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Der Küchengarten auf Schloss Ippenburg

Gartenansicht
Der Küchengarten auf Schloss Ippenburg | Bild: WDR (TV-Bild)

Der Spätsommer ist ideal, um sich dem Nutzgarten zu widmen. Dazu haben wir den größten und schönsten Küchengarten Deutschlands aufgesucht, zu finden auf dem Gelände von Schloss Ippenburg. Hier schaltet und waltet die begeisterte und experimentierfreudige Viktoria Freifrau von dem Bussche. Schloss Ippenburg ist bekannt für seine Gartenfestivals, und seit der Landesgartenschau Niedersachsen im Jahre 2010 gedeiht hier ein Gemüse- und Blumenparadies, das seines Gleichen sucht. Die reine Nutzfläche ist etwa halb so groß wie ein Fußballfeld und strotzt nur so vor reifendem Gemüse und üppig blühenden Sommerblumen.

Überblick Küchengarten und Gartenphilosophie

Schloss Ippenburg - Küchengarten
Freifrau von dem Bussche und Markus Phlippen im Küchengarten | Bild: WDR (TV-Bild)

Wenn man sich umschaut, sieht man mindesten genauso viele Blumen wie Gemüse, eigentlich ist es eine gigantische Mischkultur im besten Sinne. Zum Teil unterstützen die Blumen sogar das Gemüse im Wachstum, sagt Frau von dem Bussche, zum Teil halten sie auch Schädlinge fern. Die Blumen seien natürlich auch für die Augen da, für die Schönheit.

Kürbisse

Ein äußerst schmackhafter Kürbis ist der Patisson, den Frau von dem Bussche bei Russlanddeutschen kennengelernt hat, ein abgeflachter Kürbis, der gelegentlich auch als „Ufo“ bezeichnet wird. Patissons werden wie Zucchini zubereitet, das heißt man erntet sie noch jung und unreif, schneidet sie in grobe Stücke und brät sie dann kurz in der Pfanne in Olivenöl an. Frau von dem Bussche schwärmt von der smaragdgrünen Farbe, die ganz kleine Patissons in der Pfanne annehmen. Das tolle an dieser Frucht ist: Je früher und häufiger man sie erntet, desto mehr wachsen nach.

Zu den Kürbisgewächsen zählt auch die Sorte `Rondo´, eigentlich ein runder Zucchino. Auch ihn kann man im ganz jungen Stadium ernten und verarbeiten, aber Frau von dem Bussche lässt ihn ein wenig größer werden, schneidet großzügig einen Deckel weg und höhlt das Innere aus. Das füllt sie dann mit Hackfleisch und Koriander. Das Ganze kommt dann in den heißen Ofen, wobei das Gemüse auch außen weich wird; und diese gefüllte „Gemüseschüssel“ lässt sich dann prima verspeisen.

Stangenbohnen

Borlotti-Bohne
Eine Borlotti-Bohne wird aufgeschnitten | Bild: WDR (TV-Bild)

Stangenbohnen sind gerade für kleine Gärten ideal, weil sie in die Höhe wachsen und so die dritte Dimension optimal genutzt wird. Von zwei, drei Stangen könne man richtig viel ernten, meint Viktoria von dem Bussche. Ihre Favoritin ist die `Blaue Hilde´, die am Strauch lilafarben ist, beim Kochen aber grün wird. Jung gepflückt sei sie unglaublich köstlich!

Lässt man die Hülsen länger hängen, verwertet man nur innen die Bohnen. Das gilt auch für die Feuer- oder Prunkbohnen, die innen wunderschöne Kerne besitzen. Bei den rot-weiß gesprenkelten Hülsen der Borlotti-Bohnen sind die Kerne zunächst reinweiß, bekommen aber später noch rote Flecken. Frau von dem Bussche hat in diesem Jahr die Borlotti-Sorte „Firetongue“ angebaut. Bohnen müssen übrigens einige Minuten durcherhitzt werden, denn roh sind sie giftig.

Wildtomaten

Wildtomaten sind äußerst robust und kommen völlig ohne Tomatendach oder Regenschutz aus, denn sie leiden nicht unter der Krautfäule. Sie brauchen auch keine Spritzmittel und wuchern einfach ungemein. Die Früchte bleiben ganz klein, haben eine dünne Schale, die nicht stört und, sie schmecken zuckersüß.  Deswegen nennen sie die Engländer auch „garden candies“.

Direkt neben den Tomaten stehen Tagetes, also Studentenblumen, nach den Erfahrungen von Frau von dem Bussche die perfekte Kombination. Die Tomaten würden davon ungemein profitieren, wie andere Gemüsearten im Küchengarten auch - es zeigten sich allgemein weniger Schädlinge.

