So., 07.02.21 | 19:20 Uhr
Das Erste
Thailand: Spitzenköche laden nach Hause ein
Es ist fast ein Jahr her, als der Lockdown die Restaurants in Bangkok mit voller Härte traf: Vor allem die Spitzenköche leiden unter der Pandemie, denn Take-away ist für sie keine lohnende Alternative. Um zu überleben setzten sie auf ein Geschäftsfeld, das jetzt richtig Fahrt aufnimmt: "Private Dining". Die Chefköche laden zu sich nach Hause ein. Das dürfen sie nämlich in Thailand. Ein intimer Rahmen mit gutem Essen, Trend in Bangkok.
Der Star-Koch kocht bei sich zu Hause
Jedes Schaumhäubchen muss sitzen bei Star-Koch Art. Jakobsmuscheln, australisches Rinderfilet und Trüffel-Eiscreme wird er heute seinen nur sechs Gästen kredenzen. Denn Art kocht bei sich zu Hause. Vor sechs Jahren fing er als einer der ersten in Bangkok an, privates Dinieren in den eigenen vier Wänden anzubieten. Seit der Pandemie kocht der Trend jetzt richtig hoch. Und Art nutzte den Lockdown im Frühjahr, um anzubauen. "Wir haben jetzt drei verschiedene Bereiche", erklärt Supamongkon "Art" Supapipat. "Das Esszimmer, das Wohnzimmer und die Küche, sodass die Kunden mehr Optionen haben. Sie können entweder beim Kochen zuschauen oder wenn es eine Familie ist, mit den Kindern im Wohnzimmer spielen oder ein Dinner mit Weinprobe genießen."
Ein Mitarbeiter misst Fieber und desinfiziert, bevor die Gäste das Haus betreten. Thailand hatte zuletzt wieder mehr Covid-Infektionen. Wer es sich leisten kann, geht da lieber auf Nummer sicher. Wie diese Geschäftsleute, die heute beim Meisterkoch einen Abschluss feiern. "Wir fühlen uns hier sicherer als in einem Restaurant", sagt Soravich Sontijirawong, "denn wir kommen ja mit viel weniger Menschen in Kontakt. Hier kennt man sich. So ein Ort ist doch viel vertrauenswürdiger."
Am anderen Ende der Stadt sucht Küchenchef Saint nach frischem Gemüse, Fisch und Schweinebauch. Für das 8-Gänge-Menu, dass er heute in seiner Wohnung vier Gästen servieren wird. Bis März hat der 27jährige in einem angesagten Restaurant gekocht. Mit dem Lockdown kam die Entlassung und nun brutzelt er mit einem Freund bei sich zu Hause. "Keiner gibt mir jetzt mehr Anweisungen. Aber wenn du nicht früh am Morgen aufstehst, dann scheiterst du. Als dein eigener Chef musst du sehr viel Selbstdisziplin haben."
Lange Wartezeiten für ein privates Dinner
Saint und seinem Kumpel Nut nennen sich Chef Next Door, also der Koch von Nebenan. Wir mussten aus unserer Komfortzone raus, sagen die Jung-Unternehmer. Die Pandemie hat uns gezwungen, etwas zu wagen. "Es war naheliegend, zu Hause für Gäste zu kochen, denn wir müssen hier keine extra Miete zahlen. Wir brauchten also kein Kapital. Und im Gegensatz zu einem Restaurant wissen wir schon vorher genau, für wieviel Personen wir einkaufen müssen und schmeißen daher so gut wie nichts weg." Das monatlich wechselnde, feste Menü kostet umgerechnet 45 Euro. Das kann sich in Bangkok nicht jeder leisten. Doch die Nachfrage ist da. Die Köche von Nebenan schauen optimistisch nach vorn.
Zurück zu Hause bei Starkoch Art. Er schneidet jetzt die Trüffel für das Risotto. Wer bei ihm diniert, muss tief in die Geldbörse greifen: Umgerechnet 125 Euro kostet das Menu – ohne Getränke. Aber das ist für seine Kunden kein Problem. "Seit der Pandemie wollen meine Kunden noch mehr Privatsphäre. Viele verlangen, dass es keine anderen Gruppen gibt, wenn sie bei uns buchen. Dass dann nur ihr Tisch bedient wird." Zwischen Vorsüppchen, Amuse-Bouche und Entenleber. Die Geschäftsleute goutieren ihre Wahl. "Während des Lockdowns musste man ja auf Freunde und Essengehen verzichten. Wenn man es sich jetzt leisten kann, belohnt man sich eben mit so einem Essen in privater Atmosphäre." Manchmal müssen die Gäste bis zu drei Monate auf einen Termin warten. In der Pandemie boomt das private Dinieren im Gourmet-Paradies Bangkok.
Autorin: Sandra Ratzow, ARD-Studio Singapur
Stand: 07.02.2021 21:57 Uhr
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