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Geschichte im Ersten: 1933 – Folterkeller im Wohnquartier

1933 – Folterkeller im Wohnquartier
Prominente Regimegegner wurden in den frühen KZ besonders gequält - hier in der Reihe ganz links der SPD-Reichstagsabgeordnete Ernst Heilmann, daneben der Sohn des Reichspräsidenten Ebert, Friedrich Ebert jun. | Bild: Radio Bremen / bpk Bildagentur Berlin

Anfang 1933: Die frisch an die Macht gekommenen Nationalsozialisten überziehen Deutschland fast unmittelbar mit einer beispiellosen Terrorwelle. Politische Gegner verschwinden ohne Prozess, auf unbestimmte Zeit, in Folterkellern, die schnell zu einer frühen Form von Konzentrationslagern werden. Die Radio-Bremen-Dokumentation zeigt, wie Tausende solcher Terrorzentralen entstehen im ganzen Reich, oft mitten in Wohnquartieren, vor aller Augen. Die Schreie der Gefolterten wehen zu den Wohnungen der Anwohner hinüber.

Am 5. Juli 1933 holten ein SA-Mann und ein Polizist den Einzelwarenhändler Albert Ortheiler aus seinem Geschäft in der Bochumer Innenstadt. Angeblich hatte er Waren an Kommunisten verkauft. Im Keller der Hegelschule schlugen SA-Männer Albert Ortheiler tot. Sechs Menschen sind allein in diesem Bochumer Keller ermordet worden.

Früher nationalsozialistischer Terror sollte vor allen Augen stattfinden

In Bremen gerieten die vier Söhne der Familie Bücking ins Visier, weil sie politische Gegner der Nazis waren. Drei der Söhne gerieten in die erste Terrorwelle der Nationalsozialisten und verschwanden in Folterkellern und frühen KZ, einer der Bücking-Söhne wurde nach Berlin verschleppt, wo sich schon früh über hundert Folterkeller etabliert hatten.

"Das war auch Teil der damaligen Strategie und Taktik, dass der frühe nationalsozialistische Terror vor allen Augen stattfinden sollte", sagt die Historikerin Irene von Götz. Sie hat die Berliner Folterkeller akribisch recherchiert. Auch in Sachsen ist die Geschichte des frühen Naziterrors gut erforscht, allein in diesem Bundesland gab es 112 Folterkeller und frühe KZ.

Eines davon: Die Burg Hohnstein in der Sächsischen Schweiz. Zwischen März 1933 und August 1934 wurden 5.600 Menschen dorthin verschleppt und gefoltert, etwa 40 von ihnen begingen Selbstmord oder wurden ermordet.

Und doch gab es Widerstand gegen die Misshandlungen, wenn auch nur von wenigen. Ausgerechnet Polizisten, Juristen und Gefängniswärter widersetzten sich in dieser Phase frühen Terrors den brutalen Maßnahmen und konnten sogar kleine Erfolge erzielen, auch wenn sie letztendlich am System nichts ändern konnten.

Zahlreiche Opfer ließen in frühen Lagern ihr Leben

Die Erinnerung an diese frühen Lager wurde überdeckt von den Verbrechen in den riesigen Vernichtungslagern im Osten. Doch will man wissen, wie der Rechtstaat ausgehebelt wurde, muss die Geschichte der frühen Lager in den Fokus rücken. Auch wegen der zahlreichen Opfer, die in den Lagern ihr Leben ließen oder physisch und psychisch gebrochen wurden.

Albert Ortheiler war der erste jüdische Bürger Bochums, der von den neuen Machthabern ermordet wurde. Doch noch geriet er nicht als Jude in die Mühle der Vernichtung, sondern als vermeintlicher Gegner des Nationalsozialismus. Die frühen Lager waren Lager der politischen Rache, ihre Zeit ging bis etwa 1935/36. Bis dahin war der Widerstand gegen die Nazis weitgehend gebrochen und der Terror suchte sich neue Opfer.  

Ein Film von Susanne Brahms und Rainer Krause

Eine Produktion von BlindCat Documentary im Auftrag von Radio Bremen 2022.

Diese Sendung ist online first ab 10. Januar 2022 und danach für fünf Jahre in der ARD Mediathek verfügbar.

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