So., 26.05.24 | 23:05 Uhr
"Megalopolis" von Francis Ford Coppola
Bevor es Zeit gab, hatte das Universum die Größe einer Grapefruit. Das früheste Stadium, die Singularität. Alle räumlichen Abstände tendieren gegen Null. Dann der Urknall. Raum dehnt sich, Zeit entsteht. Quantenmechanik, Relativität, Einstein, Goethe, Shakespeare, Marc Aurel, Nietzsche spielen in diesem Film eine Rolle. Francis Ford Coppola hebelt die Naturgesetze aus.
"Was gerade in Amerika geschieht, ist genau das, wie Rom seine Republik verloren hat."
Catalina ist genialer Architekt, Künstler, Utopist und Erfinder des Wunderstoffes Megalon mit dessen Hilfe er eine gerechte, schöne Zukunft formen will. Verhindern wollen das die Kräfte der Beharrung. Neid, Missgunst, Ränkespiele, Gier, Lüge und Betrug. Die Welt ist aus den Fugen. Das antike Rom ist lediglich vage Folie für das Empire Amerika und die kapitalistische Welt mit all ihren Ungerechtigkeiten.
"Das römische Imperium war das Modell für das moderne Amerika", sagt Francis Ford Coppola. "Aber ich hatte keine Ahnung, dass die Politiker von heute es so relevant machen würden. Denn was gerade in Amerika geschieht, unserer Demokratie, ist genau das, wie Rom seine Republik verloren hat."
Der Film zeigt nicht den Zustand der Welt – er ist der Zustand der Welt
"Ich habe auch einen Theaterhintergrund", sagt Adam Driver. "Dabei musst du wirklich offen dafür zu sein, falsch zu liegen. Das ist ein sehr generöser Akt. Und so war es am Set, es fühlte sich an wie beim Experimentaltheater. Und das machte den Dreh rebellisch und aufregend."
Dieser Film handelt nicht vom Zustand der Welt. Er ist der Zustand der Welt. Chaotisch. Aus dem Chaos schöpft Coppola Kreativität. Er macht es, wie Nietzsche es sagt: "Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können." Coppola sagt, auf zweierlei darf man nicht zu lange blicken: die Sonne und deine eigene Seele. Vergiss die schlechten Erinnerungen, dafür ist die Welt zu sehr aus den Fugen. Es wird Zeit, sie zu reparieren.
Der Film mag manchen Leuten zu viel sein
"Es wird gesagt, die Politiker müssen Antworten finden", sagt Francis Ford Coppola. "Ich glaube, es sind die Künstler. Die Rolle der Künstler ist es, die gegenwärtigen Probleme zu beleuchten. Kunst, die das nicht macht, ist wie ein Hamburger, den du isst, der aber keinerlei Nährwert hat. Mein Traum, meine Hoffnung ist: die Künstler machen in ihrer Arbeit sichtbar, was in der Gesellschaft gerade passiert, damit die Menschen sehen, was passiert, denn du kannst nicht reagieren, wenn du es nicht siehst."
Was Francis Ford Coppola in "Megalopolis" macht, mag manchen Leuten zu viel sein. Aber es ist faszinierend. Coppola spricht alle aktuellen Weltprobleme an. Und er macht ein Lösungsangebot: Kreativität – und das eine alles lösende und verbindende, die Gegensätze und Kämpfe auflösende eine Element: die Liebe! Und die schmerzt manchmal.
Stand: 26.05.2024 22:06 Uhr
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