Mo., 01.10.18 | 04:50 Uhr
Das Erste
Indonesien: Nach Erdbeben und Tsunami
Das Ausmaß der Zerstörung auf der indonesischen Insel Sulawesi – es wird erst nach und nach deutlich. Die Stadt Palu heute aus der Luft: Mehr als 300.000 Menschen leben hier – in weiten Teilen gleicht sie einem Trümmerfeld. Mehrere Erbeben und eine Flutwelle haben massive Schäden angerichtet. Sogar noch Kilometer im Landesinneren: Zerstörte Siedlungen. Inmitten der Trümmer suchen sie nach Überlebenden. Mittlerweile sind zwar erste Helferteams aus anderen Regionen eingetroffen, aber es fehlt schweres Gerät, um die Bergung der Verschütteten zu beschleunigen. Diese Frau hatte Glück: Helfer konnten sie lebend aus den Trümmern eines Hotels bergen. Für viele andere kommt die Hilfe zu spät.
Auch Mia hat den Freitag überlebt. Gemeinsam mit ihren Töchtern war sie in diesem Einkaufzentrum. Dann begann die Erde zu beben: "Ich war gerade fertig mit den Einkäufen und bin zur Kasse gegangen. Plötzlich wurde alles dunkel und die Wände um uns begannen einzustürzen. Es war schrecklich. Ich bin mit meinen Töchtern zur zerstörten Rolltreppe. Wir haben es raus geschafft, dann waren wir sicher.”
Noch heute, zwei Tage nach dem Einsturz, sind aus den Trümmern Rufe zu hören. Vermutet wird, dass mehr als ein Dutzend Menschen noch eingeschlossen sind.
Nachbeben erschüttern das Gebiet
80 Kilometer nördlich der Stadt Palu lag das Epizentrum des verheerenden Bebens am Freitag. Die Folge: Eine Flutwelle aus, die große Teile der Küstenregion überschwemmte. Mit gewaltiger Kraft trifft sie aufs Land. Ein Augenzeuge hält den Moment mit seinem Handy fest. Sie hatten sich auf das Dach eines Parkhauses in Sicherheit gebracht. Trotzdem bricht Panik aus.
Tausende Gebäude werden zerstört, der lokale Flughafen und wichtige Straßen beschädigt. Auch das Telekommunikationsnetz bricht zweiweise zusammen.
Aus Angst vor Nachbeben werden Patienten nicht in den Krankenhäusern, sondern auf den Straßen versorgt und tatsächlich gibt die Erde auch gestern noch keine Ruhe.
Trotz den Schäden auf der Landebahn ist der Flughafen mittlerweile wieder in Betrieb. Mit Transportflugzeugen fliegt Indonesiens Militär Hilfsgüter ein und bringt Verletze aus der Region. Auch die Regierungen anderer Länder haben Hilfe zugesagt.
Die Zahl der Toten steigt
Heute gehen die indonesischen Behörden schon von mehr als 800 Tote aus. Ziemlich sicher aber ist das Ausmaß der Tsunami-Katastrophe noch größer. Sutopo Purwo Nugroho von der Katastrophenschutzbehörde Indonesien: "Wir glauben, dass die Zahl der Opfer noch weiter steigen wird, obwohl wir das natürlich nicht hoffen. Aber, wenn man sich die Umstände anschaut: Noch immer haben wir nicht alle Toten identifiziert und es sind noch immer Menschen unter Trümmern eingeschlossen. Außerdem gibt es Regionen, in die unsere Helfer noch gar nicht vorgedrungen sind."
Erste Luftbilder aus der Region Donggala deuten darauf hin, was die Helfer noch erwarten könnte. Die Bilder, sie wecken Erinnerungen: 2004 löste kurz nach Weihnachten ein Seebeben vor der Insel Sumatra einen verheeren Tsunami aus - zehntausende Menschen starben. Und erst diesen Sommer bebte die Erde auf der Inseln Lombok.
Gefährliche Lage
Indonesien liegt auf dem sogenannten Pazifischen Feuerring, der geologisch aktivsten Zone der Erde. Erdbeben und Tsunamis – für die Bewohner der Inseln nichts außergewöhnliches. Erst 2011 wurde ein vom deutschen Geoforschungszentrum mitentwickeltes Tsunamifrühwarnsystem in Betrieb genommen, um die Bewohner der Inseln bei der Gefahr einer Welle frühzeitig zu alarmieren. Das Frühwarnsystem basiert auf einem Netz von Seismometern entlang der Küste, die jede Erschütterung erfassen. GPS-Stationen stellen fest, ob sich Landmassen durch Beben verschoben haben. Messbojen sammeln zusätzlich Hinweise auf das Entstehen einer Riesenwelle. Ein Satellit übermittelt alle Informationen an das Frühwarnzentrum.
Diesen Freitag hatten die Behörden zwar den Tsunami-Alarm ausgelöst, aber nach nur 34 Minuten wieder aufgehoben. Präzise Daten aus der Region hätten nicht vorgelegen. Das werde nun evaluiert.
Derweil reiste Indonesiens Präsident Joko Widodo nach Palu, um sich ein Bild von der Lage vor Ort zu machen. Er forderte das Militär auf, "Tag und Nacht zu arbeiten", um die Bergungsarbeiten voranzutreiben. Wie groß das Ausmaß der Katastrophe ist, wird sich wohl erst dann zeigen, wenn die Helfer auch in die abgelegen Regionen vordringen.
Autor: Alexander Westermann, NDR Hamburg
Stand: 28.08.2019 08:58 Uhr
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