Tagetes lucida

Mexikanischer Estragon
Mexikanischer Estragon | Bild: WDR (TV-Bild)

Ebenfalls zu den Tagetes zählt der Mexikanische Estragon, botanisch Tagetes lucida. Die Blätter haben eine starke Anis- oder Lakritznote und erinnern damit an den Französischen Estragon, daher der Name. Die alten Azteken in Mexiko nutzten ihn als Würz- und Heilkraut und auch bei religiösen Riten. Verwendet werden die jungen Triebspitzen zur Verfeinerung von Salaten oder etwas angewelkt für Kräutertees. Er verträgt, für Studentenblumen ganz ungewöhnlich, sogar ein paar Frostgrade, sollte aber zur Sicherheit an einem kalten, frostfreien Platz überwintert werden. Frau von dem Bussche ist begeistert von dem kompakten, niedrigen Wuchs und den hübschen gelben Blüten.

Eiskraut

Eiskraut
Eiskraut | Bild: WDR (TV-Bild)

Das Eiskraut kommt aus Südafrika und lässt sich prima für Salate verwenden, man kann es aber auch einfach so abpflücken und essen. Mit seinen langen Trieben kriecht es dicht über dem Boden. Sie sind dicht mit fleischigen Blättern besetzt, die mit feinen, wassergefüllten Papillen überzogen sind. Beim Zubeißen zerplatzen sie. Der Geschmack ist säuerlich, leicht nach Zitrone und ungemein erfrischend.

Der botanische Name lautet Aptenia cordifolia, cordifolia spielt auf die Herzform der Blätter an. Als „Cordifole“ gibt es Eiskraut auch als Importware aus Frankreich oder Holland und wird vor allem von der Spitzengastronomie nachgefragt. Eiskraut verträgt keinen Frost, kann aber leicht durch Stecklinge überwintert werden. Dazu werden ein paar Triebspitzen abgeschnitten und ins Wasserglas gestellt; die Wurzelbildung erfolgt rasch. Danach in normale Blumenerde eintopfen und auf der Fensterbank überwintern. Auch dort liefert es laufend frische Blätter für Salate. Leuchtend rote Blüten erscheinen ab dem Hochsommer und öffnen sich nur an warmen, sonnigen Tagen um die Mittagszeit. Das Eiskraut zählt zu den Mittagsblumengewächsen.

Artischocken

Artischocke
Artischocke mit geschlossener Blütenknospe | Bild: WDR (TV-Bild)

Artischocken sind Zwitterwesen im Garten, sie begeistern den Ziergärtner ebenso wie den Gemüsefan. Frau von dem Bussche hat zwar Artischocken in einigen Schaugärten als Zierpflanze stehen, aber sie bevorzugt die Pflanze als Gemüse. Dazu müssen die Blütenknospen geerntet werden, wenn sie noch gut geschlossen sind. Man kann dieses mediterrane Distelgewächs über den Winter bringen, wenn man um die Pflanzen einen Drahtkorb aufstellt und mit Stroh füllt.

Der Boden sollte durchlässig sein und nicht zur Staunässe neigen. Das größte Problem ist lang andauernde Nässe im Winter gepaart mit Kälte. Bei Frau von dem Bussche hat es im letzten Winter nicht geklappt, aber sie wird es wieder versuchen. Gleichzeitig zieht sie aber schon jetzt neue Artischockensämlinge im Topf heran, die drinnen überwintert werden. Setzlinge kann man aber auch problemlos im Gartenfachhandel bekommen.

Besichtigungstermin für Schloss Ippenburg:
„Ländliches Herbstfest" am 22. und 23. September. 120 Aussteller mit Pflanzen und Verkauf.

Buchtipps von Viktoria Freifrau von dem Bussche und Markus Phlippen

Max Scharnigg
Feldversuch: Unser Stück Land vor den Toren der Stadt
Fischer 2012
ISBN: 9783596188666
Preis: 8,99 Euro

Kay Sexton
Grüner wird's nicht: Mein wunderbares Leben als Schrebergärtnerin
Bastei Lübbe 2012
ISBN: 9783404606658
Preis: 8,99 Euro

Viktoria von dem Bussche
Ich träume von einem Küchengarten: Die schönsten Inspirationen für das eigene Paradies
Callwey 2012
ISBN: 9783766719546
Preis: 39,95 Euro

Autor: Markus Phlippen

Stand: 11.09.2013 10:41 Uhr

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