So., 10.04.22 | 12:03 Uhr
Das Erste
Presseclub
Die Gräueltaten von Butscha haben weltweit für Abscheu und Entsetzen gesorgt. Abgefangene Funksprüche des Bundesnachrichtendienstes legen die Vermutung nahe: Der Terror gehört offenbar zur brutalen Strategie der russischen Soldaten. Putins Schergen wollen die Ukrainer in Angst und Schrecken versetzen, um so ihren Widerstand zu brechen. Butscha ist ein Fanal für den Westen: Gestern beschlossen die NATO und die EU, die Sanktionsschraube weiter anzuziehen. Ab August will sich EU ganz von russischer Kohle abkoppeln. Außerdem soll die Ukraine künftig noch schwerere Waffen bekommen. Wird das ausreichen, um weitere Massaker zu verhindern oder vielleicht sogar den Krieg zu beenden?
Wie brutal Russland gegen die Ukraine vorgeht, zeigt auch der jüngste Raketenbeschuss auf einen Bahnhof in der Ostukraine, wo Menschen auf einen Zug warteten, um zu fliehen. Bisher hat die NATO kategorisch ausgeschlossen, in der Ukraine selbst Kriegspartei zu werden. Muss sich das vielleicht doch ändern? Wie lange kann die NATO als Werteallianz den Massakern zuschauen? Oder ist der Westen in Wirklichkeit längst selber Teil dieses Krieges, weil er der Ukraine inzwischen mehr als nur Defensivwaffen zur Verfügung stellt? Tschechien hat als erstes NATO-Land das Tabu gebrochen und Panzer an die Ukraine geliefert. Welches Ziel verfolgt der Westen? Soll sich die Ukraine “nur” verteidigen oder Russland militärisch sogar besiegen können? Wie verhält sich die deutsche Bundesregierung? Bisher haben Scholz, Baerbock und Lambrecht stets beteuert, fest an der Seite der Ukraine zu stehen. Kiew beklagt aber bis heute, dass es anders als versprochen immer noch auf Waffen aus Deutschland wartet. Fakt ist, dass Deutschland bisher militärisch weniger Unterstützung leistet als Estland. Wer steht auf der Bremse und warum? Der Bundeskanzler hat Ende Februar von einer Zeitenwende gesprochen. Jetzt soll alles geprüft werden, was machbar ist. Ein überfälliger Sinneswandel?
Darüber diskutiert WDR-Programmdirektor Jörg Schönenborn mit den Gästen:
Liana Fix, Politikwissenschaftlerin und Publizistin
Susanne Koelbl, Der Spiegel
Friedrich Schmidt, Frankfurter Allgemeine Zeitung
Deniz Yücel, WELT