So., 21.03.10 | 19:20 Uhr
Das Erste
Weltspiegel
GRIECHENLAND: Leben und zahlen lassen?
Autor: Martin Weiss / ARD-Korrespondent
Die wütenden Proteste in Athen gegen das Sparprogramm der Regierung können nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele Griechen mittlerweile die prekäre Finanzlage ihres Landes begriffen haben. „So kann es nicht weitergehen!" - das sagen viele. Auf dem Land, in der Region Kalamata auf dem Peloponnes zahlt der Olivenbauer keine Steuern, kriegt dafür aber EU-Subventionen - und findet das ganz normal. Während Hochschulabsolventen, die sogenannte „Generation 700 Euro", froh sein können, wenn sie nach ihrem Abschluss überhaupt eine Arbeit bekommen, ihr Schicksal als Theaterstück aufbereiten, verwaltet die Finanzbehörde in Kalamata in erster Linie sich selbst und viel zu viele Mitarbeiter schieben den ganzen Tag Belege hin und her. Im Moment weiß keiner so richtig, wie das Land aus der Krise herauskommt. Zumal gilt noch immer die Devise: Die Banditen, das sind immer die anderen und wenn es der Nachbar ist.
VENEZUELA: Mit Vollgas in die „Kubanisierung"
Autor: Stefan Schaaf / ARD Mexico City
In den kleinen Supermärkten Venezuelas werden verbilligte Lebensmittel, die fast alle aus dem Ausland importiert sind, an Bedürftige verteilt - und das Konterfei von Präsident Hugo Chavez ist als Poster allgegenwärtig. Grundnahrungsmittel wie Milch, Zucker oder Mehl sind in Venezuela mittlerweile Mangelware. Seit Wochen verschärft sich die Energiesituation; schon musste der Notstand ausgerufen werden: In Caracas und im ganzen Land wird täglich für mehrere Stunden der Strom abgeschaltet. Das Land leidet unter einer Dürreperiode, deswegen liefern die Staudämme nicht genügend Strom. Aber die Regierung hat es seit Jahren versäumt, in die Infrastruktur zu investieren. Damit ist die Energielage symptomatisch für die Situation im ganzen Land. Denn gleichzeitig lässt sich der Präsident nicht in seinem manischen Eifer beirren, immer neue Industriezweige zu verstaatlichen. Und die liegen dann brach. Venezuela auf dem Weg in die „Kubanisierung."
SÜDKOREA: Ein neues Gesicht für die Karriere
Autor: Mario Schmidt / ARD Tokyo
Schönheit, Ästhetik und auch Körpergröße - das sind in Südkorea knallharte Kriterien für den Erfolg im Leben, beruflich wie privat. Und wenn die Natur einmal hinter den Standards zurückbleibt, dann lässt die Mutter den Sohn auch schon mal in die Streckmaschine stecken. 1,80 Meter bringen einem Mann gute Chancen auf dem Heiratsmarkt - an dieser Zielmarke orientiert sich angeblich die südkoreanische Frauenwelt. Was früher nur für Stars und Sternchen galt, ist heute für alle wichtig und scheint schon ganz normal: Auf die äußeren Merkmale kommt es zumindest beim Vorstellungsgespräch an. Und da hilft eine ganze Industrie nach: Schönheitsoperationen fördern die Karriere und steigern den wirtschaftlichen Wert des Menschen. Deshalb legen sich in Seoul vor dem Bewerbungsgespräch immer mehr Kandidaten erstmal unters Messer. Als Vorbilder gelten die Gesichter der Filmstars.
BOLIVIEN: Das musikalischste Dorf Südamerikas
Autor: Thomas Aders / ARD Rio de Janeiro
Vorspielen in Santa Cruz um einen der begehrten Studienplätze in Musik. Vier der fünf Stipendien gehen an Musiker aus Urubichá, einem kleinen Dorf im Savannentiefland Boliviens. Dort leben die Guarayo-Indios, eigentlich ein ziemlich kriegerischer Nomadenstamm, den katholische Missionare erst vor 150 Jahren sesshaft machten. Ausgerechnet dort, wo der sprichwörtliche Pfeffer wächst, finden sich ungewöhnlich viele musikalische Ausnahmebegabungen im vermutlich musikalischsten Dorf Südamerikas.
IRAN: Neujahr im Gottesstaat
Autor: Peter Mezger / ARD Teheran
ARD-Korrespondent Peter Mezger und sein Team haben von der Regierung endlich wieder eine Drehgenehmigung bekommen und durften zu einem vermeintlich unpolitischen Ereignis in die alte Stadt Yazd: Dort leben noch 7.000 Zarathustrier, Anhänger der Vorläuferreligion des Islam. In ihrem Haupttempel brennt seit 1.500 Jahren ununterbrochen ein heiliges Feuer
ein Symbol ihres kulturellen Erbes, das nur mit vielen Schwierigkeiten erhalten werden kann, denn die Zarathustrier werden immer weniger: Viele wandern aus oder treten zum Islam über. Ihr Neujahrsfest hat sich dagegen im ganzen Land verbreitet: Ein großer Frühjahrputz und dann wird zwei Wochen lang der Frühlingsbeginn gefeiert. Die Mullahs sehen das Fest zu Ehren des Propheten Zarathustra mit Unbehagen und stempeln es als „unislamisches Feuerfestival" ab. Viele Iraner wollen dieses Jahr besonders laut „feiern" - auch als Protest gegen das Regime von Präsident Achmadinedschad.
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