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USA - Sehnsucht nach Martin Luther King

USA - Sehnsucht nach Martin Luther King | Bild: WDR

Sie ist gut versteckt, mitten in den Smocky Monuntains. Wir müssen suchen, bis wir die legendäre Kaderschmiede der schwarzen Bürgerrechtsbewegung finden. Nur ein unauffälliges Holzschild verrät den Weg.

»Hier also hat Martin Luther King den schwarzen Widerstand gegen die Rassentrennung vorbereitet, haben Legenden der schwarzen Protestbewegung ihren Kampf organisiert. Noch immer kommen junge Aktivisten aus den ganzen USA. Rassismus gibt es noch heute, erzählen sie uns, nur subtiler.«

junge Aktivistin
junge Aktivistin

Tari kommt aus Montgomery, Alabama. In den 60igern tobten dort blutige Unruhen, als Schwarze das Recht einforderten, den selben Bus wie Weiße zu nehmen. Das dürfen sie heute, nur Busfahren ist noch immer ein Problem, erzählt uns Tari.

»Menschen verlieren ihren Job, weil sie den Bus nicht nehmen können. Wenn du in einem Stadtteil lebst, der kein Geld hat, sich am öffentlichen Nahverkehr zu beteiligen, dann fährt der Bus einfach an allem vorbei, ohne zu halten. Du darfst heute zwar den Bus nehmen, aber er braust einfach durch dein Viertel durch und du kannst nicht aussteigen.«

Geschichten, wie diese hören wir hier viele. Hat der erste schwarze Präsident denn nicht alles leichter gemacht? Obama war doch selber Sozialarbeiter gewesen?

»Nein, es ist sogar härter geworden. Obama- der war doch nur einen Sommer lang Sozialarbeiter. Das hat der doch nicht ernsthaft gemacht. Nun heißt es immer, da ist doch einer von Euch im Weißen Haus. Aber das stimmt nicht. Obama redet schön. Aber mit vielem was er macht, sind wir nicht einverstanden. Seinen Drohnenkrieg lehnen hier alle ab.«

Sie sind stolz und enttäuscht zugleich von Obama. Die meisten hatten ihn wiedergewählt, damit der erste schwarze Präsident kein Ausrutscher der Geschichte bleibt. Jetzt soll er die Chance auch nutzen

Hier wird nicht nur diskutiert, sondern mit angepackt. Seit einigen Jahren sind auch junge Weiße mit dabei. Die meisten kommen aus Ballungszentren, haben nie eine Schaufel in der Hand gehabt. Bei über 30 Grad wird nun der Boden umgegraben und über politische Umbrüche nachgedacht.

»Wir sind noch immer hungrig nach Change, nach einem echten Wandel. Wir können etwas verändern, das müssen wir nur begreifen. Wandel kommt nicht von oben, den schaffen nur wir. Nicht Obama. Das Tolle am Highlander Camp ist, dass man uns zeigt, wir haben die Kraft dazu.«

Dass unter Obama mehr junge Illegale ausgewiesen werden, als unter seinem republikanischen Vorgänger, macht viele im Camp wütend. Stopp die Deportationen, steht auf einem Schild. Obama habe viel versprochen, aber nur wenig durchsetzen können – findet Tari.

Hier im Camp bekomme sie wieder Mut für die täglichen Kämpfe, erzählt sie uns. Zum Beispiel dagegen, dass Schwarze besonders hart von Arbeitslosigkeit betroffen sind.

»Hier spürt man diesen Geist des Aufbruchs und des Widerstands. Wenn ich mir vorstelle, wer hier alles gewesen ist, welche Legenden hier gearbeitet haben. Martin Luther King und all die anderen. Das macht mich fast ehrfürchtig. Hier zu sein, ist magisch für mich.«

Das Camp, das sich vor allem durch Spenden finanziert, hat eine lange Tradition. Die Größen der Bürgerrechtsbewegung haben sich hier die Klinke in die Hand gegeben. Rosa Parks hat hier ihren legendären Busboykott organisiert und damit die Rassentrennung in den Verkehrsmitteln beendet.

