Mi., 17.07.24 | 23:40 Uhr
Das Erste
Neustart als Handwerker
Schon als kleiner Junge ist Hannes Ibbeken fast jeden Tag am Sägewerk in Berne (Niedersachsen) vorbeigekommen und hat dem Inhaber Claus Meier bei der Arbeit zugesehen. Holz fasziniert den heute 33-jährigen Hannes, seit er denken kann. Nach Abitur, Ausbildung zum Werbekaufmann und Wirtschaftsstudium landet er in einer renommierten Bremer Werbeagentur, organisiert Kampagnen für große Industrie- und Handelsbetriebe, sein Unternehmen räumt Preise ab. Aber die Liebe zum Holz lässt den gebürtigen Berner nicht los. Und so entscheidet er sich mit Anfang 30, die fast 100 Jahre alte Sägerei von Claus Meier (70) zu übernehmen, obwohl er keine Ausbildung als Tischler hat. Hannes nimmt einen Kredit auf, stellt drei Mitarbeitende ein und versucht, das uralte und ziemlich marode Reetdachhaus zu einer modernen Werkstatt umzugestalten. Er will Möbel bauen, und zwar echte Unikate, auch Tiny Houses schweben ihm vor.
Claus Meier freut sich zwar, dass sein Lebenswerk erhalten bleibt, aber über so manche Idee seines Nachfolgers kann er nur den Kopf schütteln. Vor allem die Maschinen, die schon Claus Meiers Großvater gute Dienste geleistet haben, sind ihm heilig. Aber Hannes muss auch Geld verdienen und sich gegen die günstigen Möbelhäuser und Großsägereien durchsetzen. Die produzieren Bretter im Sekundentakt, seine Horizontal-Gattersäge aus den 1960er-Jahren frisst sich nur sehr langsam durchs Holz. Hannes verarbeitet nur heimische Hölzer aus einem Forst in der Nähe und setzt auf sogenanntes Mondholz, das nach Vollmond geschlagen wird und als besonders stabil gilt. Das hat seinen Preis. Aber Hannes ist überzeugt: Es gibt genug Kundinnen und Kunden, die seine Qualität zu schätzen wissen.
Kann Hannes große Aufträge an Land ziehen, die ihm einen guten Start in seine Selbstständigkeit ermöglichen? Oder hat er sich übernommen? Feierabend hat er eigentlich nie. Die Arbeit am Schreibtisch hat der studierte BWLer jedenfalls unterschätzt, Angebote und Rechnungen schreiben, das erledigt er oft nachts und am Wochenende. Dabei wünscht sich seine Freundin eigentlich mehr Zeit für Zweisamkeit, schließlich ist sie extra für Hannes aus der Schweiz in die Wesermarsch gezogen, vermisst die Berge und ihre Familie. Für seinen Lebenstraum von einer eigenen Holzmanufaktur muss Hannes Ibbeken einen hohen Preis zahlen.
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