So., 22.06.14 | 19:20 Uhr
Das Erste
Kenia: Die Angst kehrt zurück
Idyllische Strände. Sonne. Palmen. Das ist Kenia. Urlaubsland – auch für viele Deutsche. Jetzt wächst die Unsicherheit. Eine Anschlagsserie erschüttert das Land.
Bisher war kein Touristenort von den Angriffen betroffen. Und trotzdem: Kenias Küste ist leer.
Und diese Leere liegt nicht an der Nebensaison. Harald Kampa ist Hotelmanager – seit 25 Jahren. Höhen und Tiefen gab es schon immer, sagt er. Aber selten so wie jetzt.
Vor allem seitdem mehrere westliche Länder ihre Reisehinweise verschärft haben, bleiben die Touristen fern. Harald Kampas Hotel ist fast leer. Andere an der Küste mussten schon zu machen. Und die Aussichten sind nicht gut.
„Wie erklären sie sich das?“ „Die Leute lesen in der Presse und sehen im Fernsehen und insgesamt das Image von Kenia als Feriendestination ist nicht besonders gut im Moment.“
Das Schlimmste für ihn wäre, sagt Harald Kampa, wenn er seine Angestallten entlassen müsste. Der Tourismus ist eine der wichtigsten Einnahmequellen in Kenia. Um 30 Prozent ist er in diesem Jahr schon eingebrochen. Eine Katastrophe für das Land, wenn es so weiter geht.
Es sind wohl Bilder wie diese, die abschrecken. Wir sind in Mpeketoni. Die Kleinstadt liegt abseits der Touristenziele. Vor einer Woche hat es hier einen der blutigsten Anschläge in Kenia gegeben.
Das, was in Schutt und Asche liegt, war mal die kleine Bar „Costa Rica“. Jeremiah Mutua hat sich gerade gemeinsam mit seinem Freund Kamau ein Fußballspiel angeschaut, als plötzlich Schüsse fallen. Kurz darauf tauchen die ersten Angreifer auf. Und richten die Männer regelrecht hin. Jeremiah kann sich verstecken, hat aber alles mit ansehen müssen.
Fünf Stunden dauert das Gemetzel. Keiner kommt Jeremiah und den Bewohnern zu Hilfe. Keine Polizei – niemand. Schlimmer noch: in der nächsten Nacht wird ein Nachbardorf angegriffen. Wieder sterben Menschen. Wieder keine Sicherheitskräfte.
Dabei ist bekannt: die Lage in diesem Teil Kenias ist unsicher – die Grenze zu Somalia nur 100 km entfernt. Die somalische Terror-Miliz Al Shabaab bekennt sich dann auch zu den Anschlägen. Und lässt die Regierung Kenias erbärmlich aussehen.
Und dann? Der Präsident erklärt in einer Fernsehansprache: er habe Beweise, hinter der Tat würden andere Kräfte stehen.
Er beschuldigt die Opposition, ethnische Rivalitäten zu schüren und dafür kriminelle Banden zu mobilisieren. Auch das könnte man hinter den Ausschlägen vermuten.
Nur warum bekennt sich dann Al Shabaab zu der Tat? Will der Präsident die Verantwortung von sich schieben? Fragen, die die kenianische Öffentlichkeit seit Tagen umtreiben. Andrew Franklin ist Amerikaner, lebt seit über 30 Jahren in Kenia, und ist zur Zeit ein gefragter Sicherheitsexperte.
Wer auch immer hinter der Tat steht: lokale Strippenzieher, Al Shabaab oder ein Zusammenschluss von Gruppen – die Folgen sind dramatisch. Hier in Mpeketoni vertraut sich keiner mehr, sagt Jeremiah. Alle Ethnien verdächtigen sich jetzt gegenseitig. Und alle beschuldigen einfache Somalier, die hier seit Jahrzehnten leben.
Da hilft es auch nicht, dass die Stadt mittlerweile voller Sicherheitskräfte ist. In Kenia ist ein gefährliches Feuer entfacht. Und die Regierung scheint dagegen keine Mittel zu haben.
Autorin: Shafagh Laghai, ARD Nairobi
Stand: 05.01.2015 09:29 Uhr
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