So., 12.12.21 | 19:20 Uhr
Das Erste
USA: Verheerende Tornados in den USA
Wenig Hoffnung, noch Überlebende zu finden
Ein wenig verloren steht Darryl Johnson am Rande der Rettungsarbeiten. Wartet und hofft – immer noch. Seine Schwester Janine hat am Freitag in der völlig zerstörten Kerzenfabrik hier in Mayfield/Kentucky gearbeitet. Seitdem sucht er sie. Ein Anruf, das letzte Lebenszeichen von ihr. "Sie hat ihren Mann angerufen, es ist schlimm hier, hat sie gesagt, das Dach ist weg." Die Rettungsteams setzen inzwischen schweres Gerät ein, viel Hoffnung gibt es aber nicht mehr, Überlebende zu finden. Das weiß auch Darryl Johnson. "Das ist das Schlimmste, was ich je gesehen habe, und ich habe schon viel Schlimmes gesehen, aber das hier ist fürchterlich." In allen Krankenhäusern der Umgebung hat Darryl Johnson nachgefragt. Seine Schwester ist nirgendwo eingeliefert worden. Sie muss noch hier sein, unter den Trümmern. "Alles, was tun können ist zu beten, wir können wirklich nur noch beten". Die Hoffnung will er aber nicht aufgeben, noch nicht!
Mehr als 100 Beschäftigte arbeiten am Freitagabend in der Kerzenfabrik, als die Mauern einstürzen. In der Spätschicht, die Kerzen für das Weihnachtsfest produziert. Viele werden verschüttet. Eine von ihnen ist Kyanna Parsons-Perez. Über ihr Smartphone fleht sie um Hilfe, sendet live auf Facebook aus dem Dunkel, in dem sie eingeschlossen ist: "Ich versuche ruhig zu bleiben, aber es geht mir nicht gut, und mein Bein tut so sehr weh." Rettungsteams finden sie später, können Kyanna Parsons-Perez befreien. Über Facebook äußert sie sich nach ihrer Rettung: "Mir tut alles weh, Ich will in die Notaufnahme des Krankenhauses gehen, weil ich Kopfschmerzen habe und ich will sicher sein, dass ich keine inneren Verletzungen habe, deswegen gehe ich ins Krankenhaus."
Viele Menschen haben fast alles verloren
Seit heute machen sich die Einwohner von Mayfield auch daran, die Schäden der Tornados zu beseitigen. Sägen die umgestürzten Bäume auseinander, tragen den Schutt auf die Straßen und räumen die zerstörten Häuser und Geschäfte aus. Janet Kimp kann allerdings nur noch die Ruinen ihres Hauses in Augenschein nehmen. Sie überlebte, weil sie im Flur Schutz suchte, als die Windhose vorbeizog: "Meine Hintertür flog durch die Luft, mir ins Gesicht, mein Sohn rief nach mir hier im Flur, ich bin reingekommen, und der Wind der blies so stark, ich hätte es fast nicht geschafft, dann haben wir uns auf den Boden gelegt, unsere Hunde geschützt und gebetet."
Schon einmal hat die 66jährige ihr Haus verloren – als es abbrannte. Dann verstarb ihr Mann vor zwölf Jahren, sie musste Insolvenz anmelden. Jetzt steht sie wieder vor dem Nichts: "Der Teil des Hauses, in dem wir Schutz gesucht haben, ist nicht eingestürzt, unsere Gebete sind wohl erhört worden, vielleicht kann ich ja ein wenig Mobiliar retten, aber sonst habe ich alles verloren." Es wird wohl noch Wochen dauern, bis das gesamte Ausmaß der Schäden klar wird. Hier in Mayfield und in den anderen Orten, die von den Tornados zerstört wurden.
Autor: Clas Oliver Richter
Stand: 12.12.2021 21:28 Uhr
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