So., 01.12.24 | 23:05 Uhr
Das Erste
Zaho de Sagazan
Zaho de Sagazan singt Bowie bei den Filmfestspielen in Cannes für Jury-Vorsitzende Greta Gerwig. Wie blitzverliebt. "Modern Love" wird zum Moment, in dem zwei sich offenbaren. "Ich verstehe nicht, warum nicht alle Menschen großzügig sind", sagt Zaho de Sagazan.
"Als ich in Cannes großzügig war, habe ich Gretas Großzügigkeit voll zurück bekommen. Weil ich geweint habe, hat sie auch geweint. Bei jedem Konzert ist das doch so. Das Publikum gibt mir Energie. Ich gebe ihm Energie zurück und bekomme wieder Energie. Ein ständiges Teilen. Hin und her. Als würden wir uns pausenlos gegenseitig Geschenke machen. Hin ein Geschenk. Her ein Geschenk. Hin ein Lächeln. Her ein Lächeln."
Ihre Vorbilder: Jacques Brel und Kraftwerk
Zaho de Sagazan, 24, ist das derzeit größte Talent französischer Popmusik. Ihre Vorbilder: Jacques Brel und Kraftwerk. Größtmögliches Gefühl auf kleinstmöglichem Raum. Lieder mit so wenigen Worten wie nötig.
"Originalität ist eine Tugend in meiner Familie. Ich habe einerseits einen Vater, der völlig frei ist, ein bisschen verrückt, aber sehr nett, für die Philosophie brennt, für das unendlich Große und das unendlich Kleine. Und andererseits eine Mutter, eine Lehrerin, die sehr lustig und sehr liebevoll ist. Sie hat sich ihr ganzes Leben Kindern gewidmet und ihre Begeisterung für Menschen auf mich übertragen."
Harter Elektro und Chansons
In Frankreich wurde sie innerhalb eines Jahres ein Superstar. Sang vor einem Weltpublikum bei der Olympia-Abschlussfeier. Performt immer noch harten Elektro in Clubs. Und: herzreißende Chansons. Sie ist hypersensibel. Als Kind wird sie von ihren Gefühlen überrollt. Sie rauben ihr alle Worte.
"Ich hatte große Schwierigkeiten zu kommunizieren. Und die Musik hat mir nach und nach geholfen. Irgendwann habe ich erkannt, dass ich, wenn ich meine Sensibilität gezielt einsetze, wunderbare Dinge bewirken kann."
Mit dem Klavier war es Liebe auf den ersten Blick
Mit 13 setzt sie sich ans Klavier der älteren Schwester. Ihre Finger beginnen zu wandern, irrlichternd, rastlos, bis sich plötzlich Melodien von beruhigender Klarheit herausschälen.
"Es hat richtig Klick gemacht. Und ich verbrachte gleich mal sechs Stunden am Klavier. Dabei fühlte es sich so an, als ob es nur zehn Minuten waren. Ich schrie mein Klavier an vor Glück. Das hier war die absolute Freiheit! Ich habe mich in meinem bisherigen Leben nur ein einziges Mal auf den ersten Blick verliebt: in das Klavier. Und ich wusste, dass diese Liebe mein ganzes Leben lang bleiben würde."
Das sind die Chansons der Gegenwart
Als Austauschschülerin in Berlin hat sie auch Nena schätzen gelernt. "Ich höre schon lange Nena und liebe dieses Lied. Habe auf Partys immer dazu getanzt und das Lied auch aufgelegt. Ich liebe die deutschen Sprache. Also wollte ich mal wissen, was Nena da überhaupt singt. Und erst da wurde mir klar, dass ihr Lied von der Absurdität des Kriegs handelt. Aber ich hatte immer nur darauf getanzt … 99 Luftballons." Mittlerweile spielt sie das Lied als Zugabe bei ihren Konzerten.
"Das extrem Dunkle habe ich immer geliebt. Ich wollte Chansons und elektronische Musik zusammenbringen. Ich mag es, Menschen im gleichen Augenblick zum Weinen und zum Tanzen zu bringen." Das sind die Chansons der Gegenwart. Minimum. Maximium. Präzision. Eskalation.
Eine Symphonie der Blitze
"Ich wurde in Saint-Nazaire geboren. Eine Stadt, in der es ständig regnet und Unwetter gibt. Ich habe das stürmische Meer schon immer dem ruhigen Meer mit Sonne vorgezogen. Ich mag den Sturm, das Drama."
Die Symphonie der Blitze. Dieses Lied ist ihr großer Hit. Die Zähmung des Unberechenbaren: ihre Kunst.
CD-Tipp
Zaho de Sagazan: "La symphonie des éclairs (le dernier des voyages)", Disparate.
Deutschland-Tour 2025
03.03. Hamburg
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Autor: Andreas Krieger
Stand: 01.12.2024 19:08 Uhr
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