SENDETERMIN Mo., 06.04.09 | 04:50 Uhr | Das Erste

Weltspiegel

Türkei: Obama reicht die Hand

"Und der moslemischen Welt sage ich: Wir suchen nach einem neuen Weg nach vorn. Gegründet auf gemeinsame Interessen und gegenseitigen Respekt." So reichte Barack Obama in seiner Vereidigungsrede der islamischen Welt nach den düsteren Bush-Jahren zumindest verbal die Hand. Jetzt geht er mit seinem Türkei-Besuch einen Schritt weiter. Doch der US-Präsident wird ein Land der Widersprüche vorfinden: Das NATO-Mitglied ist zwar enger Verbündeter des Westens, trennt scharf zwischen Staat und Religion, will Mitglied der Europäischen Union werden. Das westliche Lebensmodell ist seit Jahrzehnten Vorbild. Doch mittlerweile ist der Islam für viele Türken keine Privatsache mehr, sondern politisches Leitmotiv. Der Ministerpräsident ist strenger Moslem, gefällt sich als Interessenvertreter der islamischen Nachbarländer. In Istanbul prallen die gegensätzlichen Lebenswelten streng religiöser und westlich liberaler Einwohner aufeinander. Der islamistische Intellektuelle Abdurrahman Dilipak ist wegen seiner Einstellung schon mit hunderten von Prozessen überzogen worden. Dennoch bleibt er in seinem Land und kämpft weiter für eine islamistische Politik. Für den Chemiestudenten Can Kücükosmanoglu und seine Freundin Elif Oguz gibt es dagegen nur eine erstrebenswerte Lebensweise - den ,American Way of Life'. Die beiden haben sehr unterschiedliche Erwartungen an den neuen Führer der westlichen Welt, der seine Europa-Reise in einem muslimischen Land beendet.

Autor: Peter Althammer, ARD Istanbul

Nordkorea: Der lange Marsch in die Freiheit

Die Rakete fliegt, das Volk flieht: Mehrere hundert Millionen Dollar dürfte Nordkorea der Test einer mutmaßlichen Langstreckenrakete kosten, die in den nächsten Tagen starten soll. Währenddessen leidet die Bevölkerung unter Armut, Unterdrückung und Hunger. Nordkorea ist ein Gefängnis. Die Flucht aus diesem anachronistischen Staat unter dem Regime von Kim Jong-Il scheint vielen der einzige Ausweg. Viele Flüchtlinge tauchen in China unter, einige tausend wagen jedes Jahr die große Flucht. Doch danach fängt die Tortur erst an: Unterstützt von meist südkoreanischen Christen fliehen sie anschließend in Zügen, Bussen und zu Fuß durch Dschungel, Flüsse, über Grenzen. Mehr als 5000 Kilometer legen sie zurück, erst durch China, dann durch Laos, Vietnam oder Kambodscha, immer in der Angst, entdeckt und an Nordkorea ausgeliefert zu werden, wo gefassten Flüchtlingen Gefängnis, Folter und sogar Erschießung drohen. Das Ziel heißt Thailand. Von dort können die Flüchtlinge nach Seoul in Südkorea ausfliegen. - Südkoreanische Journalisten haben ein Jahr lang die Grenze beobachtet und Nordkoreaner wie den erst zehnjährigen Chun Min auf ihrer dramatischen Flucht durch halb Asien begleitet.

Autor: Mario Schmidt, ARD Tokio

Westjordanland: Der letzte Hirte

Fayez Khuriyeh ist der letzte christliche Hirte im Westjordanland. Zusammen mit seiner Frau und seinen Kindern führt er ein kärgliches, aber freies Leben. Hala, seine Frau, macht aus der Schafsmilch Käse, den sie dann verkauft. Von diesem Geld versuchen sie zu leben. Ab und an verkaufen sie ein Schaf, aber das reicht nicht, nachdem das Futter für die Tiere in den letzten Jahren so teuer geworden ist. Doch Fayez liebt die Landschaft, das Leben mit den Tieren. Er möchte diese Unabhängigkeit für nichts hergeben. Ab und zu wird das gleichmäßige Leben unterbrochen - dann, wenn jemand aus dem Dorf ein Schaf opfert, um von Gott einen Gefallen zu erbitten oder um Dank zu sagen, wie jetzt Fayez' Frau Hala. Das Schaf wird geschlachtet, danach taucht man, nach altem Ritus und in Gedenken an das Pessachlamm aus dem Alten Testament und die Kreuzigung Christi im Neuen Testament die Hände in das Blut des Tieres und malt damit ein Kreuz an die Häuserwand. Das soll Glück bringen und beschützt. Ein alter Brauch in der Region, den auch Pater Raed Sahliyen den Menschen im Dorf nicht abgewöhnen kann - zu tief ist diese Tradition im Leben dieser Christen verankert.

