So., 05.02.23 | 18:30 Uhr
Das Erste
USA/China: Die Ballon-Affäre
Mehrere Tage lang flog ein mutmaßlicher Spionageballon aus China über die USA hinweg. Jetzt wurde der abgeschossen. Der Vorfall belastet das bereits angespannte Verhältnis der beiden Länder.
Der chinesische Ballon: Über dem Meer abgeschossen
Eiseskälte, strahlendblauer Himmel, gute Sicht. Für die Kampfjetpiloten der US Air Force ist der riesige Ballon über dem Atlantik ein leichtes Ziel. "Man konnte die Kondensspur der Munition sehen, als sie abgefeuert wurde", erzählt ein Augenzeuge. "Und dann sah man plötzlich, wie der Ballon einfach verschwand. Der obere Teil zerbröselte wie Konfetti und der untere Teil ist einfach abgeglitten."
Der Luftraum über der Küste von South Carolina war für den Einsatz großräumig gesperrt worden. Flughäfen geschlossen. Tausende Amerikanerinnen und Amerikaner verfolgten den Einsatz. "Was hatten die Chinesen da wirklich vor?" fragt sich Pat Fagan, Anwohner von Myrtle Beach. "Das ist beängstigend! Eine ganz andere Art uns auszuspionieren".
Diese Spionage-Ballone haben laut Experten viele Vorteile gegenüber beispielsweise Satelliten, weil sie niedriger fliegen und länger über einem Ort bleiben können. Auch Kanada und Kolumbien haben jetzt eine Ballon-Sichtung bekannt gemacht. Das Pentagon bestätigt, China setze eine ganze Flotte dieser Fluggeräte ein. "Ich kann bestätigen, dass es Zwischenfälle gab, bei denen Ballons nahe an oder über die Vereinigten Staaten geflogen sind", so Patrick Ryder, Sprecher des Pentagons.
Welche Informationen hat der Ballon gesammelt?
Die zentrale Frage jetzt: Welche Art von Informationen konnte der Ballon sammeln und eventuell an China übermitteln? Denn der wurde lange über Montana gesichtet. Dort befindet sich ein Luftwaffenstützpunkt, auf dem unterirdisch Interkontinentalraketen mit Atomsprengköpfen gelagert werden. Und Militär-Analysten beunruhigt noch etwas. "Sie waren wohl auch in der Nähe des Heimatflughafens unserer B-2-Bomber, dem Kronjuwel der amerikanischen Streitkräfte, den schweren Tarnkappenbombern", sagt Elbridge Colby, Verteidigungs- und Militär-Analyst bei The Marathon Initiative. "Die würden wir für einen der K.O.-Schlag in einem Konflikt mit China oder Russland einsetzen."
In einem durchgestochenen Geheim-Dokument hatte ein hochrangiger US-General Mitte der Woche vor einer drohenden Kriegsgefahr zwischen den beiden Supermächten gewarnt. "Ich teile die sehr reale Sorge, dass es in diesem Jahrzehnt zu einem Krieg mit China kommen könnte", so Elbridge Colby. "Das chinesische Militär testet ständig Grenzen aus. Ihre Schiffsflotte war jetzt vor den Galapagosinseln. Der Ballon hat jetzt hat nur mehr Aufmerksamkeit erregt. Das war sehr dreist." Die Bergung der Ballontrümmer im Atlantik läuft. Die Analyse der Trümmer soll dann den Spionagevorwurf erhärten. Dazu ein Gespräch mit Tamara Anthony, ARD-Studio Peking.
Autorin: Gudrun Engel, ARD-Studio Washington
Stand: 06.02.2023 11:40 Uhr
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