Mo., 05.03.18 | 04:50 Uhr
Das Erste
Italien: Politisches Facelift für Berlusconi
Er kann es nicht lassen! Er hält sich für den Supermann! Viele glaubten, er sei längst als Witzfigur in die Sammlung italienischer Ministerpräsidenten eingegangen. Doch der 81-Jährige ist zurück, zieht wieder für die Forza Italia in den Wahlkampf. Sein Motto: Italiener zuerst. Silvio Berlusconi: "Ich stehe hier mit leuchtenden Augen, einer der sicher ist, dass es ihm gelingen wird, der Vertreter des Volkes zu werden."
Wer ist dieses Volk, das von ihm repräsentiert werden will? Marco Travaglio beobachtet Silvio Berlusconi seit Anfang der 90er Jahre. Die Zustimmung, die Berlusconi erhält – für den Journalisten unfassbar: "Für 85 Prozent der Menschen stellt er eine öffentliche Gefahr dar. Und dann gibt es 15 Prozent, die ihn wählen werden. Das sind zum Teil ältere Personen, die nicht gut lesen und schreiben können, die vor allen neuen Dingen Angst haben. Dabei kann er ja gar nicht Premier werden! Er durfte zwei Jahre nicht mal selbst wählen! Er ist gesperrt für den öffentlichen Dienst. Bis vor Kurzem musste er sogar um Erlaubnis bitten bei Auslandsreisen, da der Pass eingezogen war."
Berlusconi unterwegs
Jetzt reist er wieder – auch nach Brüssel. Wie selbstverständlich präsentiert sich der Medienmogul auf dem europäischen Parkett, als habe er nie aufgehört zu regieren. Er erhält Wahlkampfunterstützung auch von konservativen Politikern. Doch Ministerpräsident kann er nicht werden. Unzählige Prozesse liefen gegen ihn und in einem wurde er 2013 wegen Steuerhinterziehung in letzter Instanz rechtskräftig zu vier Jahren Haft verurteilt. Zur Strafe gehört: Rückgabe des Senatorenpostens und bis 2019 ist er für politische Ämter gesperrt. Doch dagegen kämpft er vor dem Europäischen Gerichtshof. Wann das Urteil fällt: ungewiss.
Das Land zum Schlechten verändert
Berlusconi hat das Volk aufgerufen, keine Steuern zu zahlen, schmückte sich mit seinen Bunga-Bunga-Partys. Marco Travaglio: "Er hat Italien zum Schlechten verändert. Es ist schon immer ein Land der Trickser gewesen, ein Land, wo die Hälfte ehrlich arbeitet und Steuern zahlt und die andere sind Schlaumeier, die vom Betrug der ehrlichen Hälfte leben, mit Steuerhinterziehung, Bilanzbetrug, Korruption. Früher hat man das heimlich gemacht. Aber seitdem Berlusconi da ist, macht man es mit Stolz."
Sein Mitte-Rechts-Bündnis – gemeinsam mit Salvinis Lega und Melonis Fratelli d'Italia – verspricht Berlusconi Mindestrenten und niedrige Steuern. Er wettert gegen Migranten: "Soziale Bomben" nennt er Flüchtlinge. Themen, die bei den Wählern ziehen: "Wir haben ein Problem mit 600.000 Flüchtlingen, die für Unsicherheit sorgen. Um das Problem zu lösen, müssen wir all jene zurückschicken, die nach geltendem Recht nicht hier sein dürfen und zudem noch kriminell sind."
Silvio Berlusconi, mit 81 Jahren gesundheitlich angeschlagen, doch für viele noch immer ein Superstar. Mit ihm sei alles besser gewesen. Er könnte jetzt Königsmacher einer neuen Regierung sein. Möglich, dass er sie dann platzen läßt, wenn er selbst wieder Ministerpräsident Italiens werden kann.
Autorin: Ellen Trapp, ARD Rom
Stand: 01.08.2019 07:49 Uhr
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