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USA: Tanzen für den Erzfeind

USA: Tanzen für den Erzfeind | Bild: imago

Ausgerechnet ein Ballett in den USA hat Arianni unter Vertrag genommen. Ihre Ausbildung hat sie in der weltweit renommierten nationalen Ballettschule in Havanna absolviert. Arianni liebt ihre Heimat, aber hier in den USA verdient sie einfach besser. So geht es vielen: Tänzern aber auch Sportlern oder Ärzten. Gut ausgebildet sind sie so etwas wie die Exportschlager Kubas.

Flucht auf der Auslandstour

Arianni hat ihre erste Solorolle und ist auf Tour in Mexiko. Dort ergreift sie die Chance zur Flucht. "Ich bekomme Gänsehaut, wenn ich daran denke. Es war hart. Sehr hart.

Arianni Martin
Arianni Martin  | Bild: SWR

Und ich wusste nicht, was geschehen würde, ob ich gleich einen Job finden würde. Das war schwer." Doch sie hat Glück. Nur wenige Monate später bekommt sie in Arizona ein festes Engagement. Sie waren zu siebt, als sie flohen. Alejandro war auch dabei. Heute ist er Ariannis Mann. In Kuba verdienten Tänzer wie die beiden gerade mal 25 Dollar im Monat. Nicht genug zum Überleben.

Arianni probt gerade für die Nussknacker-Aufführung vor Weihnachten. Sie tanzt die Hauptrolle, profitiert vom guten Ruf der kubanischen Balletttradition. "Ich erinnere mich, wie unsere Lehrerin sagte, dass wir anders sind. Wegen unserer Sinnlichkeit. Wenn wir tanzen, dann geben wir alles und zeigen das auch. Wie bei der Salsa. Natürlich tanzen wir keine Salsa, wenn wir Ballett tanzen, aber wir bringen etwas anderes mit rein."

Das kubanische Ballett als Vorbild

Ib Andersen ist der künstlerische Leiter in Phoenix, Arizona. Der Däne war selbst ein berühmter Tänzer. Er holt gleich mehrere der geflüchteten Kubaner in seine Truppe. Vor allem wegen ihrer guten Technik. "Sie sehen das Leben mit anderen Augen. Sie haben keine Angst. Es ist ein bisschen alte Schule. Sie lieben das Leben. Sie fürchten sich nicht, Gefühle zu zeigen."

Ballett-Tänzer beim Üben
Die neue Heimat von Arianni: Phoenix, Arizona | Bild: SWR

Für die Ballettschülerinnen ist Arianni ein Vorbild. Ihre Herkunft spielt hier keine Rolle. Nach nur einem Jahr erhielt sie das Bleiberecht. Nach fünf Jahren bekam sie die Staatsbürgerschaft. 2013, als Arianni ins Land kam, behandelten die USA Kubaner noch als Einwanderer erster Klasse. Alles läuft gut für die 27jährige und doch fühlt sie sich manchmal fremd in der neuen Heimat. So fehlen ihr die Menschen auf der Straße. Und das riesige Angebot im Supermarkt macht sie oft traurig, gerade jetzt, wo die Lage in ihrer alten Heimat Kuba wieder schwieriger geworden ist, nachdem Präsident Trump neue Sanktionen eingeführt hat. "Manchmal, wenn ich beim Abendessen sitze, denke ich an meine Eltern, die nicht das gleiche essen können wie ich, und auch nicht so gut."

Dankbarkeit für die USA

Arianni und Alejandro leben ihren amerikanischen Traum. Sie haben Kuba nicht aus politischen Gründen verlassen. Beide sind noch mit einem klaren Feindbild aufgewachsen, das sie damals nicht hinterfragten. "Von klein auf haben wir im Geschichtsunterricht gelernt, dass die USA das Monster sind, das Böse. Ich weiß nicht, ob sich das jetzt verändert hat."

Arianni und Alejandro am Laptop
Arianni und Alejandro träumen von besseren Beziehungen zwischen den USA und Kuba  | Bild: SWR

Trumps Politik bringt Kuba Nachteile, sagen die beiden, aber offen kritisieren wollen sie die Politik ihrer neuen Heimat nicht. "Wir haben hier mehr Möglichkeiten", meint Alejandro Mendez. "Wir bekommen mehr Lohn und leben bequem und glücklich und können unsere Familie in Kuba unterstützen." Arianni und Alejandro sind den USA dankbar. Nach Kuba zurückzukehren, daran denken sie nicht. Aber sie träumen. Davon, dass die USA und Kuba sich irgendwann einmal nicht mehr bekämpfen.

Ein Film von Claudia Buckenmaier, ARD-Studio Washington

Stand: 18.11.2019 12:36 Uhr

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