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Syrien: Die Trümmermänner von Aleppo

Die Trümmermänner von Aleppo | Bild: ARD

Sie rücken aus, um Leben zu retten.

Sie sind eine ganz besondere Truppe, die Trümmermänner von Aleppo:

Retter-Lied:

»„Es brennt und wir kommen, um das Feuer zu löschen, singen sie. Du wirst vermisst und wir kommen, um Dich zu finden.“«

Sekunden entscheiden in Aleppo über Leben und Tod….Ein Hubschrauber der syrischen Armee wirft eine Fassbombe ab – ein Stahlbehälter gefüllt mit Sprengstoff und Eisenkugeln.

Dann rennen sie los, alles Freiwillige, Feuerwehrleute, Sanitäter, ehemalige Soldaten. Sie riskieren ihr Leben für andere. Im Chaos suchen sie nach Überlebenden. Allein in Aleppo sind durch den Bombenterror in diesem Jahr mehr als 2000 Menschen ums Leben gekommen, viele davon Kinder.

Die Trümmermänner riskieren ihr Leben für andere
Die Trümmermänner riskieren ihr Leben für andere | Bild: WDR / WDR

Bei diesem Angriff können sechs Bewohner gerettet werden, nur für einen 11- Jährigen kommt jede Hilfe zu spät. Um die Würde des Toten zu wahren, decken sie den Jungen zu.

Alaa, Sanitäter:

»„Ich habe Blut an mir, erzählt Alaa, weil ich ein Kind retten wollte, aber der Junge ist gestorben, er war elf Jahre alt, wir haben versucht ihn zu retten, aber seine Verletzungen waren zu schwer. Das hier ist das Blut von einem Kind.“«

Der Wahnsinn hört nicht auf, es wird schlimmer, seit Oktober werden mehr Fassbomben auf Aleppo abgeworfen. Die Bewohner leben in ständiger Angst. Auch das ist Aleppo, mit dem Besen gegen den Bombenterror – bizarr…

Khaled ist der Chef der Einheit, früher war er Anwalt, jetzt ist er Lebensretter und mehr…die seelischen Wunden sind tief bei den Menschen.

Junge:

»„Bascharr Assad, schreit dieser Junge, du bist ein Hund, ein Verräter.“«

Aleppo -- heute eine Geisterstadt. In der einstigen Wirtschaftsmetropolen lebten einmal drei Millionen Menschen, heute sind es nur noch 300.000. Die Strom- und Wasserversorgung ist zusammengebrochen. Hier herrscht Bürgerkrieg, den Westen kontrolliert die syrische Armee, im Osten stehen die Rebellen, dazwischen in der Schusslinie – die Zivilisten.

Ruhepause für die Trümmermänner. Rund 100 Euro bekommen sie unter anderem von internationalen Hilfsorganisationen für ihren lebensgefährlichen Job.

Khaled, Chef der Einheit:

»„Angst hat jeder. Ich habe diese Angst besiegt, weil ich weiß, dass meine Hilfe manchen Leuten das Leben gerettet hat. Wenn wir jemanden retten, ist das für uns ein Fest.“«

Khaled riskiert dafür sein eigenes Leben. Wie es in Aleppo weitergehen soll? Alle haben nur einen Wunsch.

Khaled, Chef der Einheit

»„Ich möchte, dass dieser Krieg aufhört. Dass die Bombardements aufhören. Wir brauchen keine Lebensmittel, keine Hilfe, wir wollen nur, dass dieser Krieg endlich aufhört.“«

Khaled ist Chef der Einheit und Lebensretter
Khaled ist Chef der Einheit und Lebensretter | Bild: WDR / WDR

Die Rettungstruppe besteht aus etwa 100 Männern im Alter zwischen 16 und 30 Jahren, wie Alaa, ein Türke, der sein Studium in Istanbul abbrach um in Syrien als Sanitäter zu helfen.

Alaa, Sanitäter

»„Wenn ich sterbe, dann sterbe ich für eine wichtige Sache und nicht wie manch andere Menschen, die umsonst sterben.“«

Wie gefährlich ihr Job ist, haben sie direkt vor Augen: Nicht weit von ihrer Zentrale entfernt, ein Fußballfeld, heute ist es ein Friedhof – drei Kollegen liegen hier – sie starben bei einem Einsatz, als wieder eine Fassbombe in ihrer Nähe explodierte….

Freiwilliger:

»„Wir können einfach nicht vergessen, was passiert ist.“«

Auch das gehört zu ihren Aufgaben: Sie versorgen die Menschen mit frischem Trinkwasser. Mehrmals pro Woche fahren die Helfer mit ihrem deutschen Feuerwehrauto in die Wohnviertel, immer dann, wenn es ruhig ist am Himmel. Nicht immer gibt es genug Wasser, nicht alle sind zufrieden. .

Alter Mann, Bewohner:

»„Gebt mir bitte ein bisschen mehr Wasser“«

Die Bewohner von Aleppo leben in ständiger Angst
Die Bewohner von Aleppo leben in ständiger Angst | Bild: WDR / WDR

Freiwilliger Trümmermann:

»„Mein Lieber, genau wie Du haben andere hier auch wenig Wasser und deshalb muss alles gerecht verteilt werden.“«

Der Blick aus der Windschutzscheibe zeigt, auch die Retter sind im Visier von Scharfschützen….Von ihrer Arbeit hält sie das nicht ab, sie stimmen wieder ihre Hymne an, ihr Lied von den Rettern. Dann wird es ernst, die nächste Fassbombe ist eingeschlagen, es geht immer um Sekunden, aber sie müssen den Explosionsort erst einmal finden. Einen Mann können sie in dem Chaos noch lebend bergen….d a s  ist für die Trümmermänner die Motivation, weiterzumachen.

Tawil, Feuerwehrmann:

»„Unser Land braucht uns jetzt, sagt Tawil, der Feuerwehrmann. Fußballspielen oder eine Freundin haben, spielt im Moment keine Rolle. Die Heimat ist jetzt wichtiger als alles andere.“«

Gemeinsam retten, gemeinsam leben: Der ehemalige Anwalt, der Sanitäter, der Feuerwehrmann, sie fühlen sich mittlerweile wie eine Familie, das Leben hier schweißt zusammen und lässt sie den Wahnsinn in Aleppo überhaupt aushalten – Denn schon im nächsten Moment kann eine Fassbombe wieder den Tod bringen.

Autoren: Heribert Roth/Carsten Stormer

Stand: 05.01.2015 09:15 Uhr

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Westdeutscher Rundfunk
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