So., 07.12.14 | 19:20 Uhr
Das Erste
Syrien: Die Trümmermänner von Aleppo
Sie rücken aus, um Leben zu retten.
Sie sind eine ganz besondere Truppe, die Trümmermänner von Aleppo:
Retter-Lied:
Sekunden entscheiden in Aleppo über Leben und Tod….Ein Hubschrauber der syrischen Armee wirft eine Fassbombe ab – ein Stahlbehälter gefüllt mit Sprengstoff und Eisenkugeln.
Dann rennen sie los, alles Freiwillige, Feuerwehrleute, Sanitäter, ehemalige Soldaten. Sie riskieren ihr Leben für andere. Im Chaos suchen sie nach Überlebenden. Allein in Aleppo sind durch den Bombenterror in diesem Jahr mehr als 2000 Menschen ums Leben gekommen, viele davon Kinder.
Bei diesem Angriff können sechs Bewohner gerettet werden, nur für einen 11- Jährigen kommt jede Hilfe zu spät. Um die Würde des Toten zu wahren, decken sie den Jungen zu.
Alaa, Sanitäter:
Der Wahnsinn hört nicht auf, es wird schlimmer, seit Oktober werden mehr Fassbomben auf Aleppo abgeworfen. Die Bewohner leben in ständiger Angst. Auch das ist Aleppo, mit dem Besen gegen den Bombenterror – bizarr…
Khaled ist der Chef der Einheit, früher war er Anwalt, jetzt ist er Lebensretter und mehr…die seelischen Wunden sind tief bei den Menschen.
Junge:
Aleppo -- heute eine Geisterstadt. In der einstigen Wirtschaftsmetropolen lebten einmal drei Millionen Menschen, heute sind es nur noch 300.000. Die Strom- und Wasserversorgung ist zusammengebrochen. Hier herrscht Bürgerkrieg, den Westen kontrolliert die syrische Armee, im Osten stehen die Rebellen, dazwischen in der Schusslinie – die Zivilisten.
Ruhepause für die Trümmermänner. Rund 100 Euro bekommen sie unter anderem von internationalen Hilfsorganisationen für ihren lebensgefährlichen Job.
Khaled, Chef der Einheit:
Khaled riskiert dafür sein eigenes Leben. Wie es in Aleppo weitergehen soll? Alle haben nur einen Wunsch.
Khaled, Chef der Einheit
Die Rettungstruppe besteht aus etwa 100 Männern im Alter zwischen 16 und 30 Jahren, wie Alaa, ein Türke, der sein Studium in Istanbul abbrach um in Syrien als Sanitäter zu helfen.
Alaa, Sanitäter
Wie gefährlich ihr Job ist, haben sie direkt vor Augen: Nicht weit von ihrer Zentrale entfernt, ein Fußballfeld, heute ist es ein Friedhof – drei Kollegen liegen hier – sie starben bei einem Einsatz, als wieder eine Fassbombe in ihrer Nähe explodierte….
Freiwilliger:
Auch das gehört zu ihren Aufgaben: Sie versorgen die Menschen mit frischem Trinkwasser. Mehrmals pro Woche fahren die Helfer mit ihrem deutschen Feuerwehrauto in die Wohnviertel, immer dann, wenn es ruhig ist am Himmel. Nicht immer gibt es genug Wasser, nicht alle sind zufrieden. .
Alter Mann, Bewohner:
Freiwilliger Trümmermann:
Der Blick aus der Windschutzscheibe zeigt, auch die Retter sind im Visier von Scharfschützen….Von ihrer Arbeit hält sie das nicht ab, sie stimmen wieder ihre Hymne an, ihr Lied von den Rettern. Dann wird es ernst, die nächste Fassbombe ist eingeschlagen, es geht immer um Sekunden, aber sie müssen den Explosionsort erst einmal finden. Einen Mann können sie in dem Chaos noch lebend bergen….d a s ist für die Trümmermänner die Motivation, weiterzumachen.
Tawil, Feuerwehrmann:
Gemeinsam retten, gemeinsam leben: Der ehemalige Anwalt, der Sanitäter, der Feuerwehrmann, sie fühlen sich mittlerweile wie eine Familie, das Leben hier schweißt zusammen und lässt sie den Wahnsinn in Aleppo überhaupt aushalten – Denn schon im nächsten Moment kann eine Fassbombe wieder den Tod bringen.
Autoren: Heribert Roth/Carsten Stormer
Stand: 05.01.2015 09:15 Uhr
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