Autor: Richard C. Schneider, ARD Tel Aviv

Indonesien: Züchtig und zugeknöpft zur Wahl

Am 5. April endet im bevölkerungsreichsten muslimischen Land der Welt mit 190 Millionen Einwohnern der Wahlkampf für die Parlamentswahlen, am kommenden Donnerstag (09.05.2009) ist Urnengang. Einer der Hauptstreitpunkte im Reich der 17.000 Inseln ist das so genannte "Anti-Pornographie-Gesetz", das Ende vergangenen Jahres in Kraft trat. Dabei gilt hier schon als Pornographie, worüber im Westen selbst strengste Moralapostel nicht mal die Stirn in Falten legen würden: Tänzerinnen von Nachtclubs drohen Haftstrafen, die indonesische Ausgabe des "Playboy" musste zumachen, Eingeborene auf Papua sollen ihr Penis-Futteral ablegen und Unterhosen tragen. Islamistische Parteien erachten das Gesetz als notwendig, um Frauen und Kinder vor der angeblich zunehmenden Unmoral im Lande zu schützen. Wenn diese Parteien, die bei der letzten Wahl überraschend gut abschnitten, erneut zulegen, werden sie ihren Einfluss geltend machen wollen und für eine noch schärfere Anwendung des Gesetzes plädieren. Noch ist Indonesien ein säkularer Staat und damit ein Vorzeigeobjekt auch für die neue US-Regierung, die das demokratische Land gern als Blaupause für die muslimische Welt propagieren möchte, als Brücke zwischen den Religionen und Kulturen. Doch eine Einrichtung wie das Anti-Pornographie-Gesetz zeigt, dass auch in Indonesien der Kampf der Kulturen schon längst begonnen hat.

Autor: Robert Hetkämper, ARD Singapur

Simbabwe: Neue Regierung, altes Elend

Nach viel Blutvergießen arbeiten Despot Robert Mugabe und der frühere Oppositionsführer Morgan Tsvangirai nun zusammen, jedenfalls auf dem Papier. Das Ende der Krise? Keineswegs. Zwar hat die neue Regierung den US-Dollar und den südafrikanischen Rand zugelassen und damit für etwas Entspannung gesorgt. Aber der Westen ist immer noch zurückhaltend mit seiner Hilfe, solange Mugabe an der Macht ist. Es bleiben Zweifel, ob der Tod von Tsvangirais Ehefrau Susanne wirklich ein Verkehrsunfall war oder nicht doch ein fingierter Mordanschlag. In diesem Vakuum leiden besonders die Ärmsten, die Häftlinge in Simbabwes Gefängnissen. Der simbabwische Kameramann Godknows Nare hat heimlich für den "Weltspiegel" in den Haftanstalten gedreht: den Gefangenen Nr. 15808, Brian Ngambo, der wegen eines Einbruchs zu zwei Jahren Haft verurteilt wurde. Niemand weiß, ob er diesen Einbruch tatsächlich begangen hat oder ob er Opfer einer politischen Intrige wurde. Brian aber weiß, dass er seine Zelle wahrscheinlich nicht lebend verlassen wird. Zu schwach ist der unterernährte 26-Jährige bereits. Der weiße simbabwische Politiker Roy Bennett ist selber erst vor wenigen Tagen aus dem Gefängnis entlassen worden, in das er rechtswidrig gesteckt worden war - einen Tag nach Morgan Tsvangirais Vereidigung zum Premier. Bennett erzählt, wie ein toter Häftling in seiner überfüllten Zelle erst nach einem Tag abtransportiert wurde. Reportage aus einer afrikanischen Hölle.

Autor: Richard Klug, ARD Johannesburg

0 Bewertungen
Kommentare
Bewerten

Kommentare

Kommentar hinzufügen

Bitte beachten: Kommentare erscheinen nicht sofort, sondern werden innerhalb von 24 Stunden durch die Redaktion freigeschaltet. Es dürfen keine externen Links, Adressen oder Telefonnummern veröffentlicht werden. Bitte vermeiden Sie aus Datenschutzgründen, Ihre E-Mail-Adresse anzugeben. Fragen zu den Inhalten der Sendung, zur Mediathek oder Wiederholungsterminen richten Sie bitte direkt über das Kontaktformular an die ARD-Zuschauerredaktion: https://hilfe.ard.de/kontakt/. Vielen Dank!

*
*

* Pflichtfeld (bitte geben Sie aus Datenschutzgründen hier nicht Ihre Mailadresse oder Ähnliches ein)

Kommentar abschicken

Ihr Kommentar konnte aus technischen Gründen leider nicht entgegengenommen werden

Kommentar erfolgreich abgegeben. Dieser wird so bald wie möglich geprüft und danach veröffentlicht. Es gelten die Nutzungsbedingungen von DasErste.de.

Sendetermin

Mo., 06.04.09 | 04:50 Uhr
Das Erste

Produktion

Norddeutscher Rundfunk
für
DasErste