschlachtete Hühnerteile kühl gehalten werden können. Schon haben sie ihren großen Kühlraum schließen müssen. "Das mit den Stromabschaltungen macht alles kaputt", klagt Mohato Mokoka von Mito & Ice. "Unsere Gewinnspanne, alles. Wir schaffen es nicht, genügend Kühl-Eis zu den Kunden zu bringen, und dann auch noch rechtzeitig. Das wird uns ruinieren."

Stromausfälle treffen die kleinen Wirtschaftsbetriebe hart

Es wird kalt in Johannesburg. Sehr kalt. Auf der Südhalbkugel kommt jetzt der Winter. Eine Hühnerbraterei in einem Industriegelände. Ntwanano Linda bezieht ihre Hühner von einem Großhändler. Kühl-Eis ist für ihr wirtschaftliches Überleben dringend notwendig. "Wenn ich nicht genug Eis bekomme, dann verrotten meine Hühner", sagt Ntwanano Linda. "Dann mache ich Verlust. Am Ende werde ich mein kleines Business schließen müssen. Das alles nur wegen der Strom-Abschaltungen!"

Kühl-Eis in Eimer mit Hühnerfleisch
Ohne Strom kein Kühl-Eis, ohne Kühl-Eis verdirbt das Fleisch  | Bild: SWR

An diesem Morgen schafft es Mohato Mokoka rechtzeitig, zu ihr zu kommen. Jeden Tag das gleiche, blöde Spiel. Wenn nur ein einziges Glied in der Lieferkette versagt, bricht ein ganzes System zusammen, von dem viele Menschen abhängen. Ntwanano und Mohato, zwei Kleinunternehmer, die es gemeinsam schaffen müssen. Die aber auch ohne einen Hühnerfarmer wie Herman du Preez wirtschaftlich nicht überleben könnten. Und auch nicht ohne Strom. "Wenn es Mohato nicht schafft, dann muss ich dichtmachen. Dann weiß ich nicht, wie ich meine Kinder ernähren soll. Wo soll ich sonst mein Eis herbekommen? Er ist der einzige hier in der Gegend." Drei Euro für ein Stück Huhn, etwas Maisbrei, Sauce. Macht für Ntwanano Linda Tageseinnahmen von 35 Euro, abzüglich aller Kosten. Viel Gewinn macht sie nicht. Wenn jetzt das Kühleis auch noch teurer wird, wird es schwierig. So geht es vielen in Südafrika. Denn fast alles hängt mit einer stabilen Stromversorgung zusammen. Und auf die kann sich niemand mehr verlassen.

Autor: Richard Klug, ARD-Studio Johannesburg

Stand: 22.05.2023 07:38 Uhr

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