So., 26.01.20 | 23:35 Uhr
Das Erste
Dror Mishani: "Drei"
Über Verführung, Vertrauen und den Verlust aller Sicherheiten – Dror Mishani erzählt in seinem Roman "Drei" von alltäglichen Schicksalen in einer Großstadt und entwirft dabei ein feinfühliges Psychogramm der israelischen Gesellschaft.
Sie stehen in der Mitte ihres Lebens, sind aufgeklärt und unabhängig, aber einsam: Drei Frauen, die auf der Suche nach Zuwendung und Nähe demselben Mann begegnen. Nach und nach offenbart sich, wer dieser Mann wirklich ist. Alle vier Romanfiguren sind äußerst lebensnah und präzise gezeichnet, so, als könnten sie jeden Moment aus dem gegenüberliegenden Hause treten. Was erwarten sie und was erwartet sie? Wer sagt die Wahrheit, wer lügt, wer ist Opfer und wer Täter?
Dror Mishani lässt mit sicherem Gespür für die kleinen Alltagsdramen, menschlichen Sehnsüchte und Nöte seine Figuren in ihr Schicksal stolpern und hält dabei den Leser in ständiger Alarmbereitschaft. Dieser hat anfangs nur eine vage Vermutung, dass irgendetwas schief laufen könnte, ohne aber dabei an ein Verbrechen zu denken. Dror Mishani setzt ganz auf die mit überzeugenden Dialogen dargestellte Perspektive der Frauen, die durch ihre berührenden Lebensgeschichten dem Leser nach und nach ans Herz wachsen.
So ist "Drei" kein klassischer "Kriminalroman", wie Dror Mishanis vorausgegangenen Bücher um den Kommissar Avraham, der ihn in Israel berühmt machte. Sein neuer Roman ist in weiten Teilen eine Analyse der israelischen Gesellschaft und eine Beschreibung der Stadt Tel Aviv, die in einem ständigen Kriegszustand lebt und in der "eine Normalisierung und Rationalisierung von Gewalt und Tod stattfindet" (Dror Mishani). Nun hat der in Israel bereits sehr populäre Autor auch die internationalen Bestsellerlisten erobert. Eine Verfilmung ist geplant.
Stand: 26.01.2020 16:54 Uhr
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