So., 12.12.21 | 23:50 Uhr
Das Erste
Felicitas Hoppe: "Die Nibelungen"
Auf dem Domplatz zu Worms präsentiert eine Schauspieltruppe das Nibelungenlied als Theateraufführung – und dieses Grundgeschehen wird von Felicitas Hoppe zum Lustspiel über Zitat, Ironie und die zersetzende Kraft der Literatur.
"Uns ist in alten mæren wunders vil geseit / von helden lobebæren, von grôzer arebeit, / von fröuden hôchgezîten, von weinen und von klagen, / von küener recken strîten muget ir nu wunder hœren sagen." So hebt das Nibelungenlied an, dieses Heldenepos, das in seiner Rezeptionsgeschichte so verehrt, verdeutet, verkitscht und missbraucht wurde, das ideologisch so beladen und dann doch als Kunstwerk einzigartig ist.
Der blonde Siegfried, der dunkle Hagen, die gezähmten Frauen Kriemhild und Brunhild, der Durst nach dem Schatz und des Drachen Ende. Hinter schwarzen Texttafeln, die wie im Stummfilm die Kapitel ankündigen, experimentiert Felicitas Hoppe lustvoll mit dem Mythos, dekonstruiert und setzt neu zusammen. Und fährt in literarischem Schnelltempo der Frage hinterher: Wie war‘s wohl? Wie geht die wahre Geschichte der Nibelungen, dieser europäischen Helden, die in Island oder Norwegen beginnt, am Rhein entlang spielt, die Donau runter erzählt wird und schließlich im Schwarzen Meer mündet?
"Die Nibelungen" war 2021 für den Deutschen Buchpreis nominiert
Die Literatur darf alles, auch hier ein neues Lied erfinden. Felicitas Hoppes neuer Roman feiert das Zitat und den Ideenklau, die zersetzende Wirkung des Märchens und die Lust am Kontext.
Die Autorin scheint nicht zufällig in der Rattenfängerstadt Hameln geboren, Mythen und Mären beschäftigen sie immer wieder, in Romanen genauso wie in ihren Kinderbüchern. "Die Nibelungen" war 2021 für den Deutschen Buchpreis nominiert. Mit Denis Scheck spricht Felicitas Hoppe über ihre produktive und genresprengende literarische Werkstatt und darüber, wie viel Mut man braucht, um sich ins altgermanische Schlachtengetümmel zu stürzen. Schließlich, wie heißt es im Motto dieses Romans: "Nur Helden fürchten sich nie, deshalb schreiben sie keine Bücher."
Stand: 12.12.2021 23:50 Uhr
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