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Charly Hübners Dokumentarfilm über "Element of Crime"

Charly Hübners Dokumentarfilm über "Element of Crime" | Video verfügbar bis 22.09.2025 | Bild: Superfilm / Noel Richter

Charly Hübner hat einen Film über die Berliner Band "Element of Crime" gemacht. Die Band hat ihn gefragt. Und er hat ja gesagt. Eine Mini-Tournee durch fünf Berliner Nächte und Konzertorte. Und durch die fast 40 Jahre Bandgeschichte. Der Film "Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin" erzählt die Geschichte und Gegenwart einer ganz besonderen deutschen Band, die mit ihrer Mischung aus Jazz, Blues und Folk bis heute ein Alleinstellungsmerkmal in der deutschen Rock- und Popmusik hat.

 Ein Film über die Band "Element of Crime"

Schauspieler und Regisseur Charly Hübner
Schauspieler und Regisseur Charly Hübner  | Bild: Das Erste

Seine Filmfiguren könnten auch die Songhelden von "Element of Crime" sein: Akteure auf verlorenem Posten, Draufgänger der Melancholie – Charly Hübner – Schauspieler, Regisseur, Heavy Metal-Fan. Nun hat er einen Film über "Element of Crime" gemacht. Über eine Band, deren Musik das Gegenteil von Heavy Metal ist. Aber bereits damals in Mecklenburg, er war gerade 17, platzte eben dieses Quartett in die Hörgewohnheiten seiner Jugendclique. "Wir schenkten uns immer diese Audiokassetten, überspielt aus dem Westen oder von der Oma mitgebracht. Und der eine brachte eine Kassette mit, da waren vier Typen drauf, die erinnerten mich an 'Es war einmal in Amerika' und da stand drüber: 'Element of Crime, The Ballade of Jimmy and Johnny.' Dann legte ich die ein auf dem Walkman und dann kam dieses Pfeifen. So ging das los. Und so blieb es bis heute", erzählt Charly Hübner.

Eine Mini-Tournee durch fünf Berliner Nächte

"Element of Crime" im Lido
"Element of Crime" im Lido  | Bild: Felix Zimmermann

"Element of Crime" haben Charly Hübner gefragt, ob er einen Film über die Band machen würde. Und er hat, was er sonst nie macht, wenn er gefragt wird, sofort zugesagt. Die Antwort ist der Film. Eine Mini-Tournee durch fünf Berliner Nächte und Konzertorte. "Mir war klar, ich geh mal so rein und versuche rauszufinden, wie das hier läuft. Damit war sofort vieles entspannter, weil die Kameraleute mussten nicht immer darauf achten, dass ich nicht ins Bild komme. Ich wollte einfach den Film sehr offen führen, in so einer sanften, schwebenden Erzählung, nicht eine hektische Doku", so Hübner.

So entsteht "Element of Crime"

"Element of Crime" im Admiralspalast
"Element of Crime" im Admiralspalast  | Bild: Superfilm / Noel Richter

Westberlin in den 80ern. Sven Regener an der Trompete und Gitarrist Jakob Ilja begegnen sich in der Band "Neue Liebe". Sie spielen Postpunk – schräg und wild. "Und WOM, alle Leute rauf, immer gib ihm, immer Prügel, das ist klasse!", so Sven Regener im Film. "Sie haben sich in diesem seltsamen, welthistorisch ja einzigartigen Moment dieser Westberliner Frontstadt kennengelernt, wo ja auf der kreativen Ebene irre viel los war. Und haben aus diesen Erfahrungen heraus sich gesucht und da gefunden", erzählt Charly Hübner. Sven Regener will nicht mehr schräge Songs spielen, sondern schöne Lieder schreiben. So entsteht "Element of Crime". Zwischen Jazz, Blues und Folk findet die Band ihren unverwechselbaren Stil. Noch ist Englisch die Sprache über verlorene Lieben. "Das Irre an Berlin ist, wenn man durch so eine Brille von 'Element of Crime' auf die Stadt guckt, ist ja wirklich, was dann passierte, da war die Neue Deutsche Welle, dann gab es die kalte Avantgarde in der 2. Hälfte der 80er. Dann fiel die Mauer", so Charly Hübner.

