Mo., 18.06.18 | 04:50 Uhr
Das Erste
Iran: Frauen im Fußball
Zahra ist glühender Fan des iranischen Fußballvereins Persepolis. Ihr rotes Käppi macht ihre Begeisterung für den Fußballmeister des Iran ziemlich offensichtlich. Genau das will sie. Sie kämpft dafür, dass auch Frauen ins Stadion dürfen. Zahra Khoshnavaz: "Ich hoffe, unser Kampf lohnt sich: Die Offiziellen sollen sehen, dass nichts passiert, wenn Frau und Mann nebeneinandersitzen."
Die Begründung der Islamischen Republik lautet, dass die Männer sich im Stadion so daneben benehmen, dass es nicht gut sei für Frauen, die ganzen Schimpfwörter zu hören. Doch damit kommt Zahra ganz gut zurecht.
Ein Mann im Park erklärt: "Naja, wir iranischen Männer waren nicht immer so. Die Offiziellen haben uns vermittelt, dass es so besser ist."
Zahra zeigt ein Foto und verschafft sich plötzlich ziemlich Respekt in der Männerrunde, denn sie hat es geschafft als Frau ins große Azadi-Stadion in Teheran zu gelangen, an den Sicherheitskräften vorbei, als Mann verkleidet.
Alle Accessoires fürs Stadion
Zahra Khoshnavaz: "Wenn Männer ins Stadion gehen, nehmen sie eine Tröte mit, eine Flagge oder ein T-Shirt. Wir Frauen haben noch extra etwas dabei, das ist unsere Eintrittskarte ins Stadion: einen Bart."
Sie erzählt uns wie nervös sie war, als sie das erste Mal ins Stadion ging: "Als ich dann die zweite Schleuse unerkannt passierte und den grünen Rasen sah, diese Wahnsinns Atmosphäre spürte, musste ich weinen. Erst wenn man drin ist, merkt man, was man jahrelang verpasst hat."
Es ist ein täglicher Kampf um die Stellung der Frauen in der Gesellschaft, nicht nur im Stadion. "Zusammen sind wir Champion" heißt es auf dem Plakat, dass extra für die WM auf einem großen Platz in der Hauptstadt aufgehängt wurde - keine Frau ist darauf zu sehen.
Hinter verschlossenen Türen geben Männer oft zu, dass die Frau dieselben Rechte haben sollte. Doch in der Öffentlichkeit selten. Deshalb ist die Aussage des bekanntesten Fußballers des Iran und Ex-Bayernspielers Ali Daei umso bedeutender: "Ich persönlich hoffe und möchte auch, dass die Frauen eines Tages ins Stadion dürfen. Genauso wie es für die Frauen gut sein wird, wird es auch gut für unseren Fußball sein. Wir werden mehr Zuschauer haben. Die Frauen werden sich freuen und die Männer, da bin ich bin mir sicher, werden dann auch versuchen sich besser zu benehmen."
Hier in einem Wohnzimmer im Privaten klappt es ja auch. Nur das Regime will es nicht sehen, dass Männer und Frauen auch gemeinsam Freude haben können. Public Viewing wurde wie so oft kurzfristig verboten im Iran. Das hindert die jungen Menschen aber nicht daran, mit ihrem Nationalteam mit zu fiebern und in letzter Minute dafür auch noch belohnt zu werden.
Sieg, Jubel und Freiheit
Und plötzlich sind alle Vorschriften egal. Innerhalb von Minuten nach dem 1:0 gegen Marokko sind Teherans Straßen dicht. Ausgelassen feiern Männer und Frauen zusammen den ersten Sieg nach 20 Jahren bei einer WM. Das reine "Männerplakat" wurde übrigens über Nacht ausgetauscht, dieses Mal sind auch Frauen drauf. Die Empörung war zu groß und der Druck auf die Verantwortlichen zu hoch. Also nicht nur ein Sieg im Fußball, sondern auch, zumindest ein kleiner für die Frauen.
Autorin: Natalie Amiri, ARD Teheran
Stand: 05.08.2019 04:27 Uhr
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