SENDETERMIN Mo., 03.08.09 | 04:50 Uhr | Das Erste

Weltspiegel

Israel: Die Siedler - Zündeln im Heiligen Land

Sie kümmern sich einfach nicht drum. Ob im Ostjerusalemer Stadtteil Sheikh Jarrah, im sogenannten ?Outpost' Nofei Yarden oder in der Baracken-Siedlung Mitzpe Avichai: Während hochrangige Politiker, an der Spitze US-Präsident Obama, in diesen Tagen lautstark ein Ende des illegalen Siedlungsbaus fordern, schalten strenggläubige, israelische Siedler auf stur. Und wird ihr provisorisches Hüttendorf auch auf Regierungsgeheiß von der eigenen Armee plattgemacht - sie bauen es trotzig wieder auf. So wie Zavya, die junge Mutter von zwei Kindern, und ihr Vater Dawid, der vor 37 Jahren aus Hamm nach Israel ausgewandert ist. Die vom Rest der Welt geforderte Zwei-Staaten-Lösung mit den Palästinensern ist für diese Israelis ohnehin nicht akzeptabel, also versuchen sie im Westjordanland und in Ostjerusalem Fakten zu schaffen - und das ausgerechnet in einer Phase, in der die internationale Diplomatie ihre Bemühungen um eine Beendigung des Nahostkonflikts wieder verstärkt. Der ARD- Korrespondent Richard C. Schneider war bei diesem abstrusen Treiben hautnah dabei und bekam immer wieder die gleichen Antworten auf die Frage nach dem Warum: Dies sei heiliges Land, und Obama rede Blödsinn. Währenddessen sitzt in Sheikh Jarrah der Palästinenser Muhammad al Sabach in einem Protestzelt und versucht, die - aus seiner Sicht - Vertreibung seiner Landsleute aus Ostjerusalem zu verhindern.

Autor: Richard C. Schneider, ARD-Studio Tel Aviv

Schweden: Mückenhölle statt Sommeridyll

Alle Zerstochenen und Genervten sind sich einig: So schlimm war's noch nie! Die Region um den naturgeschützten Flusslauf des Dalälven in Mittelschweden: menschenleer, verwaist. Niemand traut sich mehr nach draußen angesichts der Myriaden von Mücken, die hier Mensch und Tier nur Böses wollen. Und dabei tun die Schweden nach ihren langen dunklen Wintern doch nichts lieber, als sich im Sommer im Freien aufzuhalten. Aber daran ist jetzt nicht mehr zu denken. Ein Horror auch für alle Urlauber, die hier ausspannen wollen. Und Mückenforscher warnen: In den kommenden Jahren könnte es angesichts des Klimawandels noch schlimmer werden. Denn mit den wärmeren, feuchteren Sommern und sich ausweitenden Überschwemmungszonen verbessern sich die Lebensbedingungen der Quälgeister zusehends. Bis in die Hauptstadt Stockholm sind die Schwärme schon vorgestoßen. Da hilft auch die Knoblauch-Keule von Mücken-Opfer Rolf Lunden nicht. Seine Kinder bleiben diesen Sommer drinnen - Hausarrest statt Sommerfrische. Das ARD-Team übrigens trug während des Drehs trotz knapp 30 Grad dicke Kleidung, Gesichtsschutz und eine Wolke aus Mückenspray. Lieber schwitzen als gestochen werden!

