So., 28.02.16 | 12:03 Uhr
Das Erste
Presseclub
Gäste: Andrea Dernbach (Der Tagesspiegel), Stephan Detjen (Deutschlandradio), Cathrin Kahlweit (Süddeutsche Zeitung), Wolfram Weimer (Publizist und Verleger)
Die Staaten entlang der Balkanroute machen ernst - und pfeifen auf Brüssel: Sie wollen auf eigene Faust dafür sorgen, sich gegenüber Flüchtlingen abzuschotten. Die Grenzkontrollen werden verstärkt, besonders die Grenzübergänge zwischen Mazedonien und Griechenland sollen so dicht wie möglich gemacht werden. Dies alles ohne Rücksprache mit der EU oder Griechenland. Österreich hat bereits Obergrenzen eingeführt, unter Protest der EU. Der ungarische Premier Orban will sein Volk befragen, ob das Land Flüchtlinge aufnehmen will, die von der EU verteilt werden. Eigentlich war das in Europa längst beschlossen.
Die Folgen sind schon spürbar: Im Norden Griechenlands harren Tausende Flüchtlinge aus Afghanistan aus - sie werden nicht mehr über die mazedonische Grenze gelassen. Allein die Bilder sollen andere abschrecken, sich gar nicht erst auf den Weg zu machen.
In Deutschland, lange Zeit überfordert mit der schieren Zahl ankommender Menschen, hat sich die Lage an den Grenzen entspannt. Die Erstaufnahmestellen berichten von zahlreichen leeren Unterkünften.
Angela Merkels Ziel einer deutlichen Reduzierung der Flüchtlingsströme scheint kurzfristig erreicht. Sie dürfte sich freuen, so kurz vor drei wichtigen Landtagswahlen. Doch ob dies langfristig so bleiben wird, ist fraglich. Wenn das Wetter besser wird, könnten sich wieder mehr Menschen auf den Weg nach Europa machen. Und eine Einigung mit der Türkei über Grenzkontrollen und Flüchtlingskontingente steht noch aus.
Wie wird Europa reagieren, wenn an den Außengrenzen eine humanitäre Katastrophe droht? Retten die Alleingänge von Orban und Co. Angela Merkel den Job? Und wie gut ist Deutschland auf eine neue Flüchtlingswelle vorbereitet?
Das diskutiert WDR-Fernsehdirektor Jörg Schönenborn am Sonntag im "Presseclub" mit seinen Gästen.