Faktencheck zu "maischberger"

Sendung vom 18.09.2024

Faktencheck

Die Gäste (v.l.n.r.): Nena Brockhaus, Gregor Peter Schmitz, Bettina Böttinger, Ralf Stegner, Sarah Pagung
Die Gäste (v.l.n.r.): Nena Brockhaus, Gregor Peter Schmitz, Bettina Böttinger, Ralf Stegner, Sarah Pagung | Bild: WDR / Oliver Ziebe

Bei Maischberger wird engagiert diskutiert, Argumente werden ausgetauscht, es wird auch schon mal emotional und manchmal bleibt am Ende keine Zeit, um alles zu klären. Wenn Fragen offen bleiben, Aussagen nicht eindeutig waren oder einfach weitere Informationen hilfreich sein könnten, schauen wir nach der Sendung noch einmal drauf – hier in unserem Faktencheck.

Und das schauen wir uns an:

  • Warum hat die CDU einen Unvereinbarkeitsbeschluss gegen die Linke gefasst?

Warum hat die CDU einen Unvereinbarkeitsbeschluss gegen die Linke gefasst?

Thüringens scheidender Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) sprach in der Sendung über die Koalitionsverhandlungen, die nach den Landtagswahlen in seinem Bundesland anstehen. In diesem Zusammenhang äußerte er Unverständnis für die Entscheidung der CDU, eine Koalition mit der Linken grundsätzlich auszuschließen. Den Unvereinbarkeitsbeschluss gegen die Linke, so Ramelow, hätten die Christdemokraten wegen Sahra Wagenknecht und der innerparteilichen Gruppierung "Kommunistische Plattform" gefasst. Da Sahra Wagenknecht inzwischen aus der Linken ausgetreten ist, sei die Haltung der CDU für ihn nicht nachvollziehbar, erklärte Ramelow. 

Keine Zusammenarbeit mit der Linken: Warum fasste die CDU ihren Unvereinbarkeitsbeschluss? | Video verfügbar bis 18.09.2025

Ramelow: "Wegen Frau Wagenknecht und der Kommunistischen Plattform hat die CDU den Unvereinbarkeitsbeschluss gegen die Linke gefasst. So. Jetzt ist Frau Wagenknecht nicht mehr in der Linken. Diese Linke, die in Thüringen die Verantwortung getragen hat, hat fünf Jahre in einer Minderheitsregierung mit der CDU zusammengearbeitet."

Maischberger: "Den Haushalt gemacht, den Bundesratspräsidenten gehabt, ja."

Ramelow: "Dieser Ministerpräsident (gemeint ist Bodo Ramelow selbst, Anm. d. Red.) ist mit den Stimmen von Herrn Söder, Herrn Wüst –"

Maischberger: "Ich weiß das alles."

Ramelow: "Aber ich will es den Zuhörern erklären."

Maischberger: "Ich verstehe das."

Ramelow: "Wenn Sie das alles wissen – aber Ihre Zuhörer dürfen doch auch erfahren, dass ich Bundesratspräsident geworden bin mit den Stimmen der CDU/CSU. Und dass ich die Bundesrepublik Deutschland vertreten durfte in der ganzen Welt mit dem Votum der Unionsparteien. Und jetzt kommt die gleiche Union und sagt: Aber mit dieser Partei von Herrn Ramelow dürfen wir nicht mal richtig verhandeln und auch keine Koalition eingehen. Ich will nur feststellen, das ist kurios."

Hintergrund: Warum hat die CDU einen Unvereinbarkeitsbeschluss gegen die Linke gefasst?

Ihren Unvereinbarkeitsbeschluss gegen die Linke fasste die CDU auf ihrem 31. Parteitag am 8. Dezember 2018 in Hamburg. In den dort abgestimmten Beschlüssen C76, C101, C164 und C179 heißt es wörtlich: "Die CDU Deutschlands lehnt Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit sowohl mit der Linkspartei als auch mit der Alternative für Deutschland ab." Näher erläutert wird die Entscheidung in einem Papier, das auf der CDU-Website einzusehen ist. Darin betonen die Christdemokraten, dass sie Linkspartei und AfD nicht gleichsetzen. Bei beiden Parteien gebe es unterschiedliche Gründe für die Unvereinbarkeit. 

Im Fall der Linkspartei begründet die CDU ihren Beschluss grundsätzlich mit gravierenden Differenzen im Menschenbild. Wörtlich heißt es: "Die Linke (…) knüpft an sozialistische und kommunistische Gleichheitstraditionen an. Für die Union steht der einzelne Mensch im Mittelpunkt. Die Linke hingegen schaut auf das Kollektiv statt auf das Individuum." Die Linke stehe zudem für eine andere Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung als die CDU: "Die Soziale Marktwirtschaft und der von der Linken angestrebte demokratische Sozialismus stehen sich unvereinbar gegenüber." Die Linke strebe einen "Systemwechsel" an, heißt es in der Begründung, und solidarisiere sich dabei mit "linksextremen und autonomen Gruppen". 

