So., 09.09.12 | 16:30 Uhr
Das Erste
Sanierung und Tierschutz
Alte Häuser haben oft Charme, nicht nur für Menschen, sondern auch für Tiere. Vor allem Vögel finden in Wänden und Dächern ihren Lebensraum. Und die sind mittlerweile bedroht. Landauf, landab werden alte Häuser energetisch saniert und die tierischen Bewohner bleiben dabei häufig auf der Strecke. Schwalben, Mauersegler, Hausrotschwanz, Haussperlinge und Fledermäuse verlieren ihre Nistplätze.
Das muss nicht sein. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Hannover hat zwei Jahre lang geforscht und an 60 energetisch sanierten Gebäuden verschiedene Artenschutzmaßnahmen ausprobiert. Die dabei entwickelten Lösungen können Interessenten kostenlos auf der Homepage des BUND Hannover herunterladen.
Wir haben zwei Mitglieder der Hannoveraner BUND-Gruppe bei ihren Streifzügen durch die Stadt begleitet. Rose-Marie Schulz und Regine Tantau sind ständig auf der Suche nach neuen Bauprojekten, um dort den Lebensraum von Vögeln zu retten.
Baustopp für zwei Mauersegler
Die Sanierung ist geplant, die Handwerker sind bestellt – und dann das: Baustopp für ein paar Vögel. Die BUND-Aktivistinnen zeigen uns einen solchen Fall, eine Dachsanierung. Bauleiter Udo Halupzok musste einen Teil der Baustelle stilllegen, weil dort ein Mauerseglernest mit zwei etwa 14 Tage alten Küken entdeckt wurde. „Das kostet etwa so viel, dass ich mir ein kleines Auto davon kaufen könnte“, sagt er.
Viel Geld für zwei kleine Mauersegler. Aber so ist die rechtliche Lage. Im und am Gebäude wohnende Fledermäuse und Vögel gehören zu den geschützten Arten. Sie dürfen nicht verfolgt oder getötet werden, schreibt Bundesnaturschutzgesetz vor. Bei Sanierungen während der Brutzeit dürfen weder das Gelege mit den Jungen beseitigt, noch die Vögel am Ein- und Ausflug gehindert werden. Dasselbe gibt für Fledermausquartiere. Baumaßnahmen, die die Tiere behindern würden, dürfen erst nach dem Ausflug der Jungen durchgeführt werden.
Die Nester dürfen auch nach der Brutzeit nicht zerstört oder verschlossen werden. Falls eine Sanierung die Beseitigung von Brutstätten erforderlich macht, ist eine Genehmigung bei der Unteren Naturschutzbehörde zu beantragen. Diese Genehmigung ist in der Regel mit der Auflage verbunden Ersatzquartiere zu schaffen.
Ersatzquartiere schaffen
Wenn es irgendwie geht, versucht der Hannoveraner BUND mit den Bauherren zu kooperieren. Gemeinsam werden dann meistens auch preiswerte Lösungen gefunden, die den Vögeln den Lebensraum erhalten.
Für Mauersegler zum Beispiel gibt es diverse Brutkästen. Die müssen in unmittelbarer Nähe des vorherigen Quartiers angebracht werden, damit die Tiere sie finden. Diese Kästen können auch in der Dämmung versteckt werden. Ist der Bau verputzt sieht man schließlich nur noch die Ausfluglöcher. Für Gebiete in Stadtrandnähe würde Regine Tantau diese Nisthilfen aber nicht empfehlen, da sie dort auch von Staren bezogen werden. Stare finden aber anderweitig genug Nistplätze. Am Haus dagegen verursachen sie lange, hässliche Kotspuren. Als Alternative empfiehlt der BUND Nistplätze, die nur von unten angeflogen werden können. Dazu sind Stare nicht in der Lage. Für Mauersegler dagegen ist der Anflug von unten ideal.
Für Haussperlinge kann man die Nisthilfen verwenden, die auch für Mauersegler in Frage kommen. Wer nicht möchte, dass die Spatzen schließlich von den Mauerseglern verdrängt werden, sollte ein paar Kästen niedriger am Haus aufhängen. Mauersegler bevorzugen höhere Standorte und an den Ecken von Häusern.
Für Rauch- und Mehlschwalben kann man künstliche Nester anbringen. Ein Tipp der Hannoveraner BUND-Gruppe: die Öffnungen dieser Nester nicht zur Seite, sondern nach vorne hin ausrichten. Auf diesem Wege vermeidet man Schwalbenkot entlang der Hauswand.
Verstopfte Schornsteine
Die Dohle - Vogel des Jahres 2012 - zieht es zu den Häusern der Menschen. Sie nistet häufig in Schornsteinen, die durch das Nistmaterial verstopft werden. Das ist nicht nur lästig, sondern auch gefährlich. Gegen Dohlen im Schornstein hilft nur ein Gitter auf dem Kaminsims, angebracht vom Schornsteinfeger. Für die Vögel kann man dann direkt daneben einen Nistkasten anbringen.
Der Wärmeverlust im Haus durch den Einbau handelsüblicher Niststeine in die Dämmung ist gering. Er ist in der Regel bauphysikalisch unproblematisch. Ideal ist der Einbau vor nur teilweise oder gar nicht beheizten Bereichen, etwa im Kaltdach- oder Drempelbereich, oder vor Treppenhäusern. So lassen sich Wärmebrücken und damit verbundene Feuchtigkeits- und Schimmelschäden von vornherein vermeiden.
Weitere Informationen zu Nisthilfen, zum Beispiel für Fledermäuse, finden Sie in der kostenlosen Broschüre des BUND-Hannover.
Autor: Dieter Schug
Stand: 11.09.2013 10:42 Uhr