Mo., 08.10.18 | 04:50 Uhr
Das Erste
USA: Trump sei Dank - Mehr Frauen in die Politik
Der Widerstand trägt hohe Absätze! Ana-Maria Ramos – auf dem Weg zu einer privaten Wahlkampf-Party in Dallas. Im Esszimmer hat ein Parteifreund seine Bekannten zusammengetrommelt. Alles für sie – die lokale Hoffnungsträgerin der Demokraten.
Die Wut der Frauen in Amerika
Zu einer guten Kandidatin gehört in Amerika immer auch eine fesselnde Aufstiegsgeschichte: Ana-Maria erzählt, wie sie, das Einwandererkind, mit 14 verheiratet und gleich schwanger wurde und dann die Schule abbrach. Heute mit 42 ist sie Anwältin, zum ersten Mal Kandidatin – und sehr wütend auf Präsidenten Trump. Dass der den umstrittenen Richter Kavanaugh verteidigt und das Opfer verspottet hat, macht sie nur noch entschlossener.
"Als ich vor 30 Jahren sexuell bedrängt wurde, habe ich nie darüber gesprochen – und leider verunglimpfen wir immer noch starke Frauen. Das fängt ganz oben an beim Präsidenten. Wir müssen dafür sorgen, dass das aufhört und als Frauen dagegen ankämpfen", so Ana-Maria Ramos, demokratische Kandidatin.
Für ihre Wahl-Kampagne sammeln Unterstützer Geld: Bei Spenden ab 100 Dollar gibt's ein Glas selbstgemachte Marmelade – weißer Pfirsich für die Großzügigen – und eine Kampfansage an die Republikaner. "Diejenigen, die die Wut und die Sorgen der Frauen im modernen Amerika unterschätzen, haben schon verloren", sagt Philip Kingston, Gastgeber.
"pinke Welle" – eine neue Bewegung
Die Wut der Frauen – sie schafft nicht nur in Dallas eine neue Bewegung: Von einer "pinken Welle" spricht "Annie's List" – eine von vielen Unterstützer-Organisationen für Frauen wie Ana-Maria, die sich politisch engagieren wollen. 2016 hatten sich bei ihnen USA-weit gerade mal 900 Interessentinnen gemeldet. Seit Trumps Wahl sind es 42.000!
"So sehr wir Frauensolidarität schätzen: Wenn unsere republikanischen Schwestern als Abgeordnete gegen unsere Interessen stimmen, werden wir sie mit stärkeren Frauen ersetzen", so Kimberly Caldwell, "Annie's List". "Glaubt den Überlebenden" steht auf ihren Ansteckern – ein Aufschrei gegen Trump und den umstrittenen Kavanaugh. Sie wollen die Wut kanalisieren – und zielgerichtet umleiten zu den Wahlurnen.
Auch Dena Miller war vor Trump nicht politisch. Heute findet sie das Ringen um dessen konservativen Richter spannender als jeden Krimi. Dena ist Mutter, Geschäftsfrau und die Präsidentin der "Trumpettes of America". Sie brennt für Trump – den Mann und den Präsidenten! "Ich arbeite permanent für Trump über Social Media, gebe Interviews, werbe um Wählerstimmen und Spenden – alles, was ich von zu Hause so machen kann."
Überzeugungsarbeit durch Klinkenputzen!
Denas Familie gehört ein Polo-Club, sie ist ehemalige Schönheitskönigin – und kein bisschen geschockt von angeblichen Affären und Ausrutschern Trumps gegenüber Frauen. Lass Jungs einfach Jungs sein, findet Dena – und freut sich, wenn ihr Präsident so herrlich politisch unkorrekt ist. "Ich will nicht immer hören, was tut der Präsident denn für Frauen? Wichtiger ist, was er für uns alle tut. Er bringt dieses Land nach vorne, so dass wir alle erfolgreich sein können: Kapitalismus, Unternehmertum – egal ob Mann oder Frau. Ich kann das nicht ausstehen, wenn immer diese Frauenkarte gespielt wird", so Dena Miller.
Frau, Latina und dann auch noch Demokratin – Ana-Maria hat es nicht leicht im konservativen Texas. Jedes Wochenende klopft die Kandidatin gezielt an die Türen der Wähler, die noch unentschlossen sind. Überzeugungsarbeit durch Klinkenputzen!
"Mir hat mal einer gesagt, die Sklaverei war richtig – und dass die Einwanderer-Kinder, die in Käfigen eingesperrt waren, selbst Schuld sind. Das sind harte Gespräche, da sagt man dann, danke – wir werden uns nicht einig und dann geht man weiter", so Ana-Maria Ramos.
"Wir brauchen mehr Frauen in der Politik"
Hier konkurriert die Wahlkampf-Deko mit Halloween. Die Bewohnerin ist schon auf Ana-Marias Seite! Joanne Groshardt lebt ihre Antipathie gegen Trump! Ana-Maria will ihr spektakuläre Neuigkeiten erzählen: Ex-Präsident Obama unterstützt Ana-Marias Kandidatur – er glaubt offensichtlich an sie – genau wie Joanne. "Wir brauchen mehr Frauen in der Politik. Wenn wir eine Präsidentin gehabt hätten statt George Bush Junior, dann wären wir vermutlich nicht in den Irak-Krieg gezogen. Frauen sollten die Welt regieren!"
Das sehen sie hier ganz anders. Dena und ihre Freundinnen von den "Trumpettes of America" treffen sich gerne im Polo-Club. Eine Unternehmerin, eine Vertriebschefin, eine Bankerin und eine Wirtschaftsanalystin – vereint im Gedanken, den Präsidenten und ihren eigenen Wohlstand verteidigen zu müssen.
Trumpettes:
Judith: "Die Demokraten sagen, jetzt muss mal eine Frau gewinnen. Wie bitte?"
Dena: "Genau wie Obama, der wäre sonst nie Präsident geworden."
Judith: "Es muss darum gehen, wer der Beste ist, egal ob Mann oder Frau."
Dena: "Sonst ist ja jeder mal dran."
"Frauen vereint für Trump" steht da – ihr Vertrauen in den Präsidenten ist grenzenlos. Trump steht für ihre Werte: Sie wollen eine starke Wirtschaft um jeden Preis – und sind gegen Einwanderung und Abtreibung! All das schafft in ihren Augen nur einer: Trump eben!
Trumpettes:
Judith: "Das ist ein Mann, ein richtiger Kerl, der lässt sich nichts sagen."
Dena: "Gib mir einen guten Alpha-Mann!"
Judith: "Ja, nicht so ein Weich-Ei!"
Die Realität der Trumpettes im Polo-Club – sie scheint eine andere zu sein als die der wütenden Kandidatinnen. Ana-Maria ringt weiter um die unentschlossenen Wähler. Jede Seite kämpft hier ihren Kampf – für oder gegen den Präsidenten, der Amerikas Frauen spaltet.
Autorin: Verena Bünten /ARD Studio Washington
Stand: 28.08.2019 11:08 Uhr
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