Faktencheck zu "maischberger"

Sendung vom 25.03.2025

Faktencheck

Die Gäste (v.l.n.r.): Angelika Hellemann, Friedrich Küppersbusch, Petra Gerster, Carsten Maschmeyer
Die Gäste (v.l.n.r.): Angelika Hellemann, Friedrich Küppersbusch, Petra Gerster, Carsten Maschmeyer | Bild: WDR / Melanie Grande

Bei Maischberger wird engagiert diskutiert, Argumente werden ausgetauscht, es wird auch schon mal emotional und manchmal bleibt am Ende keine Zeit, um alles zu klären. Wenn Fragen offen bleiben, Aussagen nicht eindeutig waren oder einfach weitere Informationen hilfreich sein könnten, schauen wir nach der Sendung noch einmal drauf – hier in unserem Faktencheck.

Und das schauen wir uns an:

  • Wie groß ist der Frauenanteil in der Unionsfraktion?

Wie groß ist der Frauenanteil in der Unionsfraktion?

Unsere Kommentatoren diskutierten in der Sendung u.a. über die Zusammensetzung des neuen Bundestages, insbesondere im Hinblick auf das Geschlechterverhältnis. Petra Gerster, langjährige Moderatorin der ZDF-"heute"-Nachrichten, kritisierte speziell die Union, die zwar vor Jahren eine Frauenquote eingeführt, diese aber nicht konsequent durchgesetzt habe. Die stellvertretende Politik-Chefin der "Bild"-Zeitung Angelika Hellemann ergänzte, der Frauenanteil der Unionsfraktion liege aktuell knapp unter einem Viertel. Die konkreten Zahlen schauen wir uns hier noch einmal genauer an.

Neuer Bundestag: Wie groß ist der Frauenanteil in der Unionsfraktion?  | Video verfügbar bis 25.03.2026

Gerster: "Jetzt sind die Unions-Frauen ja mal wieder aufgewacht und kämpfen für die Parität, für die ja schon Rita Süssmuth 2020 eine Kampagne gefahren hat. Und 2022 hat die Union eine Frauenquote eingeführt, die stufenweise sich erhöhen sollte bis zu diesem Jahr und bei 50 Prozent liegen sollte. Von diesen 50 Prozent ist weit und breit nichts zu sehen."

Hellemann: "Aber der Protest kommt doch viel zu spät. Ich meine, der Frauenanteil der Unionsfraktion ist gesunken. Die liegen bei mickrigen 23 Prozent. Und ich glaube, dass er (gemeint ist CDU-Chef Friedrich Merz, Anm. d. Red.) vor allen Dingen Klöckner (gemeint ist die neue Bundestagspräsidentin Julia Klöckner, Anm. d. Red.) in den Job gebracht hat, um erst mal das Paritätsproblem im Kabinett zu lösen, weil er halt ganz viele Männer hat, auch ganz viele aus NRW, die ganz viel Karriere machen wollen."

Hintergrund: Wie groß ist der Frauenanteil in der Unionsfraktion?

Tatsächlich führte die CDU im September 2022 eine verbindliche Frauenquote ein, wonach in den Parteigremien ab der Kreisebene 40 Prozent der Posten mit Frauen besetzt werden müssen. Ab Mitte 2025 sollen es dann 50 Prozent sein. Auch für die Listenaufstellung bei Bundestags-, Landtags- und Europawahlen hat die CDU seit 2022 eine Quotenregelung. So soll unter drei aufeinander folgenden Listenplätzen mindestens eine Frau vertreten sein. Diese Quote gilt jedoch nicht für die Aufstellung von Kommunalwahllisten. Dort gilt weiterhin das sogenannte "Frauenquorum" – ein Ziel von einem Drittel, das aber nicht verpflichtend ist.

CDU-Urgestein Rita Süssmuth kämpfte für Frauenquote

Maßgeblich vorangetrieben wurde die Quotenregelung von der Frauen-Union, deren Ehrenvorsitzende Rita Süssmuth im Jahr 2020 betonte, die Einführung einer Frauenquote innerhalb der CDU sei "überfällig". Wenn die CDU dieses Thema weiter verschleppe, so warnte Süssmuth damals, "wird das die Partei schädigen“. Zwar löse die Quote nicht alle Probleme, sie sei aber der erste wichtige Schritt, "um Frauen besser zu beteiligen". Zwei Jahre später und nach vielen kontroversen Debatten innerhalb der CDU wurde die Quote schließlich angenommen.

Diese gilt aber nicht für die gesamte Union, die sich aus den beiden Schwesterparteien CDU und CSU zusammensetzt. Zwar gilt in den Landes- und Bezirksvorständen der CSU ebenfalls ein verpflichtender Frauenanteil von 40 bzw. 50 Prozent. Anders als die CDU haben die Christsozialen aber keine Regelung für die Zusammensetzung der Landeslisten. So wirkt sich die Frauenquote der CSU lediglich auf die Bekleidung interner Parteiämter aus, nicht aber auf den potentiellen Frauenanteil in den Parlamenten.

Nachdem die CDU mehrheitlich für die Einführung einer Quote stimmte, stieg der Frauenanteil in allen parteiinternen Ämtern und Gremien – teils sogar deutlich, wie ein vergleichender Blick in die Gleichstellungsberichte zeigt, die regelmäßig auf den CDU-Parteitagen vorgelegt werden. Besonders groß fiel die Veränderung demnach im Parteipräsidium aus. Im November 2021 betrug der Frauenanteil hier noch 26,7 Prozent. Im Januar 2024 waren es schon 46,7 Prozent.

