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Obstweine selbst keltern

Obstwein im Fass
Obstwein im Fass | Bild: WDR (TV-Bild)

Obstweine selber herzustellen, das ist eine große Leidenschaft von Peter Lützler. Besonders Sauerkirschen haben es ihm dabei angetan, denn der Wein daraus nimmt eine tief dunkelrote Farbe an und hat jede Menge an Aroma und Geschmack zu bieten. „Es macht Spaß, damit Wein zu machen“, sagt Peter Lützler.

Offene Maischegärung
Offene Maischegärung | Bild: WDR (TV-Bild)

Bei den Sauerkirschen bevorzugt Peter Lützler die offene Maischegärung, bei der der Gärbottich zunächst nur mit einem Deckel abgedeckt wird. Dazu werden die frisch gepflückten Kirschen zunächst vorsichtig gestampft und dann gründlich mit einem Rührwerk bearbeitet. Der Aufsatz ist eine Spezialanfertigung und zerkleinert die Früchte, ohne die Steine zu zerschlagen. Anders als Weintrauben fehlt Sauerkirschen der nötige Zucker für einen starken Wein. Deswegen ergänzt Lützler den nötigen Zucker und auch einige Liter Wasser. Die Hefepilze holt er sich mit angegorenem Saft aus einem Bottich, der ein paar Tage zuvor angesetzt wurde. Der Maischekuchen - die festen, oben aufschwimmenden Bestandteile - muss zweimal täglich untergerührt werden.

Jungwein nach dem Abwirzen
Jungwein nach dem Abwirzen | Bild: WDR (TV-Bild)

Vier Wochen später wird der Jungwein vom Maischekuchen getrennt, in der Fachsprache heißt es das „Abwirzen“. Die Phase danach, die Nachgärung des restlichen Zuckers, findet unter Luftabschluss statt. Außer Sauerkirschen verarbeitet er auch Pflaumen, Quitten und Äpfel zu Fruchtweinen.

Apfelwein für Anfänger

Apfelweinzubereitung
Apfelweinzubereitung | Bild: WDR (TV-Bild)

Mit Apfelsaft - naturtrüb natürlich - fing bei ihm alles an. Der ist gerade für Anfänger besonders gut geeignet. Der Zuckergehalt liegt bei gekauftem Saft meist bei 100 Gramm je Liter, mit der sogenannten Mostwaage kann man das nachprüfen. Vergoren würde das gerade mal sechs Volumenprozente Alkohol ergeben. Peter Lützler strebt aber zwölf Prozent an und gibt deswegen noch 100 Gramm Zucker je Liter hinzu. Höherprozentige Fruchtweine schmecken meist besser und lassen sich vor allem länger lagern. Unerwünschte Keime haben es schwerer, sich zu vermehren.

4 Liter Saft in einen 5-Liter Gärballon
4 Liter Saft in einen 5-Liter Gärballon | Bild: WDR (TV-Bild)

Praktische Umrechnungstabellen von Zucker- auf den späteren Alkoholgehalt gibt es in einschlägigen Büchern, inzwischen aber auch online (zusammen mit detaillierten Rezepten; siehe unten bei den Links). Peter Lützler füllt vier Liter naturtrüben Apfel-Direktsaft und 400 Gramm Zucker in einen 5-Liter Gärballon. Was man dann braucht ist sogenannte Reinzuchthefe, die speziell für die Weinherstellung gezüchtet wurde. Ist die Hefe gefriergetrocknet, sollte sie zunächst eine Viertelstunde in Wasser aufquellen können, bevor sie zum Apfelsaft kommt. Außerdem wird eine gute Messerspitze Hefenährsalz benötigt, das sicherstellt, dass sich die Pilze kräftig vermehren können. Auf den Flaschenhals wird noch ein Gummistopfen aufgesetzt und ein sogenannter Gärspund, der mit Wasser gefüllt ist. So können die Gär-Gase entweichen, ohne dass Luftsauerstoff und Keime in den Ballon gelangen.

Langes Warten auf den Abstich

Ein halbes Jahr lang rührt Peter Lützler den Ballon nicht an. Erst dann erfolgt der „Abstich“, wie es in der Weinsprache heißt. Hefe hat sich abgesetzt und die Flüssigkeit darüber kann mit einem Schlauch vorsichtig abgesaugt werden. Das muss ganz ruhig geschehen, um die Hefe nicht aufzuwirbeln.

Einige Fruchtweinwinzer warten längst nicht so lange mit dem Abstechen, doch Peter hat die Erfahrung gemacht, dass er so das Optimum an Geschmack herausholen kann. Nach einem Probeschluck ist er zufrieden: „Der Wein ist richtig schön schlüssig im Geschmack, sehr lecker.“ Der Apfelwein ist zwar trocken, aber so liebt er ihn. Er fügt noch eine Messerspitze Schwefel hinzu in Form von mildem Kaliumdisulfit, welches unerwünschte Keime hemmt und den Geschmack stabilisiert.

Wer den Apfelwein ganz klar bekommen will, muss ihn mehrmals abstechen, das heißt immer wieder warten, bis sich Trübstoffe abgesetzt haben. Bei Sauerkirschen dagegen genügen in der Regel ein bis zwei Abstiche. Alternativ gibt es Spezialfilter für die Weinklärung, aber Lützler gehen dabei zu viele Farb- und Geschmacksstoffen verloren. Wem der Wein zu trocken ist, muss vorsichtig nachsüßen und anschließend warten, ob die Gärung erneut einsetzt. Hierbei ist Fingerspitzengefühl gefragt.

Alkoholgehalt kontrollieren

Vinometer zeigt 13 Prozent an
Vinometer zeigt 13 Prozent an | Bild: WDR (TV-Bild)

Beim Kirschwein kontrolliert Peter Lützler nach einem halben Jahr den Alkoholgehalt mit dem sogenannten Vinometer, ein kleines, skaliertes Glasröhrchen, das auf Kapillarwirkung beruht. 13 Prozent sollte er haben und die zeigt das Glasröhrchen auch an. Der Wein schmeckt sehr aromatisch und ist von dunkelroter Farbe. So dunkel habe er ihn noch nie hinbekommen, wie er verrät. Nun muss alles noch in Flaschen abgefüllt und verkorkt werden. Bei 450 Liter Sauerkirsch- und sogar 500 Liter Pflaumenwein eine Menge Arbeit.

Das Keltern von Obstweinen ist insgesamt eine anspruchsvolle Tätigkeit, die viel Wissen und einiges an Gerätschaften erfordert. Entsprechende Fachbücher und gute Expertenseiten im Internet sind hierbei sehr hilfreich für die ersten Versuche.

Buchtipps:

Gabriele Lehari
Beeren-, Frucht- und Kräuterweine
Stocker 2008
ISBN: 9783702011765
Preis: 16,90 Euro

Wolfgang Vogel
Wein aus dem eigenen Keller
Ulmer 2012
ISBN: 9783800177943
Preis: 19,90 Euro

Autor: Friedemann Borchert

Stand: 11.09.2013 10:42 Uhr

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