So., 28.07.13 | 19:20 Uhr
Das Erste
Afghanistan - Speiseeis für den Frieden
Eisfabrik Herat
Heute ist wirklich ein schöner Abend. Die Sonne wärmt. Alle zieht es nach draußen.
So sieht Frieden aus.
Aber wir sind in Afghanistan. Passt das zusammen?Herat überrascht uns.In dieser Stadt ist vieles anders. Vielleicht liegt es ja am Eis. Die Afghanen lieben es.
Der junge Hamid jedenfalls macht ein gutes Geschäft. Bei ihm geht es um Schokolade oder Vanille. Nicht um Krieg oder Frieden.
Hamid
Sie produzieren schon jetzt eine Menge davon, in der Fabrik am Stadtrand. Die Afghanen können einfach nicht genug bekommen. Die Maschinen laufen so schnell es geht.
6000 Portionen spuckt eine von ihnen pro Stunde aus. 50 Tonnen pro Tag. 22 Sorten. Schokolade, Orange, Wassermelone. Das Safran-Eis soll der absolute Renner sein. 300 Mitarbeiter hat die Firma jetzt. Und was uns auffällt: Viele Frauen.
Fatima zum Beispiel. Sie kann es immer noch kaum glauben. Dass sie wieder Arbeit hat. Doch genauso kam es, endlich verdient sie wieder Geld. Eine Eisfabrik hier in Afghanistan zu finden, damit hätte sie nie gerechnet.
Fatima - Arbeiterin
4 Millionen Euro Umsatz bringt das Eis ein. Gigantisch in Afghanistan.
Und es begann mit paar Kilo Milch. Damals waren die Taliban gerade gestürzt und Faiz Ahmad kehrte aus Pakistan zurück. Er erinnerte sich, dass die Afghanen gern Eis essen. Und machte daraus ein Geschäft. Ein Abenteuer, noch immer.
Der Strom kostet viel und fällt immer wieder aus. Aber er gibt nicht auf, er will für sein Land etwas erreichen.
Faiz Ahmad Faizi - Fabrikgründer
Eis bringt Frieden, will er sagen. Vielleicht ist da was dran. Die blauen Lastwagen zumindest scheinen einen Schutzengel zu haben. Faiz Ahmad und seine Leute bringen das Eis in alle Provinzen. Auch dorthin, wo es sehr gefährlich ist. Wo die Taliban besonders stark sind, verkauft die Eisfabrik am besten.
Fasl Ahmad - Fabrikgründer
Wir treffen Hamid wieder. Seit dem frühen Morgen zieht er herum. Sein Eiswagen ist einer von 1000 in Herat. Oft sind es Jungen, noch Kinder, die die Arbeit machen. Müssten die nicht in der Schule sein, fragen wir uns?
Hamid ist 13. Als die Taliban gestürzt wurden, war er fast noch ein Baby. Heute ist er ein Kind, das erwachsen sein muss.
Hamid
Seine Eltern haben keine Arbeit. Hamid ist der älteste Sohn, also trägt er die Verantwortung. Wenn es gut läuft, bringt er 200 Afghani - keine 3 Euro - pro Tag nach Hause.
Auch in Herat ist eben längst nicht alles gut. Aber hier gibt es immerhin Arbeit. Den Menschen geht es besser. Ein Viertel der afghanischen Steuereinnahmen kommen aus dieser Provinz.
Schichtwechsel in der Eisfabrik. Fatima und ihre Kollegin haben Feierabend. Manches ändert sich sehr langsam in Afghanistan. Auch wenn es nicht auf den ersten Blick auffällt. Fatima ist eine moderne Frau.
Fatima - Arbeiterin
Hamid trägt den Namen des Präsidenten. Von Hamid Karzai in der Hauptstadt Kabul hat er gehört. Er denkt auch, dass der einen guten Job macht. Aber Vertrauen in die Zukunft hat der 13-Jährige nicht.
Hamid
Der Frieden ist brüchig. Auch in Herat. Das Land hat so viele Probleme. So viel Eis können sie gar nicht essen. Auch wenn sie sich das wünschen würden.
Autor: Gábor Halász
Stand: 15.04.2014 11:03 Uhr
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