So., 22.02.15 | 19:20 Uhr
Das Erste
USA: Die Polizei rüstet auf
Panik, Schüsse, Amoklauf in einem Kino. Mitten drin, drei Polizisten. Laden, zielen, Nerven behalten. Wo hält sich der Schütze versteckt? Eine Frage von Leben und Tod.
Auf dem Parkplatz am Hintereingang kommt es zum Showdown.
Polizist:
Der Täter schießt, Sekunden später liegt er am Boden, von Kugeln durchsiebt.
Polizist:
Wir sind in einem Trainingszentrum für Polizisten im Großraum von Los Angeles. Hier lernen Cops ihre Reflexe zu kontrollieren. Nicht zu früh abzudrücken. Aber auch tödlich zu schießen, zu unserem großen Erstaunen.
Deputy Jim Grady, Trainer:
In ihren Ohren klingt das unerträglich. Die Organisation „Schwarze Leben zählen“, kämpft seit langem gegen Polizeigewalt. Wir sind in Detroit. Viele hier haben selber schon aggressive Kontrollen erlebt. Mitten drin, Ron Scott. Ein Veteran der Bewegung. Er macht den Jungen Mut. Obamas Polizeireform dürfe erst der Anfang sein. Damit nicht immer mehr junge Schwarze erschossen werden - von Polizisten, die schlecht ausgebildet, aber bis an die Zähne bewaffnet sind. Viele Opfer waren noch Kinder. Wie Aiyana, die gerade 7 Jahre wurde.
Ron nimmt uns mit zu Aiyanas Familie. Ihre Großmutter war dabei als das Sonderkommando ihr Haus stürmte. Was dann passierte, sei wie im Krieg gewesen.
Mertilla, Großmutter:
Zufällig filmt ein US Team den Einsatz. Es hält fest, wie die schwerbewaffnete Sondereinheit auf der Suche nach einem Drogendealer das Haus stürmt. Dass Kinderspielzeug im Garten liegt stört sie nicht. Hinterher stellt sich raus, sie hatten sich im Stockwerk geirrt. Auf der Basis von Gerichtsprotokollen werden die Ereignisse nachgestellt. Erst fliegt eine Blendgranate, dann beginnt der Kugelhagel. Der Hund wird erschossen, dann das schlafende Kind. Mertilla, die Großmutter muss sich flach auf den Boden legen.
Ron Scott, Veteran:
Von Aiyana bleiben der Familie nur wenige Fotos. Der Schütze wurde vor Gericht frei gesprochen. Ihm sei kein Fehlverhalten vorzuwerfen. Kein Wort der Anteilnahme, keine Entschuldigung, bis heute.
Mertilla, Großmutter:
Zurück in Rialto, im Großraum von LA. Wir treffen die Polizisten aus dem Trainingszentrum wieder. Hier sind die Körperkameras, die Obama nun angeordnet hat, schon lange im Einsatz. Sergent Lindsay zeigt uns seinen ständigen Begleiter. Aus dem Blickwinkel des Officers nimmt die Kamera jede Begegnung auf.
Während unseres Interviews wird Josh Lindsay zum Einsatz gerufen. Ein flüchtender Unfallfahrer, aggressiv, wahrscheinlich bewaffnet.
Josh Lindsay, Sergent:
Hubschrauber kreisen bereits über dem Versteck. Nachbarn winken nervös. Solche Situationen können leicht eskalieren, erklärt uns Sergent Lindsay. Wir dürfen nicht mit auf das Grundstück. Doch die Körperkamera zeichnet alles auf, was in dem verlassenen Garten vor sich geht. Sollte es zu einer Klage kommen, ist dokumentiert, dass die Polizisten zwar mit dem bissigen Hund drohen, ihn aber nicht wirklich auf den Flüchtigen hetzen. Dieser gibt schließlich auf. Der Einsatz endet ohne Gewalt. 12 Monate bleiben die Aufnahmen nun gespeichert.
Josh Gray Lindsay Sergent:
Das Sonderkommando, das Aiyana erschossen hat, trug keine Kamera. Seit über 4 Jahren kämpft ihre Familie deshalb vergeblich darum, den Schützen zur Verantwortung zu ziehen. Es hat geschneit, als wir Aiyanas Großmutter auf dem Friedhof wieder treffen. Sie muss das Grab ihrer Enkelin erst frei schaufeln. Irgendwie passend sagt Mertilla verbittert. Am Tag zuvor war der Polizist, der die tödlichen Schüsse abgefeuert hat, in dritter Instanz frei gesprochen worden.
Mertilla, Großmutter:
Den Kampf vor Gericht haben sie verloren. Ihnen bleibt nur die Hoffnung, dass sich durch Obamas Polizeireform tatsächlich etwas ändert. Wenn auch Farbige keine Angst mehr haben müssten, von der Polizei erschossen, statt von ihr beschützt zu werden, wäre Ayiana nicht vollkommen sinnlos gestorben.
ARD Studio Washington/ Tina Hassel
Stand: 22.02.2015 20:29 Uhr
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