Mo., 19.09.11 | 05:00 Uhr
Das Erste
Weltspiegel
Südafrika: Wie im Krieg - Blutige Schlacht um Nashörner:
Allein im vergangenen Jahr wurden in Südafrika exakt 333 Nashörner gewildert - fast jeden Tag ein Tier. Nashörner sind vom Aussterben bedroht. Und brutale, hochgerüstete Wilderer-Banden beschleunigen diesen Prozess: Für dieses Jahr wird mit 450 bis 500 gewilderten Rhinozerossen gerechnet. Treibende Kraft hinter der blutigen Schlacht sind die immensen Preise, die für das Horn der Kolosse gezahlt werden - auf dem asiatischen Markt bis €50.000 pro Kilogramm. Dort gilt das aus Keratin bestehende Horn als medizinisches Wundermittel, Beweise dafür fehlen. Angriffsziel der Wilderer sind in erster Linie private Reservate, deren Eigentümer es sich nicht leisten können, eine eigene Armee zum Schutz der Tiere aufzubieten. Der Weltspiegel war zwei Autostunden von Kapstadt entfernt im privaten Aquila Wildreservat unterwegs, dessen entsetzter Eigentümer Searl Derman sagt: „Ich fühle mich wie im Krieg."
Autor: Ulli Neuhoff, ARD-Studio Johannesburg
USA: Schicht und Schule - Kinderarbeit im reichsten Land der Welt: Kinderarbeit, das klingt nach Bangladesch, Kenia oder Kambodscha. Doch ausgerechnet jenes Land, das am meisten gegen die Kinderarbeit investiert, lässt daheim die Kleinen schuften. Dank einer Gesetzeslücke dürfen Kinder in den USA ab zwölf Jahren unbegrenzt in der Landwirtschaft arbeiten - mit Genehmigung der Eltern sogar früher. "Wir brauchen das Geld, das unsere Kinder verdienen", sagt Ophelia Ariza, "wie sollen wir sonst überleben?" Und so steht der 13jährige Daniel in der Erntezeit jeden Morgen um sechs Uhr auf, um zwölf Stunden Unkraut zu jäten oder Tabak zu pflücken. Nur so kann sich der Junge aus North Carolina seine neue Schuluniform leisten, die seine Schulkameraden ganz selbstverständlich von den Eltern bekommen. Mindestens 300.000 Kinder arbeiten auf amerikanischen Feldern, so die Organisation ?Human Rights Watch'. Dass sich das ändert ist unwahrscheinlich, zu stark ist die Lobby der Bauern.
Autorin: Marion Schmickler, ARD-Studio Washington
Südkorea: Angst vorm Feind - Mobilmachung im Freizeit-Camp: Der pinke Nagellack passt nicht so richtig zur Camouflage-Uniform, der Lippenstift unterm Gefechtshelm, na ja ... Ohnehin sitzt der schief auf dem Kopf, weil ein bisschen groß. Am Stadtrand von Südkoreas Hautstadt Seoul trainiert in seiner Freizeit, wer sich wappnen will für die Invasion aus dem gefürchteten Norden: Jungen und Mädchen zwischen 14 und 18, manchmal auch ein paar Hausfrauen oder Vorruheständler. Gastgeber ist die "3. Special Forces Brigade" - eine Eliteeinheit der südkoreanischen Armee. Tagelang trainieren die harten Kämpfer hier den militärischen Nachwuchs: Abseilen vom Hubschrauber, Gymnastik unter Tränengas, Schlauchbootfahren - dazwischen immer wieder Liegestütze für alle, die ihre Ohren nicht gewaschen haben. Mancher humpelt auf Ringelsocken zurück auf die Stube. Aber wer hier überlebt, wird den nächsten Artillerieangriff aus dem Norden sicher locker wegstecken.
Autor: Philipp Abresch, ARD-Studio Tokio
China: Erlaubt, doch nicht gewollt - Unabhängige Kandidaten: Mehr unabhängige Kandidaten als je zuvor wollen in diesen Tagen an den chinesischen Lokalwahlen teilnehmen. Theoretisch kann sich jeder Bürger auf die Wahllisten setzten lassen, wenn er zehn Unterstützerstimmen nachweisen kann. Praktisch aber schaffen viele noch nicht einmal diesen ersten Schritt, denn Lokalregierungen verhindern mit aller Macht Kandidaturen, obwohl die meisten der Kandidaten sich noch nicht einmal die herrschende Ordnung in Frage stellen, sondern sich nur für das Gemeinwohl einsetzen, gegen Korruption und Behördenwillkür kämpfen wollen. Damit allerdings stellen sie den autoritären Machtanspruch der kommunistischen Partei in Frage.
Yao Lifa ist seit vielen Jahren aktiv, einmal hat er es sogar schon in ein Lokalparlament geschafft. Dieses Jahr will er sich wieder als Kandidat aufstellen lassen. Er hat einen Leitfaden über die Wahlgesetze Chinas aufgestellt und informiert andere Bürger über ihre Rechte und ermutigt sie, sich aufstellen zu lassen. Der Preis, den er dafür bezahlt, ist hoch. Wochenlang steht er unter Hausarrest und wird von der örtlichen Regierung und Polizei schikaniert. Dann ist er plötzlich verschwunden. Wochenlang weiß seine Frau nicht, wo er ist. Auch sie wird rund um die Uhr überwacht, Zivilpolizei kontrolliert die Zugänge zu ihre Wohnung, mit ausländischen Journalisten darf sie nicht sprechen. Sie ist gefangen im eigenen Haus, dennoch ist es dem Weltspiegel gelungen, sie zu besuchen und mit ihr zu sprechen. Ein Einblick in die Wahlwirklichkeit eines Landes, das freie Wahlen auf lokaler Ebene zwar per Gesetz garantiert, in der Praxis aber ständig verstößt.
Autorin: Christine Adelhardt, ARD-Studio Peking
Kommentare