Auch die großen Märsche fanden hier ihren Ursprung. Und immer wieder kam Martin Luther King, um dem schwarzen Amerika eine Stimme zu geben.

Der 81jährige Elmore Nickelberry, Weggefährte von Martin Luther King
Der 81jährige Elmore Nickelberry, Weggefährte von Martin Luther King

Einer, der damals mit auf den Fotos war, ist Elmore Nickelberry, ein Weggefährte und Mitstreiter von King. Der 81-jährige arbeitet noch immer für die städtische Müllentsorgung von Memphis. Damals war er an der Seite Martin Luthers auf die Straße gegangen als dieser beim großen Streik der Müllarbeiter in Memphis erschossen wurde.

Wieder bereiten sich die Arbeiter auf einen Streik vor. Denn die Stadt will die Entsorgung privatisieren und alle Arbeiter entlassen.

Memphis ist schwarz, arm, wer hier seinen Job verliert, wird so schnell keinen neuen finden.

Dass nun junge Leiharbeiter nachrücken sollen, für den halben Lohn und ohne jegliche Gewerkschaftsrechte, empört Nickelberry. Die alten Schlachten seien noch immer nicht geschlagen:

»MLK würde sich im Grab rumdrehen, wenn er wüsste, was die hier noch immer mit uns machen. Das ist alles, was wir erreicht haben? Uns jetzt alle zu entlassen? Das ist auch ein Schlag in sein Gesicht. Dafür hat er sein Leben gelassen?«

Die Gewerkschaft der Müllarbeiter trifft sich zu einem Krisengespräch. Doch erst einmal wird gemeinsam gebetet. Wir sind schließlich im Bibelbelt, dem Bibelgürtel im tief religiösen Süden. Dann wird es emotional.

Wir lassen das nicht mit uns machen, ruft eine Frau. Elmore hat uns mitgenommen. Eigentlich sollten Kameras wegen der angeheizten Stimmung nicht dabei sein.

»Wir werden uns nicht einfach vor die Tür setzen lassen. Erst kürzen sie bei den Schulen, dann entlassen sie die Mitarbeiter in den Kantinen und jetzt wir? Es reicht.«

Das Foto von Obama auf Besuch in Memphis, die großen Hoffnungen von damals, sie helfen wenig, bei der anstehenden Entlassungswelle.

»Nach all den Jahren…das können die doch nicht machen. Wir sind mit Martin Luther King marschiert. Für unsere Rechte. Und jetzt treten sie die wieder mit Füssen? Unser Präsident verehrt doch auch Martin Luther King.«

Obama & Martin Luther King
Obama & Martin Luther King

Nichts habe sich unter Obama verbessert. Nun wollen die alten Kämpfer noch einmal ihre Muskeln zeigen.

»Ich war in den 60igern auf der Straße und ich werde morgen wieder marschieren. Solange wir unsere Rechte nicht bekommen, sage ich wieder – los, wir marschieren. Ich bin ein Mann, ich kämpfe. Die machen das selbe wie früher, uns Schwarzen nehmen sie die Jobs weg, nur freundlicher. Verdammt, wir haben doch alle Familien.«

Zurück in den Smocky Mountains, zurück im Highlander Camp. Wir treffen noch einmal die Aktivisten im heiligen Gral der Bürgerrechtsbewegung. Da wo alles seinen Anfang nahm. Nach unseren Eindrücken vom Arbeitskampf in Memphis wirken die jungen Campteilnehmer kämpferisch optimistisch.

We shell overcome –die Hymne der schwarzen Protestbewegung, ist noch nicht veraltet. Mit all der Zuversicht, die damals mitschwang, als das Lied im Camp für die Bürgerrechtsbewegung neu komponiert wurde.

»Gleichheit und Gerechtigkeit – da haben wir viel schon erreicht, aber noch einen langen Weg vor uns.«

Aber – wir schaffen das. So lautet die politische Botschaft der jungen Aktivisten. Mit Obama, oder ohne ihn. Das muss er in seiner zweiten Amtszeit zeigen.

Autorin: Tina Hassel, ARD Studio Washington

Stand: 15.04.2014 11:18 Uhr

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