So., 23.06.13 | 19:20 Uhr
Das Erste
USA - Sehnsucht nach Martin Luther King
Sie ist gut versteckt, mitten in den Smocky Monuntains. Wir müssen suchen, bis wir die legendäre Kaderschmiede der schwarzen Bürgerrechtsbewegung finden. Nur ein unauffälliges Holzschild verrät den Weg.
Tari kommt aus Montgomery, Alabama. In den 60igern tobten dort blutige Unruhen, als Schwarze das Recht einforderten, den selben Bus wie Weiße zu nehmen. Das dürfen sie heute, nur Busfahren ist noch immer ein Problem, erzählt uns Tari.
Geschichten, wie diese hören wir hier viele. Hat der erste schwarze Präsident denn nicht alles leichter gemacht? Obama war doch selber Sozialarbeiter gewesen?
Sie sind stolz und enttäuscht zugleich von Obama. Die meisten hatten ihn wiedergewählt, damit der erste schwarze Präsident kein Ausrutscher der Geschichte bleibt. Jetzt soll er die Chance auch nutzen
Hier wird nicht nur diskutiert, sondern mit angepackt. Seit einigen Jahren sind auch junge Weiße mit dabei. Die meisten kommen aus Ballungszentren, haben nie eine Schaufel in der Hand gehabt. Bei über 30 Grad wird nun der Boden umgegraben und über politische Umbrüche nachgedacht.
Dass unter Obama mehr junge Illegale ausgewiesen werden, als unter seinem republikanischen Vorgänger, macht viele im Camp wütend. Stopp die Deportationen, steht auf einem Schild. Obama habe viel versprochen, aber nur wenig durchsetzen können – findet Tari.
Hier im Camp bekomme sie wieder Mut für die täglichen Kämpfe, erzählt sie uns. Zum Beispiel dagegen, dass Schwarze besonders hart von Arbeitslosigkeit betroffen sind.
Das Camp, das sich vor allem durch Spenden finanziert, hat eine lange Tradition. Die Größen der Bürgerrechtsbewegung haben sich hier die Klinke in die Hand gegeben. Rosa Parks hat hier ihren legendären Busboykott organisiert und damit die Rassentrennung in den Verkehrsmitteln beendet.
Auch die großen Märsche fanden hier ihren Ursprung. Und immer wieder kam Martin Luther King, um dem schwarzen Amerika eine Stimme zu geben.
Einer, der damals mit auf den Fotos war, ist Elmore Nickelberry, ein Weggefährte und Mitstreiter von King. Der 81-jährige arbeitet noch immer für die städtische Müllentsorgung von Memphis. Damals war er an der Seite Martin Luthers auf die Straße gegangen als dieser beim großen Streik der Müllarbeiter in Memphis erschossen wurde.
Wieder bereiten sich die Arbeiter auf einen Streik vor. Denn die Stadt will die Entsorgung privatisieren und alle Arbeiter entlassen.
Memphis ist schwarz, arm, wer hier seinen Job verliert, wird so schnell keinen neuen finden.
Dass nun junge Leiharbeiter nachrücken sollen, für den halben Lohn und ohne jegliche Gewerkschaftsrechte, empört Nickelberry. Die alten Schlachten seien noch immer nicht geschlagen:
Die Gewerkschaft der Müllarbeiter trifft sich zu einem Krisengespräch. Doch erst einmal wird gemeinsam gebetet. Wir sind schließlich im Bibelbelt, dem Bibelgürtel im tief religiösen Süden. Dann wird es emotional.
Wir lassen das nicht mit uns machen, ruft eine Frau. Elmore hat uns mitgenommen. Eigentlich sollten Kameras wegen der angeheizten Stimmung nicht dabei sein.
Das Foto von Obama auf Besuch in Memphis, die großen Hoffnungen von damals, sie helfen wenig, bei der anstehenden Entlassungswelle.
Nichts habe sich unter Obama verbessert. Nun wollen die alten Kämpfer noch einmal ihre Muskeln zeigen.
Zurück in den Smocky Mountains, zurück im Highlander Camp. Wir treffen noch einmal die Aktivisten im heiligen Gral der Bürgerrechtsbewegung. Da wo alles seinen Anfang nahm. Nach unseren Eindrücken vom Arbeitskampf in Memphis wirken die jungen Campteilnehmer kämpferisch optimistisch.
We shell overcome –die Hymne der schwarzen Protestbewegung, ist noch nicht veraltet. Mit all der Zuversicht, die damals mitschwang, als das Lied im Camp für die Bürgerrechtsbewegung neu komponiert wurde.
Aber – wir schaffen das. So lautet die politische Botschaft der jungen Aktivisten. Mit Obama, oder ohne ihn. Das muss er in seiner zweiten Amtszeit zeigen.
Autorin: Tina Hassel, ARD Studio Washington
Stand: 15.04.2014 11:18 Uhr
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