Unions-Frauen fordern Quote im Bundestag

Kritikern geht das nicht weit genug. Sie fordern eine stärkere Beteiligung weiblicher Parteimitglieder, insbesondere mit Blick auf den Bundestag. Hier hat die Union aktuell einen Frauenanteil von gerade einmal 23,1 Prozent. Sie liegt damit deutlich hinter den Grünen (61,2 Prozent), der Linken (56,2 Prozent) sowie der SPD (41,7 Prozent). Geringer ist der Frauenanteil nur in der Fraktion der AfD (11,8 Prozent).

Als ein Grund für den hohen Männeranteil in der Unionsfraktion gilt die große Zahl der Direktmandate, die die Union bei der Bundestagswahl gewonnen hat. Die Landeslisten, bei deren Aufstellung zumindest im Fall der CDU die Quote gilt, wirken sich daher weniger stark aus als bei anderen Parteien.

Die Vorsitzende der Unions-Frauengruppe im Bundestag, Mechthild Heil, fordert nun eine Frauenquote auch bei der Vergabe von parlamentarischen Leitungsposten. "Wenn wir als Parteien und als Politiker die Bevölkerung wirklich repräsentieren wollen, dann muss der Blick der Frauen auch in großem Maße dabei sein – mindestens 50 Prozent", sagte Heil gegenüber dem MDR. Das Geschlecht allein dürfe zwar kein Kriterium für die Vergabe von Ämtern sein, jedoch könne es nicht sein, dass kompetente Frauen nicht gehört werden. Die Unions-Frauen richteten ihre Forderungen in einem Brief an die Fraktionsspitze. Die Fraktion, so heißt es in dem Brief, stehe "regelmäßig in der Kritik", wenn es um die Repräsentation von Frauen in der Politik gehe. Zuletzt bezog sich die Kritik speziell auf die Frauenbeteiligung in den Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD. In insgesamt 16 Arbeitsgruppen wurden zunächst die Eckpunkte eines möglichen Koalitionsvertrags verhandelt. Zu diesem Zweck entsendete jede der drei Parteien – CDU, CSU und SPD – einen Verhandlungsführer in die jeweilige Arbeitsgruppe. Die Verhandlungsführer der CDU waren mehrheitlich Männer (Verhältnis 10 zu 6), ebenso bei der CSU (Verhältnis 11 zu 5). Bei der SPD hingegen war das Verhältnis ausgeglichen – 8 Männer, 8 Frauen.

Merz lehnt strenge Parität im Kabinett ab

CDU-Chef Friedrich Merz erklärte kürzlich, er bedauere den geringen Anteil von Frauen in der Unionsfraktion. "Wir haben jetzt wieder nur leider 25 Prozent Frauen in der Bundestagsfraktion – der Anteil im Kabinett wird höher", sagte er gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Eine streng paritätische Besetzung des Kabinetts lehnte Merz aber ab. Das unterstrich er bereits im Oktober 2024. Er halte wenig von Vorschlägen einer geschlechterparitätischen 50/50-Besetzung, sagte er damals in der Sendung "Frühstart" von RTL/ntv. Konkret verwies er auf die Arbeit von Christine Lambrecht (SPD) als Verteidigungsministerin, die das Amt von Dezember 2021 bis zu ihrem Rücktritt im Januar 2023 bekleidete. Merz sagte, das sei eine "so krasse Fehlbesetzung" gewesen und das wolle man nicht wiederholen. "Wir tun damit auch den Frauen keinen Gefallen."

Olaf Scholz stellte zu Beginn seiner Kanzlerschaft im Jahr 2021 ein paritätisches Kabinett auf – jedenfalls wenn man das Amt des Bundeskanzlers selbst nicht zum Kabinett hinzuzählt. Über die Zählweise gibt es unterschiedliche Ansichten und Argumentationen. Zählt man Scholz also nicht mit, startete seine Regierung mit 8 Ministerinnen und 8 Ministern. Durch Kabinettsumbildungen veränderte sich das Verhältnis im Laufe der Legislaturperiode jedoch zulasten des Frauenanteils.

Fazit: Im September 2022 führte die CDU eine verbindliche Frauenquote ein, die zu einem teils deutlichen Anstieg des Frauenanteils in den parteiinternen Ämtern und Gremien geführt hat. Anders als die Schwesterpartei CSU wollte man mit einer Quotenregelung für die Landeslisten zusätzlich dazu beitragen, dass mehr Frauen in den Parlamenten vertreten sind. Das gelingt bislang aber kaum. Im neuen Bundestag hat die Union einen Frauenanteil von gerade einmal 23,1 Prozent. Sie liegt damit deutlich hinter den Grünen, der Linken sowie der SPD. Die Unions-Frauengruppe im Bundestag kritisiert das und fordert nun eine Frauenquote auch bei der Vergabe von parlamentarischen Leitungsposten. CDU-Chef Friedrich Merz erklärte indes, er bedauere den geringen Anteil von Frauen in der Unionsfraktion. Eine streng paritätische Besetzung des Kabinetts lehnt er aber ab.

Stand: 26.03.2025

Autor: Tim Berressem