Die Musik wird zum Soundtrack einer Stadt

Charly Hübner zog von Mecklenburg nach Berlin
Charly Hübner zog von Mecklenburg nach Berlin  | Bild: Das Erste

Und Sven Regener singt jetzt deutsch. "Kleiner Vogel flieg, Blaulicht und Zwielicht. Und ein kleines bisschen Krieg. Ja, ja. Ja, ja. Ich liebe dich", Ausschnitt aus dem Lied "Blaulicht und Zwielicht" von "Element of Crime". Für Charly Hübner, der gerade von Mecklenburg nach Berlin gezogen ist, werden die Alben zum Soundtrack seines Schauspielstudiums und dieser Stadt. "Nachdem hier Jahrzehnte diese schwarz-weiße kalte Stadt war, war Berlin auf einmal so warm und weich. Was 'Element of Crime' spätestens in 'Psycho' auch verarbeitet haben mit 'Jung und schön'", so der Filmemacher und Schauspieler. "Das Licht der Gaslaternen lässt uns schwindeln. Und warm sind die Nächte in Berlin. Wir taumeln durch die Straßen, so als wär'n wir jung und schön", aus dem Lied "Jung und schön".

Eine Zeitreise durch Berlin

Charly Hübner mit Jakob Ilja
Charly Hübner mit Jakob Ilja | Bild: Felix Zimmermann

Der Film über die Geschichte der Band ist zugleich eine Zeitreise durch Berlin. Aus Brachen werden Hochhäuser, aus Träumen wird Großstadtverkehr. Die Songs von "Element of Crime" kommen aus dieser Stadt und entstehen aus diesem Leben. "In Svens Texten höre ich auch eine Gesellschaft. Wie agiert eine Gesellschaft, wie sind die Leute unterwegs", erzählt Jakob Ilja im Film. Wie im Songtext von "Unscharf mit Katze": "Wir tauchen unter, wir tauchen auf. Aus unseren Mündern kommen Schall und Rauch. Wir haben keine Lösung, wir haben Lieder." "Die sitzen nicht die ganze Zeit in irgendwelchen Bussen, organisieren noch irgendwelche Aufmärsche oder schreiben Pamphlete oder machen jedes Wochenende ein Grillfest auf einem ihrer Höfe, sondern die treffen sich und machen Musik in einer total introvertierten, lässigen Weise", so Charly Hübner.

Lieder aus der Schule des Lebens

"Element of Crime" im SO36
"Element of Crime" im SO36 | Bild: Superfilm / Noel Richter

Sie haben keine Botschaften. Sie haben Bilder, Lieder aus der Schule des Lebens. "Und das hat ganz viel mit Freiheit zu tun. In Zeiten, wo ein Kalter Krieg endet, wo ein erster Iran-Krieg ist, wo eine Rave-Revolution ist, wo ein zweiter Irak-Krieg ist, wo der 11. September in New York stattfindet, wo mittlerweile ein Ukraine-Krieg ist, eine Weltwirtschaftskrise zwischendrin war, eine Flüchtlingskrise anhaltend ist, dass da drei Männer sagen: Wir schenken Entspannung. Seelenheil", erzählt Filmemacher Charly Hübner. "Try to be Mensch" heißt eines ihrer frühen Alben. Darum geht es noch immer. Und darum geht es in diesem Film. Unaufgeregt, heiter, entzückt und betrübt. Die Musik spielt das Leben und das Leben, die Musik. Ausschnitt aus dem Song "Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin": "Wo dieser Weg zu Ende ist, liegt ein Engel auf der Lauer, da wo einst die Mauer." "Also, wenn es dunkel und kalt wird in Berlin, höre eine 'Element of Crime'-Platte und dir wird warm und farbig", erzählt Hübner. Songtext von " Element of Crime": "Im Himmel wie auf Erden kann keiner in die Zukunft sehen. Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin."

(Autor: Lutz Pehnert)

Filmtipp:
"Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin", ab 3. Oktober im Kino
Regie: Charly Hübner

Stand: 22.09.2024 18:28 Uhr

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Produktion

Rundfunk Berlin-Brandenburg
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