Mo., 09.07.07 | 04:50 Uhr
Das Erste
Weltspiegel
LIBYEN: Bulgarische Krankenschwestern in der Todeszelle
Autorin: Golineh Atai / ARD Kairo
Es ist ein unglaublich zynischer Poker um Geld, Macht und Nationalprestige. Seit 1999 darben fünf bulgarische Krankenschwestern und ein palästinensischer Arzt in libyschen Gefängnissen, wurden vermutlich gefoltert. Ihnen wird vorgeworfen, absichtlich mehr als 400 Kinder in einem Krankenhaus in Benghazi mit Aids infiziert zu haben. Mindestens 50 Kinder sind seither gestorben. Westliche Experten fanden heraus, dass mangelhafte Hygiene für die Epidemie in dem libyschen Krankenhaus verantwortlich war. Staatschef Gaddafi, seit neuestem dem Westen zugeneigt, will das nicht zugeben. Er würde sonst in seinem „perfekten Staat“ das Gesicht verlieren und den Volkszorn zu spüren bekommen. Die betroffenen Familien fordern je zehn Millionen Dollar Entschädigung. US-Präsident Bush, Frankreichs Präsident Sarkozy, Menschenrechtler und Nobelpreisträger fordern die Freilassung der Krankenschwestern. Am Mittwoch stehen sie in Tripolis wieder vor Gericht. Ihnen droht erneut die Todesstrafe.
FRANKREICH: Selbstmorde im Arbeitsleben
Autorin: Ellen Ehni / ARD Paris
Nach einer staatlichen Studie begeht in Frankreich pro Tag ein Mensch Selbstmord, der in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner Arbeit steht. Diese Verzweiflungstaten sind deutliche Hinweise auf verschlechterte Arbeitsbedingungen, die in manchen Branchen auch zum Risiko für die Allgemeinheit werden können. Im Kernkraftwerk Chinon in der Nähe von Tours haben sich in zweieinhalb Jahren vier leitende Mitarbeiter das Leben genommen. Dominique Peutevynck war zuständig für Sicherheit, tat alles für den Job. Doch irgendwann hielt er es nicht mehr aus und warf sich vor einen Zug. Die Gewerkschaften haben mehrmals gewarnt, dass ein größerer Störfall in Chinon nicht ausgeschlossen ist. Doch die Geschäftsführung will nichts davon wissen. Effizienz und Profitmaximierung scheinen wichtiger zu sein. Eine bedrückende Reportage aus der modernen Arbeitswelt.
NEW YORK: Chinesisch-Unterricht für Dreijährige
Autor: Michael Heussen / ARD New York
Happy ist erst vier Jahre alt und spricht schon fließend Mandarin. Schließlich wird das die Sprache der Zukunft sein, meinen ihre Eltern aus der New Yorker Oberschicht. Das 21. Jahrhundert wird das Zeitalter der Chinesen sein, glauben immer mehr gebildete und reiche Amerikaner. Deshalb sollen ihre Kinder perfekt chinesisch sprechen und denken lernen. Für die New Yorker Elite gehört der Chinesischunterricht für Dreijährige längst zum Schulalltag. Um Mandarin wirklich zu beherrschen, muss man als Kind mit dem Lernen anfangen. Natürlich sind die Kinder der Reichen bevorzugt, weil sie oft zuhause noch eine chinesische Nanny haben. Immerhin gibt es jetzt auch öffentliche Schulen, die ihren Schülern Chinesischunterricht anbieten, kostenlos. New York setzt mal wieder Trends: der Nachwuchs soll am Aufstieg Chinas zur wirtschaftlichen Supermacht teilhaben.
VIETNAM: Elite von morgen
Autorin: Ariane Reimers / ARD Singapur
Vietnam - ein zweites China? Das Land verändert sich schnell. Vor zehn Jahren fuhren in Hanoi nur Fahrräder, heute sind es Motorroller, bald werden es Autos sein. Doch das Land ist weit von einer Demokratie entfernt. Die kommunistische Partei regiert nach wie vor. Presse und die öffentliche Meinung werden kontrolliert. Aber die Märkte sind frei. Ähnlich wie in China hoffen nun Tausende junge Vietnamesen auf ihre Chance. Auch Phuong will im Ausland studieren und eines Tages als Manager oder Angestellter in einem internationalen Unternehmen viel Geld verdienen. Deswegen lernt er von morgens bis abends. Die jungen Vietnamesen haben begriffen: Aufstieg läuft über Bildung. Um einen der begehrten Jobs zu bekommen, brauchen sie gute Noten. Vor allem für Studenten aus den armen Provinzen ist Lernen die einzige Chance. Freizeit gibt es nicht. Auch Phuong will es unbedingt schaffen.
JAPAN: Die Polizei spielt Staatsanwalt
Autor: Mario Schmidt / ARD Tokio
Japanische Polizeistationen gelten als Brutstätten für Geständnisse. Die Polizei nimmt Verdächtige oft solange in die Mangel, bis sie ein Geständnis unterschreiben. Das gilt dann als Königsbeweis und ist wichtiger als Indizien. Da die Öffentlichkeit und die Medien schnell Täter sehen wollen, steht die Polizei unter großem Druck. Statt nach Beweisen zu suchen, konzentrieren sie sich oft darauf, schnell ein Geständnis zu bekommen. Unter Druck legen 95 Prozent der Verhafteten ein Geständnis ab, egal ob schuldig oder unschuldig. Vielen wird in Aussicht gestellt, mit einem Bußgeld davon zu kommen. Staatsanwälte und Richter hinterfragen die Berichte der Polizei oft nicht und verurteilen einfach. Die Anwälte fühlen sich machtlos. Verglichen mit Deutschland oder Amerika gibt es auch nur sehr wenige. In der demokratischen Welt ist solcher Art Rechtsbewußtsein wohl einzigartig.
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