So., 07.12.14 | 19:20 Uhr
Das Erste
Indien: Der Daniel Düsentrieb von Delhi
Er ist immer auf Achse. Immer in Aktion. Mit Herz und Seele.
Ohne ihn läuft in seinem Betrieb gar nichts.
Seine Ideen, sein Elan, seine Kreativität – schier unerschöpflich.
Sein Spitzname : Daniel Düsentrieb. Er will immer nur das Beste.
Peethambaram Parthasarathy, Diplom-Ingenieur, Erfinder:
Der promovierte Ingenieur hat den ersten Recycling-Betrieb in Indien für Elektroschrott aufgebaut. Ob Kupfer oder Silber, Platin oder Gold. Plastik oder Aluminium. Alle Stoffe werden hier getrennt und zu 99 Prozent wieder verwertet.
Mit modernen Werkzeugen, mit Haube und Mundschutz, mit Schutzbrille und Handschuhen. In Indien ist das die absolute Ausnahme.
Wir drehen in einem der Elendsviertel. Rund 90 Prozent des Elektroschrotts werden auch heute noch in Indien auf primitivste Art und Weise ausgeschlachtet: Ohne Lizenz. Ohne Arbeitsschutz. Oft nur mit bloßen Händen oder einfachsten Werkzeugen zerlegen sie hier Fernseher, Computer oder Mobiltelefone. Verletzungen oder Krankheiten gehören zum Alltag.
Die wertvollen Stoffe wie Kupfer oder Gold werden einfach ausgekocht. Giftige Stoffe wie Arsen oder Blei entweichen. Dämpfe, die krank machen. Das ist illegal. Die indischen Gesetze verbieten das eigentlich. Doch kaum einer hält sich daran. Auch Adil sieht keinen Ausweg.
Adil, Elektroschrott-Verwerter:
Doch er, der Ingenieur und Erfinder, wollte etwas verändern, hat sich Maschinen selbst ausgedacht und sie später bauen lassen. Auch deshalb nennen sie ihn Daniel Düsentrieb. Wie den genialen Erfinder aus Walt Disney. Diese Maschine schneidet die Plastikummantelung auf, um die Kabel herauszulösen. So kann aus dem Innenleben der Kabel Kupfer gewonnen werden. Alles sehr effektiv.
Peethambaram Parthasarathy, Diplom-Ingenieur, Erfinder:
Die Arbeiter und Angestellten im hoch modernen Betrieb von Peethambaram Parthasarathy arbeiten auf der Sonnenseite. Sie erhalten eine professionelle Ausbildung und werden kostenlos medizinisch untersucht. Wie Narsamma Laxmanya. Sie hatte keine Arbeit. Keine Ausbildung. Keine Aussicht auf einen Arbeitsplatz. Bis Peethambaram Parthasarathy sie in ihren Betrieb holte.
Narsamma Laxmanya, Recycling-Mitarbeiterin:
Auch das tägliche Mittagessen für die rund 100 Mitarbeiter ist umsonst. In den Pausen am Morgen und am Nachmittag gibt es kostenlos Tee und Gebäck. Wer möchte, kann nach der Arbeit im Betrieb duschen.
Es sind vor allem Frauen und Witwen, die sonst kaum Aussicht auf einen Job haben, denen der pfiffige Erfinder Arbeit gibt.
Peethambaram Parthasarathy, Diplom-Ingenieur, Erfinder:
Dazu beigetragen hat auch Deutschland. Der Aufbau des Pionierprojektes kostete sieben Millionen Euro. Vom indischen Staat kam kein Geld. Dafür ist die deutsche Entwicklungshilfe eingesprungen.
Die Aufbauhilfe wurde bereits zurückgezahlt. Die Firma hat inzwischen so viele Aufträge, dass sie keine Unterstützung mehr braucht und Gewinne macht. Davon profitieren hier alle. Auch Narsamma Laxmanya und ihr Mann Afroz, der ebenfalls im Betrieb arbeitet. Nach der Arbeit fahren sie gemeinsam nach Hause.
Beide haben es inzwischen zu einem bescheidenen Wohlstand gebracht. Sie haben sich ein kleines Motorrad angeschafft und knapp einen Kilometer vom Betrieb entfernt steht ihr eigenes Haus. Wenn beide einmal krank sind, gibt es weiter Gehalt. Sogar die Hälfte des Schulgeldes für ihre beiden Kinder zahlt der Betrieb. Für Indien sind das geradezu paradiesische Verhältnisse.
Afroz Laxmanya, Recycling-Mitarbeiter:
Peethambaram Parthasarathy, der Daniel Düsentrieb des indischen Elektroschrotts, zeigt, dass sich Visionen verwirklichen lassen. Ein Mann mit Ideen – und einem großen Herz für seine Mitarbeiter.
Autor: Jürgen Osterhage/ARD Studio Neu Delhi
Stand: 05.01.2015 09:15 Uhr
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