Sa., 22.10.22 | 16:30 Uhr
Das Erste
Weltspiegel-Reportage: Alle lieben Ota
Große Kunst aus Böhmen
Galerien in New York und Paris bieten seine Grafiken an, gerade hat er eine Ausstellung in Prag. Als Künstler ist Ota Prouza weltweit anerkannt, doch er selbst weiß davon nicht viel. Vormittags faltet er Wäsche in einem Behindertenheim, nachmittags durchstöbert er unermüdlich die Container des gesamten Umlandes nach alten Zeitschriften, aus denen er Ausschnitte in tagebuchartige Journale klebt. Der 62-Jährige ist mental zurückgeblieben, lebt in einer Einrichtung für geschütztes Wohnen im nordböhmischen Rumburk, in der wunden Landschaft der ehemaligen Sudeten.
Die Welt, wie Ota Prouza sie sieht
Abends malt er hier die Welt, wie er sie sieht – die Nase fast auf dem Schreibtisch, weil die Augen schlecht sind, er eine Brille aber ablehnt. So entstehen auf meterlangen Papierbahnen Straßenschluchten und urbane Dschungel, verworrene Systeme von ganz eigener Schönheit – ein Kosmos für sich. Die Prager Kuratorin Ivana Bradkova, die die Kunst geistig Behinderter propagiert, hat Ota Prouza für die Kunstwelt entdeckt. Daraus ist eine eigentümliche Freundschaft entstanden – die im Frühjahr mit einer neuen Ausstellung gekrönt werden soll. Für ein Art-Brut-Projekt im renommierten Prager Gegenwartskunst-Zentrum DOX will Bradkova zusammen mit Prouza erstmals seine überbordenden Tagebuch-Journale öffnen, die Enzyklopädie seines Lebens.
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