So., 19.01.14 | 19:20 Uhr
Das Erste
Belgien: Sterbehilfe für Kinder
Ja, sie ist glücklich und sie liebt ihr Leben. Die 22jährige Stephanie Verlaeckt wohnt in Antwerpen in ihrer eigenen Wohnung gemeinsam mit Freund und Katze. Eine gesunde junge Frau, der das Leben mit all seinen Möglichkeiten offensteht. Ausgerechnet sie weiß, wovon sie spricht, wenn es um Sterbehilfe geht.
Erst vor wenigen Jahren entstanden diese Bilder. Stephanie ist damals 16 Alles hat sie mitgemacht. Chemo. Operationen. Künstliches Koma.
Dem Tod war sie sehr nah. Mit ihrer Mutter spricht sie ganz offen über ihre Gefühle und Erfahrungen. Gemeinsam stemmen sie sich gegen den Krebs.
Während ihrer Behandlung muss sie erleben, dass eine krebskranke Freundin es nicht schafft und unendlich leidet.
Stephanie Verlaeckt
Sterbehilfe für Minderjährige - in Belgien ist das möglicherweise bald legal.
Unheilbar kranke Kinder und Jugendliche dürften dann selbst entscheiden, dass ihr Leben enden soll.
Das ist richtig so, meinen Kinderärzte wie Michel Deneyer. Aber natürlich nur – so wie es das Gesetz auch vorsieht – nach gründlicher Prüfung.
Michel Deneyer, Universitätsklinik Brüssel
Klingt plausibel und doch tun sich Fragen auf:
Ab welchem Alter können Kinder überhaupt eine so weitreichende Entscheidung treffen? Erst ab zwölf, sagen die meisten Fachleute.
Und können die Kleinen überhaupt erklären, wie groß ihr Leid ist?
Schwester Sara zeigt uns das Schmerzthermometer. 3-4 heißt erträglich. 5 ist an der Grenze. Und die zehn? Nicht auszuhalten.
Sara Pereiera-Fernandes, Kinder-Krankenschwester
Audrey hat lange gekämpft. Mit 13 Jahren kam die Diagnose: Blutkrebs. Als keine Therapie mehr hilft, holt ihr Vater sie nach Hause. Immer stärker betäubt, stirbt Audrey schließlich.
Darüber hat der Vater ein Buch geschrieben - ein leidenschaftliches Plädoyer gegen Euthanasie. Wenn da genug Liebe ist, würde doch niemals ein Kind die Eltern bitten, es zu töten, sagt er. Man könne Minderjährigen die Entscheidung nicht überlassen.
Bruno Wierinckx
Aber Audreys Vater sagt auch: in Extremfällen - würde er seine klare Position noch einmal überdenken.
Sie sorgt dafür, dass todkranke Kinder möglichst in Frieden zuhause sterben können. Krankenschwester Sonja Develter bringt Betäubungsmittel mit gegen das Leid – und die richtigen Worte.
Sonja Develter, Bereitschaftsschwester
Auch ihn hat sie vor ein paar Jahren betreut. Der Junge im Video ist Raphael – unheilbar krebskrank. Ein neunjähriger Junge, der niemals belogen werden wollte. Die Ärzte mussten ihm alles genau erklären.
In einem sind sich Raphaels Mutter und die Krankenschwester Sonja einig. Die Zeit vor dem Tod ist eine schmerzhafte, aber auch wichtige Phase, die man nicht verkürzen sollte.
Elsi Medina
Sonja Develter, Bereitschaftsschwester
Stephanie Verlaeckt blickt in die Zukunft. Ihr Tod ist wieder weit weg. Doch für den Wunsch nach Sterbehilfe hat sie Verständnis.
Stephanie Verlaeckt
Doch selbst wenn bald in Belgien ein Gesetz die Sterbehilfe erlaubt – die quälenden Fragen von Eltern und todkranken Kindern sind damit noch längst nicht beantwortet.
Autor: Christian Feld / ARD Studio Brüssel
Stand: 19.01.2014 20:35 Uhr
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