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Usbekistan: Lichtblick – Neue Arbeitsplätze

Schon früh morgens, wenn die ersten Sonnenstrahlen über die mächtigen Berggipfel ragen, machen sich unten im Ferghantal die Frauen auf zur Arbeit.

Frauen sind geschickter mit dem Seidenfaden als Männer

Usbekistan: Sabochan ist die Meisterin des Seidenspinnens
Usbekistan: Sabochan ist die Meisterin des Seidenspinnens

Denn es sind vor allem Frauen, die in den kleinen Seidenspinnereien arbeiten. Manche schon seit vielen Jahren, so wie die 56-jährige Sobochan. Sie ist eine der erfahrensten Arbeiterinnen. Keine kann den wertvollen Seidenfaden in dem kleinen Familienbetrieb so gekonnt spinnen wie sie. "Zu Sowjetzeiten haben hier auch Männer gearbeitet. Aber Frauen sind geschickter mit dem Seidenfaden. Bei Männern reißt der Faden ständig und sie haben viel Abfall", erzählt Sabochan Yusupowa.

Geduldig spinnt sie die Fäden von mehreren Kokons zu einem soliden Seidenfaden zusammen. Manchmal ist er bis zu 3.000 Meter lang, erklärt Sabochan stolz. Ihre Kollegin hilft ihr dabei. "Vor vielen Jahren hatten hier alle Arbeit. Doch dann schlossen die Fabriken. Heute studieren unsere jungen Männer, oder lernen ein Handwerk. Mein Sohn auch", so Sabochon Yusupowa.

Arbeitsplätze seien noch lange keine Menschenrechte

Usbekistan: Der kleine Seidenbetrieb boomt – es gibt Sonderschichten
Usbekistan: Der kleine Seidenbetrieb boomt – es gibt Sonderschichten

Beim Morgengebet unweit der Seidenspinnerei sind es überwiegend ältere Männer. Ihre Söhne arbeiten zumeist als Tagelöhner in Russland – auf Baustellen oder als Taxifahrer. Es gebe nur wenige Jobs für Männer, erzählen sie uns. Doch der Präsident verspreche neue Arbeitsplätze. Manche sehen das kritisch. Den derzeitigen Aufbruch könne man nicht mit einer Demokratisierung gleichsetzen, erklärt uns jemand verdeckt in einem Hinterhof. Arbeitsplätze seien noch lange keine Menschenrechte. Er will unerkannt bleiben.

"Während der Diktatur ging es uns sehr schlecht. Die Fabriken geschlossen, die Menschen – arbeitslos. Deshalb sind viele nach Russland gefahren. Ich auch. Ich hoffe, dass der neue Präsident es schafft, gegen die korrupten Eliten vorzugehen, aber wir müssen Geduld haben. Planwirtschaft und Korruption haben die Wirtschaft ruiniert", findet ein Arbeiter.

Auch Sabochans Sohn hat jahrelang in Russland gearbeitet. Im Laufe der Zeit ist Sabochan zur Vorarbeiterin aufgestiegen. Früher hat auch sie im Akkord Stoffe gewebt, damit das Geld für die Familie reichte. Heute achtet sie auf Qualität. Die jungen Frauen dürfen beim Weben keine Fehler machen.

Im Augenblick gibt es sogar Sonderschichten, da der kleine Betrieb gut verkauft. Die handgewebten Stoffe sind zum Geheimtipp unter Touristen geworden. Die kommen vor allem aus China. Das Land öffnet sich nach jahrzehntelanger Diktatur Schritt für Schritt und lockt Touristen und Investoren an.

Neue Möglichkeiten für die Menschen

Usbekistan: Es sind vor allem Frauen, die in den Seidenspinnereien arbeiten – die Branche boomt
Usbekistan: Es sind vor allem Frauen, die in den Seidenspinnereien arbeiten – die Branche boomt

Sie nutzt die Gunst der Stunde: die junge Usbekin Mamura Usmanowa. Ihr Traum: Sie will als Designerin groß rauskommen. Schon jetzt werden die handgefertigten Seidenstoffe aus den kleinen Spinnereien erstmals auf den Laufstegen in Paris verwendet. Das treibt sie an. Mamura ist ehrgeizig. "Vor Tagen hatte ich in unserem Laden Kunden aus Saudi-Arabien und aus China. Sie kauften acht dieser Kleider. Selbst Chinesinnen kaufen dieses eher traditionelle Modell. Es ist vorne hoch geschlossen. Der Kragen sitzt gut. Jede kann es tragen, auch westliche Frauen. Dieses Kleid gibt es in verschiedenen Farben. Frauen aus England, Amerika und Südkorea kaufen meterweise Stoffe. Aber ihnen würden diese Kleider auch stehen", so Mamura Usmanowa, Designerin.

Früher wäre es undenkbar gewesen, sich als Unternehmerin im konservativen muslimisch geprägten Ferghanatal durchzusetzen. Doch der neue Präsident mache sich für Frauen stark, meint Mamura. "Ich will ein eigenes Atelier aufbauen und eines Tages sogar eine eigene Fabrik, in der nur Frauen arbeiten." Mamura ist optimistisch, wie viele im Land. Überall wird gebaut, es entstehen neue Hotels und Büros. In Usbekistan herrscht Aufbruchstimmung, doch manche warnen vor zu viel Euphorie. Der Regimekritiker Surat Ikramow will, dass Menschenrechtsorganisationen zugelassen werden und alle politischen Häftlinge freikommen.

Usbeken hoffen wieder

"Mittlerweile haben alle begriffen, dass die Diktatur jegliche Entwicklung erstickte. Einige hochrangige Beamte stehen zwar vor Gericht und die Korruption ist auch schon weniger geworden, aber da ist noch so viel zu tun in Sachen Menschenrechte und Meinungsfreiheit", so Surat Ikramow, Menschenrechtsaktivist.

Viele junge Usbeken kehren aus Russland zurück in ihre Heimat, um daran teilzuhaben. Auch Sabochans Sohn. Auch er sucht sich neue Aufgaben in der Heimat, er will Stoffe verkaufen. Wie man die färben muss, erklärt ihm die Mutter. Sie ist seine beste Beraterin. "Ich habe ihm schon von klein auf alles über Seide und Baumwolle beigebracht. Er hat von mir alles gelernt, und jetzt kann er es anwenden", erzählt Sabochan Yusupowa.

Surat möchte einen kleinen Souvenirladen eröffnen. Er versucht, eine Hypothek dafür zu bekommen. Früher wäre all das nicht möglich gewesen. Die Usbeken hoffen wieder, fast alle reden über nichts anderes: über Arbeitsplätze, den Präsidenten – aber auch über Menschenrechte. Die Öffnung des Landes müsse weitergehen, auch deshalb freuen sie sich über die vielen Touristen, die jetzt ins Land kommen.

Autorin: Birgit Virnich/ARD Studio Moskau

Stand: 14.07.2019 20:15 Uhr

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