So., 30.03.25 | 23:05 Uhr
Das Erste
Gastland: Warum Literatur aus Norwegen so erfolgreich ist
Kleines Land, facettenreiche Buch-Szene auch dank staatlicher Förderung
Norwegen – das Land der grandiosen Natur, der Fjorde, Wasserfälle und verschlafenen Fischerdörfer. UND das Land der internationalen Bestsellerautoren- und autorinnen. So wie Maja Lunde. Ihr neuer Roman "Für immer" ist ein Gedankenspiel: Was wäre, wenn Zeit nicht mehr weitergeht?
"Von einem Tag auf den anderen hören die Menschen auf zu sterben. Und sie werden auch nicht mehr geboren. Kinder hören auf zu wachsen. Es herrscht Stillstand", erläutert die Schriftstellerin die Grundidee für ihr Buch und fragt damit: "Was passiert, wenn es den Tod nicht mehr gibt?" Diese Vorstellung habe sie fasziniert, sagt Lunde.
Internationaler Erfolg dank NORLA

Dass Literatur aus Norwegen weltweit Erfolge feiert, liegt auch an der Agentur NORLA und ihrer Direktorin Margit Walso. NORLA sorgt dafür, dass norwegische Autorinnen und Autoren in möglichst vielen Ländern und Sprachen erscheinen. Die Kosten für die Übersetzungen werden von der Agentur übernommen:
"NORLA arbeitet sehr eng mit Übersetzern auf der ganzen Welt zusammen. Denn wir sind überzeugt, dass die norwegische Sprache und Literatur in einen weltweiten Dialog treten sollten." Dass die Bücher so um die Welt reisten, sorge auch dafür, dass neue Impulse nach Norwegen zurückkämen.
Literatur und Lesekultur in Norwegen: Förderung und Teilhabe

Kulturpolitik auf Norwegisch heißt außerdem: Der Staat kauft Neuerscheinungen an und verteilt sie gratis an Bibliotheken. Jede Gemeinde ist verpflichtet, eine Bibliothek zu haben. Erst kürzlich wurde die Deichman-Bibliothek, ein neuer Komplex mit riesigen Lesesälen in Oslo eröffnet, ein beliebter Treffpunkt für Bücherfreunde.
Alle profitieren von den staatlichen Förderprogrammen, Leser, Literaturschaffende und Verlage, wie Margit Walso weiter ausführt: "Unterstützung ist wichtig für die Autorinnen und Autoren, aber auch für die ganze Branche. Es gibt ihnen breite finanzielle Möglichkeiten, zu experimentieren und Risiken einzugehen. Denn wenn man literarische Erfolge erreichen will, muss man in viele unterschiedliche Stimmen investieren.“
Hinzu kommt: Auf Bücher wird keine Mehrwertsteuer erhoben. Der Zugang dazu, so der politische Wille in Norwegen, soll so leicht wie möglich gemacht werden.
Maja Lunde macht sich stark fürs Lesen und die Buchkultur: "Basis für alles"

Gut so, sagt Maja Lunde. Die Kultur des Lesens und Schreibens kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden, wie sie betont. Das geschriebene Wort zähle zu den Dingen, die die Menschen von allen anderen Arten auf diesem Planeten unterscheidet. "Dass wir in der Lage sind, unsere Gefühle und Gedanken schriftlich festzuhalten, das macht uns einzigartig."
In ihren Augen gehören Bücher zum sozialen Kitt, der unsere Gesellschaften zusammenhält. Sie sind die Basis für Traditionen und Geschichten, die wir alle teilen. Ginge die Buchkultur zu Ende, hätte das fatale Folgen, warnt sie: "Wenn man Bücher aus modernen Gesellschaften entfernt, zerstört man sie. All unser Wissen wird zerstört, das kollektive Wissen, das eng verbunden ist mit Büchern und mit dem Lesen."
Das Besondere an Norwegens Literatur: Tradition und Forscherdrang

Dass der Stellenwert, die Fülle und die Besonderheit norwegischer Literatur schier beneidenswert sind, erklärt NORLA-Direktorin Margit Walso allerdings auch mit der grenzüberschreitenden Tradition: "Es gibt bei uns eine Tradition von Sagen und Erzählungen, die ihren Ursprung in Island hat, und es gibt die Suche nach Abenteuern beim Erforschen der Natur und das Erkunden des Unbekannten. Das prägt unsere Art, Geschichten zu erzählen."
Autorin TV-Beitrag: Hilka Sinning
Stand: 30.03.2025 22:18 Uhr
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