Mo., 09.01.17 | 04:50 Uhr
Das Erste
USA: Immobilienboom für Katastrophen-Refugien
"Das hier ist großartig. Der Wald da unten ist öffentliches Land. Tausende Quadratkilometer groß." Chris Walch kommt eigentlich aus Detroit. Doch er ist vor Jahren nach Idaho gezogen, weil er sich hier oben im dünn besiedelten Nordwesten der USA sicherer fühlt – und unabhängiger: "Die Leute suchen hier nach Freiheit, weniger staatlichen Einfluss und sie fliehen vor sozialen Unruhen."
Ideal für Prepper
Inzwischen hat Walch eine Agentur gegründet und berät Menschen, die es ihm gleich tun. Prepper nennt man sie, Menschen, die sich auf Katastrophen jeder Art vorbereiten.
Chris Walch empfiehlt: "Ich rate, sich eine abgeschiedene Immobilie zu suchen, die nicht einsehbar ist, also mindestens 100 Meter hinter Bäumen versteckt oder an einem abgelegenen Berghang."
Wir sind an einem abgeschiedenen Ort in den Bergen verabredet, dessen Namen wir nicht nennen sollen. Nur mit Hilfe finden wir die Hütte von Glen Martin und seiner Freundin Jean. Den Strom, den sie brauchen, produzieren sie mit einer eigenen Solaranlage. Ihr Vorratslager mit Lebensmitteln für mehrere Jahre wollen sie nicht zeigen – aus Sicherheitsgründen. Das Plumpsklo – eine echte Herausforderung bei minus 25 Grad. Aber das nehmen sie in Kauf für ihre Unabhängigkeit.
Misstrauen gegenüber der Regierung
Glen Martin sagt: "Was, wenn etwas passiert, fragen wir uns: eine Naturkatastrophe oder ein Wirtschaftskollaps. Wer wird sich dann um uns kümmern? Auf die Regierung können wir dann nicht zählen."
Glen und Jean führen bereits jetzt ein spartanisches Leben, setzen auf sich selbst. Sie vermissen den Elan der Gründerjahre der USA, wünschen sich den alten Pioniergeist zurück, als Familie und Kirche im Notfall einsprangen und eben nicht der Staat.
"Wir sind eine Gesellschaft geworden, in der zu viele Leute von Regierungs- und Sozialprogrammen abhängig sind, anstatt zu lernen, sich aufzurappeln und für sich selbst zu sorgen." Glen Martin
Freundin Jean pflichtet ihm bei: "Jeder verdient Hilfe, wenn er sie benötigt. Ja, wir müssen Leuten auf die Beine helfen, aber wir müssen sie nicht auf Händen tragen."
Vorbereitet auf die Katastrophe
Glens Radiowebseite: innerhalb von zwei Jahren seien seine Hörerzahlen von 50.000 auf 250.000 im Monat gestiegen, sagt er. Von Naturmedizin bis hin zu Gartentips gibt's hier alles Überlebenswichtige. Der ehemalige Innendesigner Glen ist froh, jetzt in Idaho zu leben: "Selbst wenn hier etwas Schlimmes passiert: mit unserem Lebensstil haben wir bessere Chancen, da durchzukommen als andere. Ich bin ein Prepper. Ich bin präpariert."
20 Meilen weiter in einer Kleinstadt macht Warren Campbell seinen Laden für Survivalausrüstung auf. Der Pastor ist vor ein paar Jahren mit seiner Familie aus Kalifornien hierhergezogen, um der Tyrannei des linken Nanny-Staates zu entfliehen, wie er sagt: "Einer unserer Bestseller im Laden ist unser kleines Notfallset mit Operationsbesteck. Das reicht für kleinere Eingriffe."
Angst vor dem Islamismus
Wenn auch nicht unbedingt hier in Idaho, aber Warren fürchtet islamistische Terroranschläge in den USA. Aber er hofft, dass der künftige Präsident Donald Trump bald richtig durchgreift: "Es gibt so viele Probleme mit dem muslimischen Einfluss. Wir nehmen ihre Drohungen sehr ernst. Ihr Heiliger Krieg gegen das amerikanische Christentum ist real. Seit 1400 Jahren ist der Islam im Krieg mit dem Amerika oder besser gesagt mit dem Christentum."
Im Niemandsland an der Grenze zwischen Washington State und Idaho: Matthew lernt das Holzhacken – Überlebenstraining. Die Levalleys sind erst vor kurzem aus Arizona in den Nordwesten gezogen. Auch sie suchen nach einem freieren, sichereren Leben. Doch für sie ist das hier nur Durchgangsstation auf dem Weg nach Alaska. Mutter Laurel Levalley: "In Alaska sind die Bedingungen ja sehr extrem. Und wir wollen so gut wie möglich vorbereitet sein." In Alaska wollen sie völlig autark in einem Haus in der Wildnis leben. Feuer machen, Wasser filtern, Tiere fangen – das werden sie noch lernen müssen. Matthew hadert mit der Kälte, doch seine Eltern träumen von einem Leben frei von Abhängigkeiten und einer Regierung, die ohnehin nichts für das Volk tue, wie Laurel Levalley bekräftigt: "Wir haben gelernt, dass wir uns doch nur auf uns selbst verlassen können. Deshalb wollen wir das auch durchziehen. Wir brauchen niemanden anderen."
Zurück bei Pilot und Prepper Chris Walch. "Ich berate Kunden aus allen gesellschaftlichen Schichten", sagt er. "Sie sind nicht paranoid, sondern eben nur sehr vorsichtig. Du kannst durch dein Leben gehen und sagen: 'Ach, das ist doch übertrieben.' Und es ist übertrieben, ja, bis es plötzlich ganz dicht an dich herankommt. Dann wirst du plötzlich wach."
Am Lake Pend Oreille haben sie eine Miniatur der Freiheitsstatue aufgestellt. Für manche, die hierherziehen, ist Idaho eine der wenigen Regionen in den USA, wo sie sich noch sicher fühlen, sicher und frei…
Autorin: Sandra Ratzow, ARD Washington D.C.
Stand: 13.07.2019 15:51 Uhr
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