So., 30.03.25 | 18:30 Uhr
Das Erste
USA: Strafzölle setzen Farmer unter Druck
Auf Sojafeldern und Kuhweiden droht Ärger für Donald Trump: Das "Lebenselixier der US-Wirtschaft", so nennt der US-Präsident die Landwirtschaft. Aber ausgerechnet Rancher und Farmer geraten durch Trumps Politik unter Druck – schlechte politische Beziehungen zu Mexiko, Kanada und China sind schlecht für ihr Geschäft. Wie gehen sie mit der neuen Regierung um? Und warum wird "America First" gerade für Landwirte zum Problem? Eine Reportage aus Kansas, wo sie eigentlich fast alle Trump gewählt haben.
Unsicherheit wegen Trumps Zollpolitik
"Hey Lucinda! Move on in!" Wie Lucinda hat auf diesem Bauernhof im US-Bundesstaat Kansas jede der 70 Kühe einen Namen. Zeit zum Melken auf der Familienfarm von Jason Schmidt. "Ich bin hier tief verwurzelt, hier aufgewachsen." Er ist die fünfte Generation, die die Farm am Leben hält – kam dafür nach dem Studium zurück in den Mittleren Westen der USA. So idyllisch das Leben ist – so hart sei das Geschäft. Von Trumps Zoll-Politik ist er noch nicht betroffen. Trotzdem macht er sich Sorgen. "Da ist diese Unsicherheit." Er habe gerade erst Land gekauft. Jetzt frage er sich, ob das klug war. "Wenn diese Zölle wirklich zu einer Rezession führen, wird vieles zusammenbrechen. Die Schulden, die wir gerade aufgenommen haben, werden schwer zu bedienen sein. Milchbauern, zumindest ich – gehören zur Arbeiterklasse, leben von einem Gehaltsscheck zum nächsten. Ich habe keine tiefen Taschen."

Auch deshalb unterstützt die US-Regierung Farmer wie Jason. Eine eigene Abfüllanlage für die Milch sollte sein Investment in die Zukunft sein. Die Fördermittel dafür seien ihm genehmigt worden. Aber: Im Zuge der radikalen Kürzungen unter Trump sei das Geld wieder gestrichen worden. "Ich fühle mich, als würde ich durch die Phasen der Trauer gehen – mit viel Wut. Kommt schon, Leute, ihr habt gesagt, ihr würdet uns kleine Leute in den USA keine Gelder kürzen. Sie halten sich nicht an ihr Wort."
Von USAID haben Landwirte profitiert
Nick Levendofsky kümmert sich um Farmer wie Jason Schmidt. Er arbeitet für die Kansas Farmers Union und vertritt andere Standpunkte als die Trump-Regierung – progressiv, so nennt er das: Sie lobbyieren gegen Zölle, die der Landwirtschaft schaden. Das ist ihre Befürchtung, wenn es um Zölle zum Beispiel gegen China, Mexiko und Kanada geht. "Diese Regierung muss verstehen, dass wir diese Märkte über Jahre, Jahrzehnte aufgebaut haben. Und es ist besser, globale Märkte zu haben, als sie zu zerstören – insbesondere mit unseren Nachbarn, vor allem Kanada und Mexiko, aber auch mit allen anderen." Er erinnert sich an Trumps erste Amtszeit. Als der damals Zölle verhängte, machte China als Folge Geschäfte mit Brasilien. US-Farmer verloren Milliarden. Trump musste mit Hilfsgeldern für die Farmer gegensteuern.

Der Präsident weiß: Auf dem Land, "rural America", leben seine Stamm-Wähler. In Kansas haben etwas mehr als 57% für Trump gestimmt. Vance Ehmke ist Republikaner. Trotzdem glaubt er Trump kein Wort. Ein Grund: Die Trump-Regierung hat USAID aufgelöst – wegen angeblichen Betrugs in dem Entwicklungshilfeprogramm. Über das Programm wurde US-Getreide aufgekauft und in die Welt verteilt. "Hier gibt es keinen Betrug. Das ist ein sehr wertvolles Programm. Es bringt uns Landwirten in Kansas, den amerikanischen Landwirten und anderen auf der ganzen Welt viel Geld ein. Was für ein Quatsch."
"Man kann Trump kein Wort glauben"
Vance Ehmke und seine Frau Louise betreiben die Farm gemeinsam. Vance Vorfahren kamen vor 140 Jahren aus Deutschland. Sie suchten ihr Glück in Amerika und gründeten die Farm. Der Republikaner hat Trump nie gewählt. "Er ist ein pathologischer Lügner. Das ist doch Fakt." Und Louise sagt: "Naja…Es ist schwer, ihm zu glauben. Er sagt, was schön klingt. Aber man kann ihm kein Wort glauben." Zu ihren Kunden gehören Trump-Unterstützer. Die Ehmkes sind bekannt in der Gegend – auch, weil sie mit Journalistinnen wie mir sprechen. Die Stimmung habe sich nachhaltig verändert – hier im Land der Trump-Wähler. "Ich habe wohl meine Lektion noch nicht gelernt. Was die Leute besorgt ist dieser dunkle Schleier, der sich über jeden legt – so habe ich das beschrieben. Man fängt an, sich selbst zu zensieren, weil man nicht auf die Abschussliste kommen, zur Zielscheibe werden will."

Der Traktor, auf dem wir unterwegs sind, kostet mehrere hunderttausend Dollar. Die Ehmkes fürchten, dass durch Stahl- und Aluminiumzölle auch Landmaschinen teurer werden könnten. "Trump sagt selbst, dass wir ein paar harte Jahre vor uns haben werden. Ach was, Don! Und dann werde man sehen. Aber ich wette keine fünf Cent darauf, dass es ein goldenes Zeitalter des Wohlstands in der Landwirtschaft wird. Ein Scheiß!"
So wie die Ehmkes sehen das längst nicht alle in ihrem Ort. Zum Beispiel in diesem Diner. "Die letzte Regierung war ein Haufen Idioten, die dachten, wir müssten alles importieren", meint Diner-Betreiber Doyle Capra. "Das müssen wir nicht. Wir haben genug, nutzt es." Und Rod Sculley sagt: "Er macht die Spielregeln für alle gleich, indem er sagt: Ihr verlangt von uns, wir verlangen von euch." Wie genau die Spielregeln aussehen, ist nicht klar. Einige Zölle sind in Kraft. Andere hat Trump angekündigt und wieder ausgesetzt – das Spiel mit Handelspartnern: Für Trumps Anhänger ein Zeichen der Stärke. Für Jason Schmidt und die Ehmkes bleibt vor allem: Unsicherheit.
Autorin: Sarah Schmidt, ARD-Studio Washington
Stand: 31.03.2025 10:39 Uhr
Kommentare