Autorin: Claudia Buckenmaier, ARD-Studio Stockholm

Ägypten: Abgewrackt - Kairos Schrott-Taxis

Die Wirtschaft stottert kräftig, die Luft ist zum Schneiden dick, und die Straßen Kairos sind chronisch mit alten und stinkenden Autos verstopft. Da nimmt sich die ägyptische Regierung ein Beispiel an Deutschland, verteilt jetzt Verschrottungsboni und zinsgünstige Kredite. „Wir haben uns von den Deutschen die Abwrackprämie abgeschaut", sagt Mohamed Shawky vom ägyptischen Finanzministerium. Schätzungsweise 45.000 Taxis, die mehr als 20 oder sogar 30 Jahre auf dem Buckel haben, verpesten die Luft der Metropole. Die Oldtimer haben weder Klimaanlage noch Taxameter. Und die vor sich hinschwitzenden Fahrer sind ebensolche Urgesteine, die gerne lauthals und manchmal sogar brüllend mit den Fahrgästen um willkürlich festgesetzte und meist zu hohe Fahrpreise streiten. Einer von ihnen ist Fawzy Sayed Ahmed. Der über 60-jährige fährt einen betagten Peugeot, der nur noch schwer am Leben zu halten ist. Der Wagen verliert ständig Benzin, mal versagt die Kupplung, und ab und zu klappt während der Fahrt auch einfach die Vorderhaube hoch. Selbst auf der letzten Fahrt zum Autofriedhof will das Gefährt partout nicht ankommen, es streikt - wie so oft - auf einer belebten Straße. „Es war Zeit, dass die Regierung dieses Programm aufgelegt hat", sagt Ahmed, „lange hätte es mein Auto nicht mehr gemacht".

Autor: Stefan Rocker, ARD-Studio Kairo

Marokko: Wartesaal für Europa

Sie hausen in Zelten in einem Wald bei Oujda und wollen nach Spanien: Afrikaner, die vor Bürgerkrieg und Armut fliehen und nur ein Ziel haben, die „Festung Europa". Cynthia aus Nigeria hat unter diesen menschenunwürdigen Bedingungen sogar ihren jetzt drei Monate alten Sohn geboren. Doch Cynthia und mit ihr mehr als 10.000 Schwarzafrikaner, die sich illegal in Marokko aufhalten, kommen nicht weiter. Marokko lässt sie nicht. Sie stecken fest. Das nordafrikanische Land hat mit der EU ein Abkommen geschlossen und verpflichtet sich - wie ein Gendarm für den reichen Kontinent - , nicht nur die eigenen Bürger zurückzunehmen, sondern auch Staatenlose und Menschen aus Drittländern festzuhalten, die über Marokko nach Europa wollen. Das lässt man sich von den Europäern teuer bezahlen, es bedeutet aber für viele Schwarzafrikaner auf dem Weg Richtung Norden erst einmal: Endstation. Europa wäscht seine Hände in Unschuld, seine Abschottungspolitik verlagert ein Problem auf Länder, die selbst schon genug Sorgen haben. Im Norden Marokkos, fast an der algerischen Grenze, haben sich wilde Lager mit Flüchtlingen gebildet. Denn nach Algerien schieben die Marokkaner ab, und von dort kommen die Flüchtlinge wieder zurück, ein Teufelskreis.

Autorin: Annekarin Lammers, ARD-Studio Madrid

Thailand: Knigge für liederliche Mönche

„Never touch a monk - Finger weg von einem Mönch" - der Satz gehört zu den ersten Weisheiten, die einem Thailand-Touristen mitgegeben werden. Schließlich gelten die Mönche als Mittler zwischen Mensch und Gottheit. Also gebührt ihnen Respekt und Anerkennung. Und doch: Mönche sind auch nur Menschen. Menschen, die sich bei aller Entsagung gelegentlich sehr weltlichen Genüssen hingeben: rosa Handtäschchen am Arm, Cocktail in der Hand, Besuch bei der Maniküre oder in der Karaoke-Bar - ein ausgesprochen liederlicher Lebensstil. Nun kursieren solche Bilder in Thailands Zeitungen und sorgen für heftige Diskussionen. Die Thais sind entsetzt und auch so mancher Abt. Phra Vajiramedhi zum Beispiel aus Chiang Rai im Norden Thailands. Er will nun das Image der Mönche aufpolieren und hat deshalb eine Art Knigge geschrieben. Gleichzeitig lädt er zum Benimm-Seminar: Wie geht der gute Mönch - lässig oder aufrecht? Wie kurz schneidet er seine Haare und wie züchtig schnürt er seine Robe? Auch, dass Zigaretten nichts sind für einen jungen Novizen und keine rot lackierten Fingernägel - all das steht auf dem Lehrplan der Tempelschule. Der „Weltspiegel" hat sich für einen Tag in den Klassenraum gesetzt ...

Autor: Philipp Abresch, ARD-Studio Singapur

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