So., 22.06.14 | 19:20 Uhr
Das Erste
Kambodscha: Kinder zu Küchenchefs
Ein Rezept gegen Armut. In dieser Küche wird es erprobt. Vom Straßenkind zum Koch - ein Traum, für den sie alles geben.
Dara ist einer von ihnen. Seine Eltern sind früh gestorben. Aus dem Waisenhaus ist er abgehauen. 4 Jahre lang hat er auf der Strasse gelebt.
Dara, 15 Jahre alt:
“Hier ist alles besser geworden. Ich habe Freunde, was zu essen und kann mich waschen. Ich bin jetzt 15 Jahre alt. Und es ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich etwas lernen darf.”
Nur ein paar Strassen weiter beginnt der Tag von Sokro. Auch er ist 15 Jahre alt. Doch Träume hat er keine mehr. Er lebt vom Dreck der Strasse. Sammelt Plastikflaschen und Dosen auf. Seine Kindheit - sie war viel zu schnell zu Ende.
Mit dem bisschen, was er verdient, versorgt er seine Großmutter und die 6jährige Schwester. 3 Menschen ohne ein Dach über dem Kopf.
In Kambodschas Hauptstadt Phnom Penh ist die Armut so präsent wie in kaum einer anderen Stadt Südostasiens. 20.000 Kinder leben und arbeiten auf der Strasse.
Sokros Großmutter nimmt die kleine Schwester mit auf ihren Bettelgang. Ein Kleinkind im Arm - das ist viel wert. An den großen Kreuzungen hofft sie auf Mitleid und ein wenig Kleingeld.
Hinter dem alten Olympiastadion verstecken sich die Frauen und Kinder vor den Augen der Polizei. Denn die will die Strassen sauber halten.
Es ist ein Leben am Rande der Gesellschaft. Ein Leben, in dem Spucke oft das einzige Spielzeug ist.
Die Tage der Müll- und Bettelkinder sind lang. Am Abend, wenn die Stadt im Verkehr erstickt, beginnt ihre Nachtschicht.
Das Recht auf Bildung haben sie längst verloren. Ob diese Kinder zur Schule gehen, es interessiert den Staat nicht.
Ihr Alltag ist bestimmt von Armut, Gewalt und sexuellem Missbrauch.
Um all das auszuhalten, schnüffeln viele Kinder Klebstoff. Sie brauchen dann kaum noch Schlaf, können lange betteln und unterdrücken ihren Hunger.
Dara kennt das. Bis vor kurzem war das auch sein Leben. Das bisschen, was er erbettelt hat, hat oft nicht für eine Mahlzeit gereicht. Der Klebstoff war viel billiger.
Sok Nina ist nun seine Lehrerin und begleitet Dara auf dem Weg zum Küchenchef. Sie arbeitet für die Organisation Mith Samlanh. Übersetzt heißt das: Ein guter Freund!
Das Rezept lautet: Bildung und Ausbildung. Die Jugendlichen sollen endlich eine echte Perspektive haben.
Nach der Praxis am Morgen, folgt die Theorie am Nachmittag. Für Dara und die anderen eine vollkommen neue Erfahrung.
Pünktlich sein, den Lehrer respektieren, Verantwortung übernehmen. Nicht alle halten das lange durch.
Daras Tag geht zu Ende. Dass jedes Jahr hunderte Jugendliche wie er die Chance auf eine Ausbildung bekommen, ist keine Selbstverständlichkeit.
Der größte Widerstand kommt meist von den Eltern. Denn ein Kind, das bettelt, bringt Geld ein. Ein Kind, das zu Schule geht, bedeutet erstmal einen Verlust.
Eine richtige Mahlzeit. Für Dara ist das endlich Normalität. Er hat den Drogenentzug geschafft und lebt bis zum Ende seiner Ausbildung in einem Wohnheim der Organisation.
Der Tag von Sokro ist noch lange nicht vorbei. Bis drei Uhr morgens wird er Müll einsammeln. Erst dann kann er für ein paar Stunden am Straßenrand schlafen. Das, was selbstverständlich sein sollte, für ihn wäre es der größte Luxus.
Doch für die meisten Straßeninder in Phnom Penh bleibt das ein Traum, der wohl nie in Erfüllung gehen wird.
Autor: Norbert Lübbers/ARD Singapur
Stand: 23.02.2015 11:21 Uhr
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