So., 26.05.24 | 23:05 Uhr
"Kinds of Kindness" von Yórgos Lánthimos
Der Moment der Wahrheit. Dieser wunderschöne, grausame Moment, in dem ein Traum Wirklichkeit wird. Drei Geschichten: Eine Sektenjüngerin, die Tote zum Leben erwecken will. Ein Angestellter, der seinem Chef hörig ist. Eine Verschollene, die von ihrem Mann nicht erkannt wird. "Diese Geschichten zeigen die verzweifelte Suche nach Liebe", sagt Emma Stone. "Mit sehr unterschiedlichen Charakteren. Man sieht die große Verzweiflung geliebt zu werden, kontrolliert zu sein."
Sadismus, Liebe und Manipulation
Sadismus – und deren Opfer. "Kinds of Kindness", die Arten der Freundlichkeit. Liebe, runtergebrochen auf die Mechanik der Manipulation. "Meine erste Inspiration war die Lektüre von 'Caligula' von Albert Camus", sagt Yórgos Lánthimos. "Ich habe mich gewundert wie ein Mann solche Macht über andere Menschen haben kann. Und ich habe angefangen mir in unserer heutigen Welt jemanden vorzustellen, der die vollständige Kontrolle über einen anderen Menschen hätte, etwa, ab wann er aufwacht, was er isst, ob er heiraten darf, Sex hat, einen Unfall hat, stirbt, all diese Dinge."
"Yórgos gibt dir als Schauspieler eine tolle Grundlage, von der aus du spielen kannst", sagt Willem Dafoe. "Mit eigenen Worten und Handlungen. Er beobachtet dich. Er denkt darüber nach. Es ist nicht immer klar, was er will oder was du selbst willst. Aber das ist der Prozess. Es ist ein Nehmen und Geben."
"Die Menschen sterben und sie sind nicht glücklich."
Der größte Liebesbeweis ist hier das strikte Einhalten einer Unterwerfung – wie willkürlich diese auch scheinen mag – um jeden Preis. "Dieser Film handelt von der Machtdynamik in Beziehungen, seien es romantische Beziehungen, Geschäftsbeziehungen oder soziale Beziehungen, von den Schwierigkeiten und dem Kampf gegen bestimmte soziale Konventionen, die Menschen in ihrer wahren Natur blockieren und unterdrücken können."
"Die Menschen sterben und sie sind nicht glücklich", heißt der Kernsatz in "Caligula". Und wie bei Camus wandelt sich im Film Metaphysik in Physik. "Yórgos orientiert sich sehr am Körperlichen", sagt Emma Stone. "Und liebt offensichtlich das Tanzen. Und ich liebe das Tanzen auch. In diesem Film wird ein Großteil durch die Körper ausgedrückt, natürlich auch, wenn es gewalttätig oder sexuell ist. Anstelle zu erklären, wie etwas ist, zeigt man es. Das geht viel mehr unter die Oberfläche, wenn wir das physisch lebendig machen."
Liebe als grausame Form der Abhängigkeit
In allen drei Episoden gehen die Figuren mit extremer Gewalt vor. Das stete Scheitern kurz vorm Ziel. "Der Film widersetzt sich allen Genres", sagt Stone. "Am ehesten wäre das wohl eine schwarze Komödie", sagt Dafoe. "Eine schwarze Gesellschaftskomödie."
Man sieht es gerne, wie "Kinds of Kindness" mit der jeweils gleichen Besetzung in drei völlig unterschiedlichen Geschichten von der Liebe als exquisit grausamer Form der Abhängigkeit erzählt. Ein Film über den Schock der eigenen Tat.
Stand: 26.05.2024 22:12 Uhr
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