So., 18.09.16 | 12:03 Uhr
Das Erste
Presseclub
Markige Worte gibt es genug: Die EU sei in einer „existenziellen Krise“, sagt Kommissionspräsident Junker. In den kommenden zwölf Monaten müsse die „Wende“ geschafft werden, fordert Ratspräsident Tusk. Sonst zerfalle der Kontinent. Vieles spricht dafür, dass die beiden Recht haben.
Denn noch nie war die Europäische Union so uneinig wie heute: Mitgliedsstaaten wie Polen und Ungarn stellen rechtsstaatliche Grundsätze offen in Frage. Großbritannien hat sich verabschiedet; in einigen Staaten wollen Populisten lieber heute als morgen den Briten folgen. Griechenland braucht möglicherweise weitere Milliardenhilfen - auch Italien kämpft mit seinen Staatsschulden. Und Südeuropa ächzt weiter unter Massenarbeitslosigkeit und fehlenden Perspektiven.
Der Flüchtlingszuzug hat die Krise verschärft: Grenzen werden wieder kontrolliert, entlang der Balkanroute stehen Zäune und Mauern. Bei der Verteilung der Flüchtlinge innerhalb Europas konnte eine offene Revolte noch gerade so verhindert werden. Doch das Abkommen mit der Türkei wird von den EU-Staaten de facto kaum umgesetzt.
Auf ihrem „Zukunfts-Gipfeltreffen“ in Bratislava wollen die Staats- und Regierungschefs Wege aus der Krise finden. Sie hoffen, dass sich jetzt Projekte umsetzen lassen, die die Briten bisher blockiert hatten, beispielsweise eine europäische Armee. Kommissionspräsident Junker will den Milliarden-Fonds für Investitionen verdoppeln. Doch ein Problem bleibt: Viele Bürger sind europamüde. Das Projekt des in Frieden vereinten, grenzenlosen Kontinents löst keine Begeisterung aus. Brüssel gilt vielen nicht als Lösung, sondern als Verursacher der Probleme.
Wie tief ist Europas Krise? Kann der Brexit die EU zusammenschweißen? Und wer kann Europa seine Strahlkraft zurückgeben?
Darüber diskutiert WDR-Chefredakteurin Sonia Seymour Mikich im "Presseclub" mit:
Rolf-Dieter Krause, ehem. ARD-Studio Brüssel
Josef Joffe, Die Zeit
Annette Riedel, Deutschlandradio
Britta Sandberg, Der Spiegel