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Philippinen: 1-Liter Licht für die Armen

Philippinen: 1-Liter Licht für die Armen | Bild: Das Erste

Es ist noch hellichter Tag in Tacloban. Aber in den dunklen Hütten ist die Hand vor Augen kaum zu sehen. Rolando Movilla hat im Wirbelsturm sein komplettes Haus verloren.

In seiner neuer Hütte wird gleich eine simple Plastik-Flasche von der Decke baumeln. Und das Leben der Familie von Grund auf ändern.

Rolando Movilla:

»Wir haben seit drei Monaten keinen Strom. Kein Fernsehen. Kein Licht. Im dunkeln kannst Du nichts machen. Ich freue mich riesig, auf die Flasche aus Licht.«

Licht aus einer Plastikflasche. Dieser Mann – Illac Diaz - hat die so einmalige Idee groß gemacht. In Tacloban installiert er heute sein neuestes Flaschen-Modell.

Es besteht aus einer Solarzelle, einer LED-Leuchte und ein paar Batterien. Das allein reicht aus, um das Leben der Menschen in Tacloban dauerhaft aufzuhellen.

Flasche mit Lampe
Ein Flaschen-Licht in der Nacht

Illac Diaz:

»Das sieht vielleicht nicht wahnsinnig toll aus. Aber es funktioniert. Und das ist das einzige, was für die Leute zählt. Eine Wasserflasche ist vielleicht nicht so toll wie eine Lampe aus der Fabrik. Aber sie bringt Licht zu einer Familie.«

Licht, das nur die Sonne braucht: eine Erfindung wie gerufen in Tacloban. Die Stadt hat wieder angefangen, zu atmen. Drei Monate nach dem Super-Taifun. Die Häuser werden aufgebaut. Die Geschäfte sind wieder geöffnet. Es gibt zu Essen und zu trinken. Nur das vielleicht wichtigste fehlt bis heute: der Strom. Noch scheint die Sonne. Aber später legt sich wie jeden Abend, eine gespenstische Dunkelheit über die Stadt.  Und genau hier kommt Illac Diaz ins Spiel. Mit seinen Lichterflaschen.

Illac Diaz:

»Jeden Tag werden diese Lampen leuchten und zwar für die nächsten drei Jahre. Das hier ist aus der Kraft von Menschen entstehen. Die Filipinos sind ja mutige Menschen. Sie haben ja schon mal einen Diktator aus dem Amt gejagt. Und jetzt stehen wir wieder auf und kämpfen dagegen, dass wir keinen Strom haben.«

Ein Mann, eine Idee, eine Flasche.

Vor knapp drei Jahren haben wir IIlac Diaz kennengelernt. Damals hatte er seine grüne Revolution gerade erst begonnen. Und schnell viele Leute für sich gewonnen. Sogar das philippinische Militaer.

Mit seinen Helfern zog Illac Diaz durch die dunklen Slums von Manila. Zu den Menschen, die sich weder Strom noch Glühbirnen leisten können.

Illac Diaz
Illac Diaz

Die Idee war schon damals so simpel wie genial: Eine Flasche mit Wasser und Chlor gefüllt, auf dem Dach installiert. Scheint die Sonne drauf, bricht sich das Licht in 1000 Strahlen. In den Hütten wird es schlagartig hell. Eine halbe Million Flaschenlichter hat Illac bis heute verteilt. Auf den Philippinen, auch in Kolumbien, in Kenia, Indien, Indonesien. Ein Licht – einfach für alle.

Illac Diaz:

»Häufig denken wir zu kompliziert, wenn wir grüne Technologien erfinden. Und wenn es zu kompliziert wird, dann sind ganz viele Menschen von der Erfindung ausgeschlossen.«

Illacs neueste Erfindung – das solarbetriebene Flaschenlicht – kostet nur etwa 5 Euro. Batterie, LED, ein Solarpanel: Alle Bauteile gibts im Laden um die Ecke. Und die Plastikflasche notfallls vom Müll.

Auch dieses Licht ist so einfach konzipiert, dass fast jeder es nachbauen oder reparieren kann.

Eine brilliante Idee, sagen seine Schüler.

In Tacloban kommt das Solar-Licht erstmals im großen Stil zum Einsatz. llac hat einen Lichter-Workshop organisiert. Seine Schüler sollen lernen, die Flaschenlichter zu bauen. Und später ihrerseits neue Helfer anleiten.

Illac Diaz will, dass sich die Idee wie ein Virus weiterverbreitet.

Illac Diaz:

Das hier ist eine Revolution. Wir übergeben kein fertiges Produkt. Sondern Einzelteile. Und wir machen dich fit, dass Du verstehst, wie es funktioniert. Du kannst es selber reparieren. Denn wenn das Ding kaputt geht, dann kannst du sagen, ich kaufe das nicht neu. Ich repariere es. Dann wechselst Du vielleicht die Batterie oder ein Kabel. Und danach kannst Du die Lampe wieder weiterverwenden.

Es wird dunkel. Tacloban taucht langsam ab in die Nacht. Und Illac Diaz ist wieder unterwegs in den Notunterkünften - mit seinen Wunderlampen. Seit drei Monaten leben die Menschen hier ohne Licht. Sie fürchten Überfälle im Schutz der Nacht. Die Dunkelheit schlägt aufs Gemüt  Jetzt Illacs Flaschenlichter - diesen Moment haben die Menschen sehnlichst erwartet.

Marie Ann Calido:

»Im Dunkeln passieren alle möglichen Dinge. Aber jetzt wird es hell. Endlich kann ich auch abends für die Schule lernen. Wir können zusammensitzen und uns Geschichten erzählen.«

Bis nächstes Jahr will Illac Diaz eine Million Flaschenlichter installieren. In Tacloban, auf den Philippinen, auf der ganzen Welt. Und so seinem Ziel immer näher kommen: sich selbst irgendwann überflüssig zu machen.

Illac Diaz:

»Mein Traum ist es, eine Armee von Erfindern zu haben. Erfinder die noch besser sind als ich.Es bringt nichts, dass eine einzige Person hier hin kommt. Denn ein einzelner kann ja nicht so viel ausrichten. Mein Traum ist, die Leite mitzureißen und irgendwann diese leuchtende Flasche weiterzureichen an die nächste Generation von Erfindern.«

Ein schöner Traum:

Menschen zu ermutigen, sich selbst zu helfen. Einfach, schnell und für jedermann bezahlbar. Illacs Lichterflaschen-Idee hellt nicht nur die dunklen Hütten auf. Sie entzündet auch ein Licht in den Köpfen der Menschen.

Autor: Philipp Abresch, ARD Studio Tokio

Stand: 15.04.2014 10:47 Uhr

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Westdeutscher Rundfunk
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