CDU-Beschluss: Linkspartei "in Teilen linksextremistisch"

Auch die Linkspartei selbst sei "in Teilen linksextremistisch", heißt es weiter. In diesem Punkt bezieht sich die CDU auf verschiedene Gruppierungen innerhalb der Linken. Dabei wird nicht nur die von Bodo Ramelow in der Sendung angesprochene "Kommunistische Plattform" genannt, sondern auch die "Sozialistische Linke", die "Arbeitsgemeinschaft Cuba Sí" sowie die "Antikapitalistische Linke". Alle vier Gruppen wurden in der Vergangenheit vom Verfassungsschutz als "extremistische Strukturen der Partei DIE LINKE" bezeichnet, so z.B. in den Verfassungsschutzberichten aus den Jahren 2018 und 2020. 

Anders als Bodo Ramelow es in der Sendung darstellte, wird Sahra Wagenknecht in der Begründung der CDU nicht namentlich erwähnt. Gleichwohl gehörte sie zwischen 1991 und 2010 der Leitung der "Kommunistischen Plattform" an und fungierte 2006 als Mitinitiatorin der "Antikapitalistischen Linken". Die heutige BSW-Vorsitzende als vorwiegenden Grund für den Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU zu benennen, greift aber offensichtlich zu kurz. 

Kritik am CDU-Beschluss kommt aus eigenen Reihen

Der Unvereinbarkeitsbeschluss ist nicht unumstritten, selbst innerhalb der Union. Bereits im Januar 2024 rief der CDU-Politiker und frühere Ostbeauftragte des Bundes, Marco Wanderwitz, seine Partei dazu auf, ihr Verhältnis zur Linkspartei zu überdenken. "So wie sich die Linkspartei in den letzten Jahren entwickelt hat, müssen wir als Union noch einmal neu ausbuchstabieren, ob im Unvereinbarkeitsbeschluss tatsächlich die Linke mit der AfD in einem Atemzug und mit dem gleichen Ergebnis behandelt werden sollte", sagte der sächsische Bundestagsabgeordnete damals gegenüber dem "Tagesspiegel". In seinen Augen habe sich die Linkspartei "entradikalisiert". Vor dem Hintergrund der Landtagswahlen in Thüringen forderte zuletzt auch der frühere CDU-Generalsekretär Mario Czaja, den Unvereinbarkeitsbeschluss zur Linkspartei aufzuheben. Es sei "absurd", dass die CDU mit der "pragmatischen Linken" nicht zusammenarbeiten könne, sagte Czaja mehreren Medien. Speziell in Ostdeutschland vertrete die Linke seiner Auffassung nach eher eine "konservative Sozialdemokratie".

Ramelow: Mit Unionsstimmen zum Bundesratspräsidenten gewählt

Am 8. Oktober 2021 wurde Bodo Ramelow einstimmig zum Bundesratspräsidenten gewählt. Damit erhielt er, wie in der Sendung richtig gesagt wurde, auch die Stimmen der zum damaligen Zeitpunkt sieben unionsgeführten Bundesländer Bayern (MP Markus Söder), Nordrhein-Westfalen (MP Armin Laschet), Saarland (MP Tobias Hans), Sachsen-Anhalt (MP Reiner Haseloff), Sachsen (MP Michael Kretschmer), Hessen (MP Volker Bouffier) und Schleswig-Holstein (MP Daniel Günther).

Das Amt des Bundesratspräsidenten gilt protokollarisch als das vierthöchste in der Bundesrepublik Deutschland – hinter dem Bundespräsidenten, Bundestagspräsidenten und dem Bundeskanzler. Laut Verfassung kann jedes Bundesratsmitglied zum Präsidenten gewählt werden, es gibt aber eine feste Vereinbarung, wonach das Amt jährlich zwischen den Regierungschefs der 16 Bundesländer rotiert. Aktuell wird das Amt von Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) ausgeübt. Das bislang von Bodo Ramelow regierte Thüringen übernimmt die Präsidentschaft turnusgemäß wieder im Jahr 2037. 

Fazit: Ihren Unvereinbarkeitsbeschluss gegen die Linke fasste die CDU im Jahr 2018 auf einem Parteitag. Als Begründung werden gravierende Gegensätze beider Parteien in den Bereichen Gesellschafts- und Wirtschaftspolitik genannt. Die Christdemokraten bezeichnen die Linke als "in Teilen linksextremistisch" und beziehen sich damit auf verschiedene Gruppierungen innerhalb der Partei. Die von Bodo Ramelow in der Sendung genannte "Kommunistische Plattform" ist eine dieser Gruppierungen. Anders als Ramelow es in der Sendung darstellte, wird Sahra Wagenknecht in der Begründung der CDU nicht namentlich erwähnt.

Stand: 19.09.2024

Autor: Tim Berressem