Faktencheck zu "maischberger"
Sendung vom 13.03.2024
Faktencheck
Bei Maischberger wird engagiert diskutiert, Argumente werden ausgetauscht, es wird auch schon mal emotional und manchmal bleibt am Ende keine Zeit, um alles zu klären. Wenn Fragen offen bleiben, Aussagen nicht eindeutig waren oder einfach weitere Informationen hilfreich sein könnten, schauen wir nach der Sendung noch einmal drauf – hier in unserem Faktencheck.
Und das schauen wir uns an:
- Wie groß ist die Reichweite der AfD in den sozialen Medien?
Wie groß ist die Reichweite der AfD in den sozialen Medien?
Armin Laschet (CDU) sprach in der Sendung über Veränderungen in der öffentlichen Debattenkultur, die sich in seinen Augen vor allem durch die sozialen Medien verschärft habe. In diesem Zusammenhang sagte Laschet, dass die AfD in den sozialen Medien ein Millionenpublikum erreiche. Die genauen Zahlen wollen wir uns hier noch einmal näher anschauen.
Maischberger: "Sie sind 30 Jahre in der Politik, Ihr Sohn hat Hassmails und Morddrohungen oder Drohungen eben bekommen. Wann haben Sie das Gefühl, es ist da was ins Rutschen gekommen in der Art, wie wir miteinander umgehen öffentlich?"
Laschet: "Ich glaube, das ist besonders durch Social Media verschärft worden. Die Debatten werden aggressiver. (…) Als es das alles noch nicht gab, konnten Sie wütende Leserbriefe schreiben an eine Zeitung oder Ihren Freunden beim Stammtisch erzählen, wie bescheuert alle Politiker sind. Aber dass Sie selbst Clips machen und ein Millionenpublikum erreichen – was wir eben gehört haben, ist ja wahr: Durch jeden Clip der AfD werden mehr Menschen erreicht als durch eine MDR-Sendung. Und das ist das neue Phänomen, und da sind uns noch nicht alle richtigen Möglichkeiten eingefallen, das auch, wenn es Grenzen überschreitet, zu begrenzen."
Hintergrund: Wie groß ist die Reichweite der AfD in den sozialen Medien?
Auf den großen Social-Media-Plattformen Instagram, TikTok, YouTube und Facebook versammelt die AfD von den im Bundestag vertretenen Parteien die meisten Follower. Das hat die Berliner Social-Media-Agentur Intermate Group in einer ausführlichen Auswertung ermittelt, wobei die Hauptkanäle der Parteien, die Kanäle der verschiedenen Landtagsfraktionen und die Profile der jeweiligen Spitzenpolitiker berücksichtigt wurden. Demnach kommt die AfD bei allen oben genannten Plattformen zusammengerechnet auf rund 2,6 Millionen Follower.
Damit erreiche die Partei laut Intermate Group rund 41 Prozent aller Menschen in Deutschland, die einer Partei auf den untersuchten Plattformen folgen. Weit dahinter auf dem zweiten Platz folgen die Grünen mit einem Anteil von rund 11,8 Prozent und circa 736.000 Followern. Es schließen sich die Linke und die SPD an – sie erreichen jeweils rund 10,7 Prozent. CDU und FDP kommen auf einen Anteil knapp unter 10 Prozent, die CSU liegt bei rund 6,5 Prozent.
Besonders groß ist die Dominanz der AfD auf YouTube. Hier haben 660.000 von insgesamt 808.000 Menschen, die einem der untersuchten Partei- und Politiker-Accounts folgen, einen AfD-Kanal abonniert. Das entspricht einem Anteil von etwa 80 Prozent. Bei der besonders unter jungen Menschen beliebten App TikTok folgen rund 72 Prozent (730.000) der Nutzer, die auf der Plattform einen Politiker oder eine Partei abonniert haben, einem AfD-Account. Betrachtet man die Gesamtzahl aller TikTok-Nutzer in Deutschland, zeigt sich aber auch, dass Partei- und Politiker-Accounts dort noch einen vergleichsweise kleinen Teil ausmachen: Nur knapp jeder zwanzigste TikTok-Nutzer in Deutschland folgt auf der Plattform einem Politiker oder einer Partei. Die Zahl der Follower ist dabei aber nicht mit der tatsächlichen Reichweite gleichzusetzen, wie wir weiter unten zeigen werden.
