So., 14.07.19 | 19:20 Uhr
Das Erste
Kongo: Die rasenden Roller
Es gibt viele verschiedene Arten, Lasten zu transportieren; und in Goma im Kongo diese: Rasende Roller aus Holz – genannt Chukudus. Mit Chukudus wird so ziemlich alles von A nach B geschafft, was man sich vorstellen kann.
"Mein Chukudu hilft mir, meine Familie zu ernähren"
Im Ostkongo herrscht seit Jahren Krieg. Daher haben die Vereinten Nationen viele Blauhelmsoldaten nach Goma entsandt. Die fahren nicht mit Chukudus herum, aber einen Roller in den Farben der UN gibt es trotzdem. Alexis Claude Giovanni ist mit seinem weiß-blauen Gefährt stadtbekannt geworden. "Ich habe mein Chukudu angemalt, weil da, wo ich meist unterwegs bin, viele reiche Leute von der UN wohnen", erzählt Alexis Claude Giovanni, Chukudu-Lieferant.
Auch deshalb, erzählt er, transportiere er in der Regel Sachen, die seinen schönen Roller nicht schmutzig machen. Die Arbeit ist aber die gleiche wie bei den anderen, ungeschmückten Chukudus: Schwere Lasten zu Kunden bringen.
"Ich mag meinen Job, ich habe ja auch keinen anderen. Mein Chukudu hilft mir, meine Familie zu ernähren. Und mit dem Verdienst kann ich meine Kinder zur Schule schicken", so Alexis Claude Giovanni.
Gewerkschaft von Chukudu-Fahrern
Wenn‘s zwischendurch mal bergab geht, wird auch die schwerste Last plötzlich ganz leicht. Alexis Giovanni hegt und pflegt sein Chukudu. Es ist sein ganzer Stolz. Jeden Tag putzt er den Tretroller liebevoll, auch den Schlüssel, der nur Dekoration ist. Noch! "Mein großer Traum ist es, ein ganz neues Chukudu zu erfinden, das hätte dann auch einen Motor. Ich glaube, dass ich schon nächstes Jahr so weit sein werde", sagt Alexis Claude Giovanni.
Vielleicht gäbe es dann ein weiteres Monument für Alexis. Schon dieses ist zu seinen Ehren errichtet worden. Einmal im Jahr findet nämlich ein Chukudu-Rennen in Goma statt – und er war mehrfach der Schnellste in der Formel-1 der Roller. Die Statue ist ein wahrer Publikumsmagnet in Goma. Die Arbeit selbst ist alles andere als Glanz und Gloria.
"Wir haben eine Gewerkschaft gegründet. Die hilft uns Chukudu-Fahrern, unser Leben zu planen, so dass keiner auf den Gedanken kommt, krumme Dinger zu drehen. Wir versuchen zusammen zu halten, damit wir alle Erfolg und genug Arbeit haben", so Alexis Claude Giovanni.
Achse des Chukudus wird aus einem besonders starken Baum gebaut
Wie viele der hölzernen Roller es in Goma gibt, kann keiner so genau sagen. Aber mehrere Hundert sind es sicher. Ein erfolgreicher Chukudu-Fahrer ist natürlich nichts ohne den, der seinen Holzlaster baut und repariert. Etwas außerhalb der Stadt wohnt Meister Mateso Mutokambali. Er hat schon unzählige Roller gebaut, auch den, mit dem Alexis Giovanni seine Rennen gewann.
Sorgenvolle Gesichter. Der Lastenroller hat ein Problem. Mutokambali macht sich ans Werk. Er weiß ganz genau, wie das Holz zusammengesetzt werden muss. Zwei verschiedene Holzarten. Die Achse wird aus einem besonders starken Baum gebaut, der in den Wäldern um Goma herum wächst. "Das Rad läuft einfach nicht rund. Das muss unbedingt behoben werden. Denn ich kann einfach nicht so gut arbeiten, wie ich möchte, wenn das nicht funktioniert. Ein Chukudu muss schnell sein. Hier, da sieht man schon, dass etwas hakt", sagt Alexis Claude Giovanni.
Innerhalb weniger Minuten ist der Holzroller auseinandergebaut – und wieder zusammengesetzt. Ja, jetzt passt es! Alexis Giovanni saust wieder auf den Straßen Gomas. Vielleicht kann sein Chukudu eines Tages ja sogar fliegen.
Autorin: Sabine Bohland/ARD Studio Nairobi
Stand: 14.07.2019 20:00 Uhr
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