So., 26.01.25 | 21:45 Uhr
Das Erste
Wie wird Deutschland wieder sicher, Herr Wüst?
In einem Monat wird in Deutschland gewählt, und die CDU setzt bei innerer Sicherheit und irregulärer Migration auf Null-Toleranz: Grenzen dauerhaft kontrollieren, illegal Einreisende grundsätzlich zurückweisen, Abschiebungen erleichtern, doppelte Staatsbürgerschaften entziehen. Die Gewalttat von Aschaffenburg befeuert die Debatte über vermeintliches Staatsversagen bei Abschiebungen und die konsequente Umsetzung von Gesetzen. Ist ein harter Kurs tatsächlich der richtige?
Hendrik Wüst
Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen steht an der Spitze einer schwarz-grünen Koalition, die nach dem tragischen Anschlag in Solingen nach eigenen Angaben für NRW „das umfassendste Sicherheits- und Migrationspaket in der Geschichte unseres Landes” beschlossen hat. Die Abschiebeverfahren seien in Nordrhein-Westfalen bereits beschleunigt worden. Sein Bundesland sei schneller als der Durchschnitt, „aber wir wollen noch besser werden“. Wüst steht hinter den Forderungen in der Asylpolitik von Friedrich Merz. „Menschen mit Recht auf Asyl muss Schutz gewährt werden. Das schaffen wir auf Dauer aber nur dann, wenn wir die irreguläre Migration beenden und Menschen ohne Recht auf Schutz konsequent zurückführen.“
Ronen Steinke
Der Jurist und Journalist ist Leitender Redakteur für die Süddeutsche Zeitung. Für ihn sind die Pläne der Union für strengere Kontrollen und Zurückweisungen an den deutschen Grenzen sowie den Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft bei kriminell gewordenen Doppelstaatlern rechtlich nicht durchsetzbar. „Der Blick ins Grundgesetz bringt also, wenn man so möchte, eine beruhigende Nachricht. Es wird nicht so kommen, wie es Friedrich Merz vorgeschlagen hat“. Steinke warnt außerdem vor der populistischen Rhetorik der Union, die den Rechtsruck vorantreibe und die konservative Partei damit selbst gefährdet.
Vanessa Vu
Die Journalistin von ZEIT ONLINE verbrachte mit ihrer aus Vietnam eingewanderten Familie die ersten Jahre in einem deutschen Asylbewerberheim. Sie wirft der Union eine unlautere Vermischung von Migration und Kriminalität vor, die zur Spaltung der Gesellschaft beitrage und Angst vor Ausländern schüre. Sie hält die Fokussierung auf Abweisungen und Abschiebungen für falsch. Um Gewalttaten wie in Aschaffenburg zu verhindern, müsse stattdessen mehr für Integration und Prävention getan werden. Vu betont, dass Migration eine Chance für Deutschland darstellt und die Union mit ihren Abschiebeforderungen von demografischen Problemen und Arbeitskräftemangel ablenken wolle.
Thomas Jung
Der SPD-Oberbürgermeister von Fürth setzt sich für eine restriktivere Migrationspolitik nach dem Vorbild Dänemarks ein. Er fordert eine Obergrenze, um den sozialen Frieden im Land zu wahren und den Menschen Sicherheit zu vermitteln. Jung kritisiert, dass Gewaltakte wie der Angriff in Aschaffenburg einen Kontrollverlust des Staates zeigten und dass die Reaktionen der Bundes- und Landespolitiker unzureichend seien. „Man hätte schon viel früher einen anderen Kurs einschlagen müssen, aber vieles wurde in Berlin als nicht durchführbar abgetan. Die Menschen spüren, dass etwas falsch läuft.“