Nur bei Instagram steht die AfD übrigens nicht an der Spitze der Abonnentenzahlen: Mit rund einem Viertel der Follower dominieren dort die Grünen vor FDP und CDU.
Followerzahlen sind nicht mit Reichweite gleichzusetzen
Allein die Followerzahl sagt aber noch nichts über die Reichweite der jeweiligen Inhalte aus. Dass ein Nutzer einem Kanal folgt, heißt nicht automatisch, dass er auch regelmäßig die dort veröffentlichten Clips anschaut. Andererseits gilt auch: Wird ein Clip von den Followern geteilt, sehen den Clip auch Nutzer, die dem Kanal nicht folgen. Die Reichweite kann also deutlich von der bloßen Anzahl der Follower abweichen.
Wie viele Menschen die Parteien in den sozialen Medien tatsächlich erreichen, hat der Politikberater Johannes Hillje untersucht. Demnach wurde jedes TikTok-Video der AfD-Bundestagsfraktion in den Jahren 2022 und 2023 im Durchschnitt 435.394 Mal aufgerufen. Damit liegt sie unter den Parteien mit Abstand auf dem ersten Platz. Die CDU/CSU-Fraktion, die für diesen Zeitraum den zweitbesten Wert erzielt, kommt auf durchschnittlich 90.583 Aufrufe pro Clip.
Auf YouTube bestätigt sich dieser Trend: Mit durchschnittlich 36.861 Aufrufen pro Video kommt der Kanal "AfD TV" auf den höchsten Wert unter den Bundesparteien. Dahinter folgt die CSU mit rund 11.000 Aufrufen pro Video. Die anderen Parteien finden hier im Schnitt nicht einmal 5.000 Zuschauer je Video. Auch auf den übrigen Plattformen Facebook, Instagram und X (früher Twitter) erzielt die AfD der Erhebung zufolge die höchsten Reichweiten unter den Parteien.
AfD erreicht in Einzelfällen Millionenpublikum
Dass die AfD dabei sogar ein Millionenpublikum erreicht, wie Armin Laschet in der Sendung sagte, stimmt in Einzelfällen. So wurde das erfolgreichste TikTok-Video der AfD etwa 6,6 Millionen mal aufgerufen. Die erfolgreichsten AfD-Videos auf YouTube erhielten 3,1 Millionen, 2,5 Millionen und 1,6 Millionen Klicks.
Laschets Aussage, die AfD könne mit einem Clip mehr Zuschauer erreichen als eine MDR-Sendung, ist damit durchaus zutreffend. Die durchschnittliche Zuschauerzahl des linearen MDR-Programms betrug am gestrigen Mittwoch (13.3.2024) laut AGF Videoforschung ca. 184.000.
Die Reichweite der AfD, insbesondere auf TikTok, sei "ihr Schlüssel zur jungen Wählerschaft", sagt Politikberater Hillje. "Bei der Bundestagswahl 2021 kam sie bei einem Gesamtergebnis von 10,3 Prozent unter Erstwählenden nur auf sechs Prozent." Seitdem habe die Partei ihre TikTok-Aktivitäten auf Bundes- und Landesebene deutlich ausgebaut, was mutmaßlich zu den besseren Ergebnissen unter Jungwählenden bei den Landtagswahlen in Bayern und Hessen 2023 beigetragen habe. In Hessen lag die AfD bei den Erstwählern bei 15 Prozent, in Bayern bei 16 Prozent. "Demokratische Parteien überlassen TikTok der AfD, das ist ein Fehler", so Hillje. Der Kommunikationsexperte fordert von den Konkurrenten der AfD "mehr Präsenz, Nahbarkeit und Emotionalität in sozialen Netzwerken".
Fazit: Von allen deutschen Parteien ist die AfD am erfolgreichsten auf Social Media. Das zeigen aktuelle Erhebungen. Nicht nur bei den Followerzahlen liegt die Partei demnach mit Abstand vor der Konkurrenz, sondern auch bei der tatsächlichen Reichweite der geposteten Inhalte. Dass die AfD dabei sogar ein Millionenpublikum erreicht, wie Armin Laschet in der Sendung sagte, stimmt in Einzelfällen.
Stand: 14.03.2024
Autor: Tim Berressem