So., 04.08.19 | 19:20 Uhr
Das Erste
USA: New York hat den Wal!
Vom New Yorker Stadtteil Queens direkt aufs Meer. Vor Long Island und mitten in der Schifffahrtslinie des New York Harbour sollen sie angeblich sein: Buckelwale, die aus dem Süden zum Fressen hierher wandern.
Celia arbeitet für die Walschutzorganisation Gotham Wales und ist fast jeden Tag draußen auf der Suche nach den Walen: "Die Buckelwale haben sich signifikant erholt, seit es keinen kommerziellen Walfang mehr gibt und das Wasser sauberer ist als seit Jahrzehnten."
Wale und Delfine
Und dann sehen wir die Atemfontäne der ersten beiden Wale. Sie sind scheinbar auf der Jagd. An derselben Stelle beobachten wir auch eine riesige Gruppe junger Delfine. Die Delfine und die Buckelwale fressen am liebsten den ölhaltigen Menhaden, eine Heringsart, die es hier reichhaltig gibt. Was aussieht wie Regen, ist ein konzentrierter Fischschwarm. Der Menhaden ist für die Nahrungskette unentbehrlich, seine Schwärme sind vor Long Island leicht aus der Luft zu erkennen. Die Fische fressen Algen und Plankton, das vorher Kohlendioxid aufgenommen hat. Sie sind nicht nur wichtige Filterfische des Meeres, sie sind ein unentbehrlicher Bestandteil der maritimen Nahrungskette.
Menhaden: ein leichter Fang für Wale, aber auch für die Industriefischer an der Küste. Bis vor sechs Jahren hat die Fischindustrie so viel gefangen, dass für Wale und Delphine zu wenig übrig blieb. Erst mit der Einführung einer Fangquote 2013 konnten sich die Bestände erholen, die Wale kamen zurück
Die Fischindustrie
Im kleinen Örtchen Reedville im Bundesstaat Virginia leben fast alle vom Menhaden. Der letzte industrielle Fischereibetrieb an der US-Atlantikküste ist die Firma Omega-Protein. Essen kann man die Fische nicht. Ihr Omega3 haltiges Fleisch wird zu Fischöl oder Fischmehl verarbeitet.
In Reedville ging es immer nur um den Menhaden. Früher waren die Fangmengen unbegrenzt, die Bestände schienen unerschöpflich – ein Irrtum: Überfischung ließ in den 60er Jahren den Menhaden beinahe aussterben. Die Wale waren da schon lange weg.
Ohne Menhaden keine Buckelwale. Die Wissenschaftler zweifeln allerdings an den optimistischen Zahlen der Fischindustrie. Keinesfalls wollen sie die Fangquoten wieder erhöht sehen. Zumal auch andere Tiere wie der Fischadler den Menhaden brauchen. Das gesamte Ökosystem ist davon abhängig.
Beobachtung der Fischbestände
Die Marinebiologin Ellen Pikitch der Stony Brook University nimmt uns mit auf ihr Forschungsschiff vor Long Island. Mit ihren Studenten untersucht sie die biologische Vielfalt in Shinnacock Bay. Die Bucht gilt als eine der Kinderstuben vieler Atlantikfische, auch des Menhaden.
Ein Köder aus Muschelfleisch und eine Unterwasserkamera bilden eine Fotofalle, die auf den Grund der Bucht heruntergelassen wird, an immer derselben Stelle. In wenigen Stunden können sich die Wissenschaftler dann ein Bild machen, wie es um die Artenvielfalt steht: ob Kugelfischbaby oder Krabbe – alles wird vermessen und notiert. Alle gehören zum funktionierenden maritimen Ökosystem, ohne das die Wale hier kein Futter finden würde. könnten.
New York und das Meer
Bei New York denkt man nicht an Wale, sondern an Taxis und Menschenmengen. Aber es gibt die Tierwelt, gleich am Strand. Für die Wale und gegen eine höhere Fangquote setzt sich Gotham Wales ein. Bleibt die Frage, ob genug Menhaden für alle da ist. Und dafür wollen die Umweltschützer sorgen, damit die wandernden Buckelwale immer wieder hierher zurückkehren: zu den fetten Happen am Fisch-Buffet von New York City.
Autorin: Christiane Meier, ARD New York
Stand: 04.08.2019 22:46 Uhr
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