So., 11.02.24 | 23:35 Uhr
Das Erste
"Die Brandstifter" - Über die Radikalisierung der Republikanischen Partei
Buch von Annika Brockschmidt
Er ist wieder da. Und er hetzt gegen Nichtweiße: Donald Trump – das ist kein Betriebsunfall, sondern Ergebnis eines jahrzehntelangen Prozesses. Die Hardliner seiner Partei schassten sogar ihren Kongresssprecher – weil er es wagte, mit Demokraten Kompromisse zu schließen. Hat Donald Trump die Partei der Republikaner gekapert? Oder ist er vielmehr die Konsequenz einer jahrzehntelangen Radikalisierung? Diese These vertritt die Journalistin und Autorin Annika Brockschmidt in ihrem Buch "Die Brandstifter. Wie Extremisten die Republikanische Partei übernahmen".
"Was die Parteiführung letzten Endes jetzt erntet ist eine Saat, die sie vor Jahrzehnten schon gesät hat, nämlich die stetige Radikalisierung," meint Annika Brockschmidt. "Die Parteiführung hat lange geglaubt, dass sie diese rechtsextremen Elemente zwar nutzen, aber kontrollieren könne. Und die Rechnung geht nicht auf. Und das Ergebnis sehen wir heute."
Radikalisierung als Rache für den "vergessenen Amerikaner"
Barry Goldwater wurde 1964 Präsidentschaftskandidat – unterstützt von einer gutorganisierten Gruppe Rechter. Er attackierte die eigene Parteispitze, weil die gegen die Rassentrennung war. Öffentlich vertrat er die Meinung: "Extremismus bei der Verteidigung der Freiheit ist keine Schande." Er wetterte gegen intellektuelle Eliten, beschwor den "vergessenen" Amerikaner. "Die vergessenen Amerikaner sind in dem Zusammenhang weiße Menschen der Arbeiter und Arbeiter und Mittelschicht, die gerne in ländlicheren Gebieten leben. Man sehnt sich nach der guten alten Zeit zurück, aber die Zeit war vor allem gut für weiße, christliche Männer", erklärt Brockschmidt.
Goldwater schaffte es nicht zum Präsidenten, gewann aber erstmals südliche Staaten, die vorher demokratisch waren. Damit gewann er eine neue Wählerschaft, die nach und nach die Parteibasis übernehmen sollte. Ronald Reagan siegte mit ihnen: weiße Evangelikale, die in vielen ländlichen Staaten den Ton angeben. Die oft militanten Abtreibungsgegner sind heute die Basis von Trump – und der nach rechts gerückte Supreme Court hat das bundesweite Abtreibungsrecht gekippt.
"Deswegen ist es wenig verwunderlich," meint die Journalistin, "dass vor allem weiße Evangelikale nach wie vor fest hinter ihm stehen. Er hat ihnen einen wichtigen Sieg am obersten Gerichtshof geschenkt, mit dem Ende von dem Grundsatzurteil im Fall Roe gegen Wade. Insofern hat er für sie geliefert, und sie wollen noch mehr."
Angst als strategische Triebkraft
Rechte Strategen sähen seit Jahrzehnten gezielt Angst. Sie beschreien böse Eliten, irre Demokraten, die drohende Apokalypse. Eine Politik der totalen Blockade gegen alles Liberale. Der spätere Trump-Unterstützer Newt Gingrich setzte sie durch. Die Autorin identifiziert die Strategische Platzierung von Feindbildern: "Das ist der Feind, die sind Anti-Familie, Anti-Kind. Und wir - wir sind die Partei der ehrenhaften, der echten Amerikaner. Und das macht natürlich was mit einer politischen Kultur. Das zerstört bei der Basis jegliche Erwartung eines Kompromisses und macht den Kompromiss unmöglich."
Es kommt wiederholt zu Ausschreitungen. Aufgeheizte Mobs bedrängen Wahlauszählungen, und rechte Kommentatoren fabulieren, dass Wähler von Biden vielleicht US-Pässe haben, aber keine echten Amerikaner seien. Trump gefällt‘s. Vernichtende Parolen erklingen in der Masse: "Wir werden sie ausrotten, diese Kommunisten, Faschisten, diese verbrecherische radikale Linke, dieses Ungeziefer in unserem Land." Brockschmidt erkennt Trumps rassistische Ziele: "Er will abschaffen, dass der Mann auf amerikanischem Boden geboren wird, dass man dann auch die amerikanische Staatsbürgerschaft hat. Also das sind erste Versuche einer, ja, ethnonationalistischen Eingrenzung, dessen, wer überhaupt als Amerikaner zählt."
Trumps neues Manifest: "Project 2025"
Die USA könnten tatsächlich am Scheideweg stehen. Der Supreme Court wurde zum Teil unter Trump neu besetzt. Und ein rechter Thinktank hat das "Project 2025" entworfen, eine Handlungsanleitung für eine autoritäre Herrschaft. "Das Wichtigste", findet Brockschmidt, "dieses 'Project 2025' sieht einen massiven Ausbau der Exekutivgewalt vor. Das heißt, der Präsident wäre quasi weder von Gerichten noch vom Kongress zu stoppen. Das ist natürlich Trumps Traum, deswegen ist es ja auch für ihn so atktiv. Aber es ist ein weiteres Zeichen dafür, dass wir in einer stetigen Radikalisierung der Bewegung stehen."
(Beitrag: Thorsten Mack)
Stand: 11.02.2024 19:53 Uhr
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