So., 13.10.24 | 23:05 Uhr
WDR Fernsehen
Mehr als Dancefloor
Die düsteren Klänge des Anders Trentemøller
Trentemøller ist ein Wanderer zwischen den Musik-Stilwelten: Von Blues bis Brit-Pop hat er vieles probiert um dann mit seinen warmen, atmosphärischen Techno-Variationen Clubgänger auf Elektro-Partys zu begeistern. Doch diese Zeiten sind vorbei: Auf seinem neuen Album "Dreamweaver" veröffentlicht der Däne Songs über Vergänglichkeit, Sehnsucht und Verlust und vereint dabei elektronische Klänge mit Dark Wave oder Shoegaze. ttt hat Anders Trentemøller in seinem Kopenhagener Studio getroffen.
Anders Trentemøller macht keine Partymusik. Es sind Erzählungen. Voll Melancholie und Widerhaken. Nur, dass man sie nicht lesen kann: sondern tanzen. Die Kunst des Anders Trentemøller. Oder, wie er selbst es ausdrückt: "Ich mag es eine große Schicht aufzubauen, aber dann möchte ich immer noch andere Schichten darunter haben, die dem widersprechen. Weil das Leben aus so vielen unterschiedlichen Gefühlen und Widersprüchen besteht, will ich nicht nur eine Geschichte erzählen, sondern viele kleine Geschichten, die der einen großen Geschichte entgegenwirken."
Träume in Musik
"Dreamweaver" nennt Trentemøller sein neues Album. "Traumweber". Auch als Berufsbezeichnung ziemlich treffend. Und das fing schon ziemlich früh an, berichtet Trentemøller: "Ich erinnere mich, dass ich als Kind, wenn ich aus dem Urlaub nach Hause kam, als erstes direkt zum Klavier gegangen bin und stundenlang dort sitzen konnte, um all die Dinge zu spielen, die ich im Urlaub erlebt hatte."
Der schüchterne Star
Anders Trentemøller hat eine exquisite Sammlung historischer elektronischer Instrumente. Bekannt geworden mit Clubmusik, macht er heute vor allem: Shoegazing. Das Genre, bei dem Musiker schüchtern auf ihre Schuhe starren, während sie große Klangwände aufbauen. "Ich war zehn Jahre alt. Wir mussten in der Schule ein Stück aufführen und ich stehe nicht gern auf der Bühne. Also habe ich meinen Lehrer gefragt, ob ich etwas anderes machen könnte: vielleicht die Musik für das Stück schreiben?" So erzählt Anders Trentemøller heute. Der Lehrer fand die Idee gut und Trentemøller schrieb verschiedene Songs für das Theaterstück. Doch der Plan ging nicht so auf, wie er sich das vorgestellt hatte, berichtet er: "Nachdem das Stück zu Ende war, holte mich der Lehrer auf die Bühne und die anderen Schüler schenkten mir Blumen. Und ich dachte: Das war nicht die Idee! Ich sollte einfach hinter dem Klavier sitzen und spielen."
Melancholie als Grundton
Er war schon mit Depeche Mode auf Tour, aber am wohlsten fühlt er sich in seinem Studio. "In my room" – "in meinem Zimmer" heißt sein eigenes Plattenlabel. Seine Songs sind von einer gewissen Melancholie durchzogen. Doch warum?
"Ich bin in den Achtzigern aufgewachsen und da hatten alle Bands diese melancholische Stimmung", so Trentemøller, "und dann kommen noch die dänisch-skandinavischen Volkslieder dazu, alle in Moll, alle ziemlich melancholisch und traurig. Das ist in gewisser Weise Teil der gesamten skandinavischen Musiktradition. Wenn meine Mutter Schlaflieder sang, waren sie melancholisch. Es liegt einfach in meiner DNA."
Autor: Andreas Krieger
Stand: 13.10.2024 19:08 Uhr
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